Die Provenienzforscher*innen der Berliner Museen, Bibliotheken und Archiven haben in den vergangenen Jahren wertvolle Forschungsarbeit geleistet. Nun stellt der Berliner Senat in seinem Bericht für das Jahr 2020 erstmalig auch die Forschungsfelder zum NS-Raubgut an den Berliner Universitäten vor.
https://www.berlin.de/sen/kulteu/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.998413.php
Fritz Elsas (1890-1945)
Alles begann mit einem zufälligen Fund in der Wirtschaftswissenschaftlichen Bibliothek der Freien Universität Berlin im Frühsommer 2019: ein Buch, in welchem sich der handschriftliche Eintrag „Dr. Fritz Elsas“ befindet. Wie sich herausstellte, gehört dieses Buch zu einem Zugang, den die Volkswirtschaftliche Bibliothek (eine der beiden Vorgängerbibliotheken der Wirtschaftswissenschaftlichen) 1949 für einen Preis von 250 Westmark erwarb. Der Zugang umfasste ursprünglich etwa 450 Exemplare. Im Laufe der Jahre wurde etwa ein Drittel davon ausgesondert. Dennoch tauchten bei der Sichtung der übriggebliebenen Exemplare immer mehr Bücher auf, die den Eintrag „Dr. Fritz Elsas“ enthalten. Dazu kamen Fritz Elsas’ Ex libris, der Stempel „Dr. rer. pol. Fritz Elsas“ und weitere Einträge, die auf Elsas als einstigen Besitzer der Bücher hinwiesen.
Wer war Fritz Elsas nun eigentlich? Und wie kamen seine Bücher an die FU? Fritz Julius Elsas wurde am 11. Juli 1890 in Cannstatt, Württemberg, als Sohn des Cannstatter Industriellen Kommerzienrat Julius Elsas geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Cannstatt studierte er Rechts- und Sozialwissenschaften sowie Volkswirtschaft in München, Berlin und Tübingen. 1912 promovierte er schließlich zum Dr. rer. pol. In den Jahren nach Abschluss des Studiums bis 1926 bekleidete Fritz Elsas diverse öffentliche Ämter in der Stuttgarter Stadtverwaltung: zunächst als Leiter des Lebensmittelamtes, nach dem Ersten Weltkrieg als Rechtsrat und Referent für Handel, Gewerbe, Verkehr und Öffentlichkeitsarbeit und ab 1925 als Vorstand des Personalamtes. 1918 trat er der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) bei und war von 1926 bis April 1931 Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen und Preußischen Städtetags. 1931 wurde er zum 2. Bürgermeister Berlins gewählt. Zuvor hatte er auf eine Kandidatur zum Bürgermeister Stuttgarts aufgrund antisemitischer Anfeindungen verzichtet.
Im März 1933 reichte er ein Urlaubsgesuch ein, um einer Amtsenthebung durch die Nationalsozialisten zuvorzukommen. Wenige Monate später wurde er aufgrund seines jüdischen Hintergrundes (Elsas stammte aus einer jüdischen Familie und nahm später den evangelischen Glauben seiner Stiefmutter an) und des am 7. April 1933 verabschiedeten NS-Gesetzes „zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ in den Ruhestand versetzt.Darauf arbeitete er als Wirtschafts- und Devisensachverständiger. Seit 1934 hatte Elsas Verbindungen zu einem liberalen Widerstandskreis und zu Carl Friedrich Goerdeler (früherer Leipziger Oberbürgermeister). Im Juni 1937 wurde er unter dem Vorwand von Devisenvergehen festgenommen und war bis November des Jahres in der JVA Berlin-Moabit in Untersuchungshaft.
Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 nahm Elsas den sich auf der Flucht befindenden Carl Friedrich Goerdeler in der Nacht vom 26. zum 27. Juli 1944 bei sich zu Hause auf. In den nächsten Tagen besuchte Goerdeler ihn womöglich nochmals. Elsas hatte für Goerdeler eine Proklamation verfasst, die nach dem Attentat die Öffentlichkeit aufklären sollte und u.a. Elsas für den Posten des Leiters der Reichskanzlei vorsah. Am 10. August 1944 wurde Fritz Elsas verhaftet und in das Gefängnis Lehrter Straße in Berlin gebracht. Vermutlich hatten Nachbarn ihn und Carl Goerdeler beobachtet und angezeigt.Im Dezember 1944 wurde er in das KZ Sachsenhausen überstellt. Zu Beginn des Jahres 1945, wahrscheinlich am 04. Januar, wurde er nach dem Morgenappell – ohne Gerichtsverfahren – auf dem sogenannten Industriehof erschossen. Das Todesdatum wurde auf den 18.01.1945 festgelegt. An diesem Tag wurde im Deutschen Reichsanzeiger Folgendes bekanntgegeben: „[…] [D]er gesamte Nachlass des Juden Fritz Israel Elsas, 11. Juli 1890 in Stuttgart, zuletzt wohnhaft gewesen in Berlin-Dahlem, Patschkauer Weg 41, [wird] zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen.“
Auch zu Elsas’ Familie ist Einiges bekannt: Fritz Elsas war seit 1915 mit Marie Sophie Friederike Elsas, geb. Scholl (1886 – 1968) verheiratet. Das Paar hatte drei Kinder: Marianne Elsas (verheiratete Schulze, 1916 – 1966), Hanne Elsas (verheiratete Heuss, 1918 – 1958) und Peter Fritz Richard Elsas (11.02.1920 – 22.08.1998).
Da die Verhaftung von Fritz Elsas 1944 im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 stand, wurden seine Frau und seine Töchter in Sippenhaft genommen. Marie und Marianne wurden am 04.09.1944 verhaftet und vermutlich ab Dezember 1944 im Frauengefängnis Moabit inhaftiert, wo sie am 23.04.1945 durch Ernst Ludwig Heuss, der sich als Beamter des Justizministeriums ausgab, befreit wurden. Hanne gelang es vorerst unterzutauchen. Schließlich wurde sie jedoch festgenommen, nachdem sie um die Freilassung der Mutter gebeten hatte. Nach ihrer Verhaftung, vermutlich zu Beginn des Jahres 1945, wurde sie in das KZ Ravensbrück gebracht. Sie heiratete am 05.08.1945 Ernst Ludwig Heuss in Ravensbrück.
Peter Elsas wurde bereits am 24.09.1943 in Stuttgart verhaftet. Über seine Haft ist mehr bekannt. Er wurde als „Mischling I. Grades“ am 28.01.1944 in das KZ Buchenwald eingeliefert. Sehr wahrscheinlich wurde er aus dem Polizeigefängnis Welzheim überstellt (von dort wurde später sein Privatgeld an ihn überwiesen). In Buchenwald erhielt er die Häftlingsnummer 29812 und war als Technischer Zeichner tätig. Das war vermutlich der Grund, warum Peter Elsas nach vier Monaten Baukommando (21.02. bis 24.06.1944) in das Außenkommando Gustloff-Werke II zum Arbeitseinsatz kam. Dieses Rüstungswerk wurde am 24.08.1944 bei einem Bombenangriff der Alliierten zerstört. Peter Elsas wurde dann am 16.09.1944 in das Außenlager Witten-Annen zum Arbeitseinsatz geschickt. Das Außenlager wurde am 29.03.1945 geräumt und die Überlebenden trafen am 31.03.1945 in Lippstadt auf amerikanische Truppen. Wahrscheinlich erlebte Peter Elsas dort die Befreiung. Anfang Dezember 1946 reiste er zusammen mit seiner Ehefrau Lilli Sophie Elsas in die USA aus.
Was passierte mit Elsas Nachlass, also auch den Büchern? Fritz Elsas und seine Familie waren ab 1926 in der Goebenstraße 41 wohnhaft. Die Goebenstraße wurde zwischen 1930 und 1936 in Patschkauer Weg umbenannt. Der Patschkauer Weg 41 ist auch die letzte bekannte Anschrift Fritz Elsas’ sowie seiner Familie. Bereits am 29.07.1939 übertrug Fritz Elsas den Grundbesitz Patschkauer Weg 41 zu gleichen Teilen auf seine drei Kinder. Das Grundstück wurde am 13.01.1945 von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmt. Im Haus befand sich von diesem Tag an eine Gestapo-Dienststelle. Der Einzug des gesamten Vermögens wurde wie oben beschrieben am 18.01.1945 im Deutschen Reichsanzeiger bekanntgegeben.
Am 27.12.1948 stellte Marie Elsas, nun wohnhaft in der Hermann-Kurz-Straße 15 in Stuttgart, einen Antrag an das Wiedergutmachungsamt zur Rückgabe von 10.000 RM in Wertpapieren und 5.000 RM Bargeld.Das Wiedergutmachungsamt wollte ihr allerdings nur Vermögen im Wert von 378,50 RM, das bei der Berliner Stadtbank vermerkt war, zugestehen und forderte Nachweise über den restlichen Betrag. Am 01.11.1951 zog sie den Antrag zurück, da sie diese nicht erbringen konnte.
Etwa vier Jahre später, am 17.10.1955, wurde der Antrag wiederhergestellt, aber nur einen Monat später vom Senator für Finanzen abgewiesen. Marie Elsas legte darauf am 22.11.1955 Einspruch ein und erklärte, dass die Gestapo, während die Familie in Haft war, im Patschkauer Weg 41 eine Dienststelle eingerichtet hatte und alles, was sich im Haus befand, benutzte. Am 15.12.1955 wurden die Ansprüche erneut zurückgewiesen, ab dem 28.01.1956 wurde die Zurückweisung rechtskräftig.
Die Kinder waren in den Jahren 1944 – 1951 als Eigentümer der Immobilie Patschkauer Weg 41 eingetragen geblieben und haben auf dem Papier weiterhin über den Grundbesitz verfügt. Allerdings konnte die Gestapo mit Fritz Elsas’ Besitz im Patschkauer Weg 41 umgehen, wie sie wollte. Das betrifft nicht nur sein finanzielles Vermögen, sondern auch seine Bibliothek. Es ist also durchaus möglich, dass seine Bücher entwendet wurden, während sich die Dienststelle im Haus befand und dann schließlich 1949 an die Volkswirtschaftliche Bibliothek für 250 Westmark verkauft wurden. Zu beachten gilt vor allem, dass im Reichsanzeiger von Elsas’ „gesamte[m] Nachlass“ die Rede ist und nicht nur von seinem Vermögen. Somit betrachten wir Elsas’ gesamten Nachlass als Raubgut, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist.
Die Nachfragen an seine Enkelin brachten keine neuen Erkenntnisse. Alle anderen Verwandten, die dazu möglicherweise Auskunft hätten geben können, sind bereits verstorben. Die Familie hat sich entschlossen, die 128 hier gefundenen Bücher, die eindeutig Fritz Elsas zugeordnet werden konnten, der Universitätsbibliothek zu schenken. Sie werden als Sammlung geschlossen in der Universitätsbibliothek der Freien Universität aufgestellt und können vor Ort eingesehen werden. Eine Ausleihe ist aufgrund ihres Raubgutstatus nicht möglich.
Weitere Informationen finden Sie unter:
https://lootedculturalassets.de/index.php/Detail/entities/9545
Israelitisch-Theologische Lehranstalt Wien
Am 15. November 2020 hat die Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin ein Exemplar aus dem ehemaligen Bibliotheksbestand der Israelitisch-Theologischen Lehranstalt Wien (ITLA) an die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) restituiert.
Die Israelitisch-Theologische Lehranstalt wurde am 15. Oktober 1893 gegründet und diente bis 1938 als Ausbildungsstätte für Rabbiner, Prediger und Religionslehrer. Der Lehrplan und das Selbstverständnis standen im Einklang mit der intellektuellen Strömung der Wissenschaft des Judentums. Die Gründung der ITLA geht auf Rabbiner Moritz Güdemann (1835-1918), die Gebrüder Gutmann und Adolf Jellinek (1820 oder 1821-1893) zurück. Für die Organisation und den Aufbau der Lehranstalt diente das Jüdisch-Theologische Seminar Fraenckel’sche Stiftung in Breslau als Vorbild.
Das Lehrgebäude befand sich in der Tempelgasse 3 in Wien. Es war im heute noch existierenden Verwaltungsgebäude 2 der IKG Wien untergebracht. Im selben Gebäude befanden sich auch das 1863 von Adolf Jellinek gegründete „Beth Ha-Midrash“ und eine Mikwe. Im März 1938 wurde die Bibliothek der ITLA beschlagnahmt. Teile des Bibliotheksbestandes sind unter anderem in das Institut für politische Geistesgeschichte zu Berlin gelangt.
Buch: Antisemiten-Spiegel. Die Antisemiten im Lichte des Christenthums, des Rechtes und der Moral. (1892)
Rechercheergebnis: NS-Raubgut, Rechtsnachfolger ist die IKG Wien
Weitere Informationen finden Sie unter: https://lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/257846
Jonas Andries van Praag (1895-1969)
Der Romanist und Hispanist Andries van Praag wurde am 26. Februar 1895 in Amsterdam, Holland geboren und verstarb, im Alter von 74 Jahre, am 30. Oktober 1969 in Amsterdam.
Jonas Andries van Praag, der im Wertpapiergeschäft arbeitete, wurde von dem Romanisten Jean-Jacques Salverda de Grave für die Universität abgeworben. 1922 promovierte er mit „La comedia espagnole aux Pays-Bas au XVIIe et au XVIIIe siècle“ (eine Arbeit über die spanische Komödie). 1927 war er der erste holländische Privatdozent für Spanisch an der Universität Amsterdam und ab 1930 Dozent. 1931 bis 1933 und 1939 bis 1941 arbeitete er als Privatdozent an der Universität Groningen, ab 1928 auch an der Universität Leiden.
1941 wurde er von der nationalsozialistischen Besatzungsmacht als Jude aus seinem Amt entfernt und enteignet. Auch seine umfangreiche Bibliothek fiel dieser Enteignung zum Opfer. Seine letzte Vorlesung hielt er am 26.11.1940, von da an versteckte sich die Familie.
Nach Besatzungsende wurde er am 7. Mai 1945 wieder als Dozent eingesetzt. Ab 1948 war er außerordentlicher und ab 1951 ordentlicher Professor für Spanisch an den Universitäten von Groningen und Leiden. Er emeritierte 1966.
Die Geschichte zum Buch: Nach dem Krieg versuchte van Praag seine, von den Nationalsozialisten geraubte, Bibliothek wiederaufzubauen. Das Buch wurde 1947 von ihm erworben. Nach einem Brand im Haus seiner Witwe in den 1970ern wurde ein Teil der Bibliothek erneut vernichtet oder beschädigt. Unser Buch hat eindeutige Brandspuren. Die übriggebliebenen Bücher wurden von seiner Witwe verkauft. Vermutlich ist das Buch so in die Bibliothek der FU Berlin gekommen.
Die meisten Bücher, die von Jonas Andries van Prag vor der Enteignung 1941 und nach 1945 erworben wurden, hat er mit seinem Exlibris versehen. Daher sind zu dieser Provenienz mögliche Datumseinträge wichtig, um die Bücher als Raubgut oder Nachkriegserwerbung einzuordnen. Unser Exemplar ist mit dem handschriftlichen Eintrag „Santpoot, 10. Dez. 1947 JA van Praag“ versehen – wie sich im Zuge der Recherche herausstellte, der letzter Lebensort seiner Frau Henriëtte Emma van Praag.
Rechercheergebnis: Das Buch ist kein Raubgut. Es befindet sich im Rara-Bestand der Campusbibliothek, Seminar für Judaistik.
Buch: Joh. Christophori Wagenseilii Sota. Hoc est: Liber Mischnicus De Uxore Adulterii Suspecta. Una cum Libris En Jacob, Excerptis Gemarae Versione Latina & commentario perpetuo … illustrate, Nürnberg 1674.
Weitere Informationen finden Sie unter
https://lootedculturalassets.de/index.php/Detail/entities/8471
Dr. Hilde Lion (1893-1970)
Dr. rer. pol. Hilde Lion (1893-1970) war eine deutsche Pädagogin, Soziologin und engagierte sich in der jungen Frauenbewegung des 20. Jahrhunderts. Als drittes von vier Kindern einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie in Hamburg absolvierte sie eine Ausbildung im Kloster St. Johannes und wurde Lehrerin. In dieser Zeit erlebte sie hautnah die Ausbeutung und das Massenelend der Kinder aus der Arbeiterklasse und entschloss sich zu einem Studium der Wohlfahrtspflege am neu gegründeten Sozialpädagogischen Seminar in Hamburg, das von Gertrude Bäumer und Marie Baum geleitet wurde. 1918 trat sie der Deutschen Demokratischen Partei als Parteisekretärin bei und organisierte vor allem Beitritte von Frauen. 1928 wurde sie Studienleiterin und 1929 mit Alice Salomon die erste und einzige Direktorin der Deutschen Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit in Berlin. Bedeutende Wissenschaftler wie Albert Einstein, Carl Gustav Jung und Theodor Heuss hielten hier ihre Vorträge. Am 5. Mai 1933 löste Alice Salomon die Akademie zum Schutz der jüdischen Mitarbeiterinnen vor den Repressalien der Nationalsozialisten auf.
1933 floh Dr. Hilde Lion aufgrund ihrer jüdischen Abstammung aus Deutschland und ging nach Großbritannien, wo sie eine Internatsschule für deutsche Flüchtlingskinder gründete.
Buch: Alfred Vierkandt: Gesellschaftslehre, Stuttgart 1928
Rechercheergebnis: NS-Raubgut. Die Suche nach Erben oder Rechtsnachfolgern blieb bislang ohne Ergebnis. Das Buch konnte daher nicht restitutiert werden.
Weitere Informationen finden Sie unter:
https://lootedculturalassets.de/index.php/Detail/objects/240433
Datenbank – Software-Upgrade!
Derzeit überarbeiten wir unsere Datenbank. Im ersten Schritt wird es im Laufe des Jahres eine neue Oberfläche geben, welche Ihnen die Nutzung unserer Datenbank erleichtern wird. Zwischenzeitlich haben wir die alte Oberfläche etwas aktualisiert, so ist diese nun responsive und damit auch auf mobilen Endgeräten nutzbar. Zudem ist es einfacher Inhalte mit anderen zu teilen oder als PDF abzuspeichern. Ein Kontaktformular erleichtert es Ihnen uns Nachrichten zu schicken.
Bis zur Veröffentlichung der neuen Oberfläche unserer Datenbank wird es keine Aktualisierung der Darstellung von Suchergebnissen oder der Informationen über unsere Kooperation geben. DIE INHALTE VON LOOTED CULTURAL ASSETS WERDEN DAGEGEN WEITERHIN DEM AKTUELLSTEN STAND ENTSPRECHEN.
Provenienzforscher*innen wollen international enger zusammenarbeiten
Die Universitätsbibliothek der FU-Berlin war am 29. November 2018 Gastgeberin für das 10. Treffen des Arbeitskreises Provenienzforschung und Restitution – Bibliotheken.
Zweimal jährlich trifft sich der Kreis stets in einer anderen Stadt zum Erfahrungsaustausch und um gemeinsame Projekte voranzutreiben. Vom 28. Bis 30. November fand man sich in Berlin zusammen. Für die Organisation dieses Treffens arbeitete die Stabstelle NS-Raub- und Beutegut der Universitätsbibliothek der FU mit der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum und der Zentral- und Landesbibliothek Berlin zusammen. Der seit März 2014 existierende Arbeitskreis setzt sich zusammen aus Bibliothekarinnen und Provenienzforscherinnen aus Deutschland und Österreich, die in ihren jeweiligen Bibliotheken und Institutionen nach Büchern und Büchersammlungen suchen, die während der NS-Zeit ihren Eigentümern enteignet wurden und sich zu Unrecht in ihrem Besitz befinden.
Ziele der gemeinsamen Arbeit sind die Aufarbeitung der Wege, welche diese Bücher nahmen und oftmals die Rückgabe an den rechtmäßigen Eigentümern oder deren Erben.
Eröffnet wurde das Treffen am 28. November im Berlinsaal der Berliner Stadtbibliothek, in welchem Dr. Jürgen Babendreier mit seinem Vortrag „Die Textur der Diaspora: Zerstreutes sammeln, Gesammeltes zerstreuen“ bereits auf einen thematischen Schwerpunkt dieses Treffens verwies: die Internationalisierung der Zusammenarbeit. Die Forcierung derselben war auch ein zentraler Punkt in der Begrüßungsrede des Direktors des FU-Bibliothekssystems, Dr. Andreas Brandtner, mit der er am 29. November im Henry-Ford-Bau die Teilnehmenden des Arbeitstreffens willkommen hieß. Auch die Zusammensetzung des Arbeitskreises verwies auf die Notwendigkeit einer über Landesgrenzen hinausweisende Zusammenarbeit, neben Deutschland und Österreich waren Teilnehmer*innen aus Frankreich, Polen und Norwegen angereist. Wie eine solche Zusammenarbeit aussehen kann, das zeigt das Projekt Looted Cultural Assets.
Kern dieser Kooperation ist die Pflege einer gemeinsamen Datenbank LCA, die mittlerweile mehr als 31.000 Provenienzhinweise und Informationen zu 8.000 Personen und Institutionen umfasst, der Austausch von Forschungsergebnissen und die Umsetzung gemeinsamer Rückgaben von NS-Raubgut und Beutegut. Auch die Stabstelle NS-Raub- und Beutegut der UB ist an diesem Projekt beteiligt. Neben dieser arbeiten noch sechs weitere Institutionen an dem Projekt, darunter die Universitätsbibliothek der Universität Potsdam, die Bibliothek der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum und die Zentral- und Landesbibliothek.
Obwohl die Aufarbeitung dieser Kulturgutverluste ein wichtiges Thema ist, fingen Bibliotheken damit spät an. Die ersten Bibliotheken in der Bundesrepublik begannen von sich aus in den 1990er Jahren. Im Zuge der Washingtoner Erklärung von 1998 erklärte sich die Bundesrepublik Deutschland dazu bereit, NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut unabhängig von bislang geleisteten Rückgaben und Entschädigungen aktiv in öffentlichen Einrichtungen zu suchen und wenn möglich zurückzugeben. 20 Jahre später ist diese Aufgabe noch lange nicht abgeschlossen. In Bibliotheken beispielsweise sind noch Abermillionen von Büchern auf ihre Herkunft zu prüfen. Das Arbeitstreffen problematisierte dies und die Teilnehmer*innen sahen die Verstetigung ihrer Arbeit als Voraussetzung, um diesem Auftrag nachzukommen.
Erste Erfolge sind vorzeigbar und stehen exemplarisch für die Bemühungen der auf dem Arbeitstreffen vertretenden Bibliotheken aus dem In- und Ausland um eine umfangreiche und nachhaltige Aufklärung des Verbleibs enteigneter Bücher. Der Weg jedoch ist noch ein weiter, der nur kontinuierlich und durch intensiven nationalen wie internationalen wissenschaftlichen Austausch gegangen werden kann.
Gemeinsame Rückgabe von 7 Büchern an die B’nai B’rith Europa in Berlin / Raoul Wallenberg Loge e.V.
Am 8. November 2018 haben die Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin, das Institut für die Geschichte der deutschen Juden (Hamburg) und die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum sieben Bücher an die B’nai B’rith Europa in Berlin / Raoul Wallenberg Loge e.V. restituieren. Die Exemplare wurden dem Präsidenten, Herrn Dr. András Kain, übergeben.
Der Unabhängige Orden Bne Briss (U.O.B.B.) wurde 1882 in Berlin gegründet. Als erste deutsche Vertretung des B’nai B’rith war der Orden in der Kleiststraße 10 in Berlin-Schöneberg ansässig. Bis zur seiner Zwangsauflösung 1937 umfasste der U.O.B.B. deutschlandweit mehr als hundert Einzellogen. Zu diesen weiteren Vertretungen zählte auch die Eugen-Fuchs-Loge in Plauen. Als letzter Großpräsident des U.O.B.B. in Deutschland fungierte Rabbiner Leo Baeck (1873-1956). Das Haus in der Kleiststraße wurden 1937 an die Gestapo übertragen. Das Vermögen der zahlreichen Einzellogen in Deutschland wurde eingezogen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg gründete sich der Orden neu.
Die Raoul Wallenberg Loge e.V. wurde 1979 mit Unterstützung Janusz Korczak Loge (gegr. 1965) gegründet. Als sogenanntes deutsches „Chapter“ des B’nai B’rith International fungiert die Loge als Rechtsnachfolger des U.O.B.B.
Naftali Abrahams
Die Universitätsbibliothek Potsdam hat ein Buch an die Erben von Naftali Abrahams restituiert.
Naftali Abrahams war Kaufmann und lebte mit Frau und 7 Kindern in Den Haag. Das Buch erhielt er 1925 als Geschenk von seinem Schwager, dem Oberrabbiner von Den Haag und Gelderland, Justus Tal. Die gesamte Familie Abrahams befand sich im „verlorenen Zug von Tröbitz“, der noch im April 1945 Häftlinge aus Bergen-Belsen nach Theresienstadt bringen sollte, aber in der brandenburgischen Gemeinde zum stehen kam. Naftali Abrahams starb kurz vor der Befreiung durch die Rote Armee, seine Frau und ein Sohn wenige Wochen später.
Das Buch blieb offenbar in den Niederlanden zurück und gelangte in die Gelehrtenbibliothek von Yehuda Aschkenasy.
Das restituierte Buch auf lootedculturalassets.de
Abraham Danzig : Sefer Ḥaye adam : kolel kol ha-dinim ha-ketuvim, Frankfurt/ Main 1860.
[Anke Geißler-Grünberg]
Israelitische Kultusgemeinde Wien
Die Universitätsbibliothek Potsdam hat zwei Bücher an die Israelitische Kultusgemeinde Wien restituiert.
Hierbei handelt es sich um einen Band aus der Israelitisch-Theologischen Lehranstalt in Wien und einen Band aus der Bibliothek der Israelitischen Cultusgemeinde Wien.
Die restituierten Bücher auf lootedculturalassets.de
Abraham Kahana: Rabi Moshe Ḥayim Lutsato, Warschau 1898
[Anke Geißler-Grünberg]