KFS zum bundesweiten Warntag am 08.12.2022

Katastrophenforschungsstelle (KFS)

© Furtwängler, A.; Reichhold, K.; Huber, A.:
Griechische Vasenmalerei, Odysseus und die Sirenen, ca. 475-450 v. Chr.

1984 beschreiben Lars Clausen und Wolf R. Dombrowsky, die Wegbereiter einer deutschen Katastrophensoziologie und Gründer der Katastrophenforschungsstelle (KFS) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, das Wesen der Warnung:

„Negativ bestimmt sich so das Warnwesen als eine technische Einrichtung, die dann auch trotz besten Funktionierens und möglicher Rechtzeitigkeit sinnlos ist, weil es ein ,nacktes Warnen‘, ein Warnen ohne Bezug auf die als gefährlich definierten Umwelterscheinungen und die ihm folgenden angemessenen Reaktionen der Gewarnten, nicht geben kann. Es vereinfachte sich zu einer ,Prognose‘ herkömmlichen naturwissenschaftlichen Musters – weil ,Warnungen‘ mehr sein müssen, nämlich konkret erlauben sollen, sozial handelnd das Vorhergesagte, die Gefahr, nicht eintreten zu lassen. Nur dort, wo die Korrespondenz aller Bezüge über das gesamte Spektrum von Gefahrenantizipation, -definition, technischer Umsetzung und Reaktionstraining abgedeckt ist, ließe sich von einem gesellschaftlich funktionstüchtigen Warnwesen sprechen“ (Hervorh. im Original).

Während öffentliche Debatten – wie auch in den letzten Tagen wieder zu beobachten – über die Bedingungen erfolgreicher Warnung häufig auf den Möglichkeiten und Grenzen der zum Einsatz kommenden Technik fokussieren, lenkt die KFS seit fast 40 Jahren ihre Aufmerksamkeit auf die sozialen Voraussetzungen von Kommunikation. Grundlegende Annahme ist, dass Warnung nicht als ein linearer Transfer von Informationen begriffen werden sollte, für dessen Erfolg in erster Linie die technische Übermittlung von einem Sender an die Empfänger gelingen müsse. Stattdessen gilt es, Kommunikation als komplexen sozialen Prozess zu begreifen, der auf verschiedenen Ebenen höchst voraussetzungsvoll ist. Die konkrete Ansprache, die als Warnung in akuten Lagen erfolgt, schließt an vorherige (Risiko-)Kommunikation sowie Erfahrungen, Erwartungen, Deutungsmuster usw. einer heterogenen sich fortlaufend verändernden Bevölkerung an und wird vor diesem Hintergrund auf entsprechend vielfältige Weise rezipiert und interpretiert. Um die Voraussetzungen erfolgreicher Warnung zu verstehen, müssen diese sozialen Faktoren in den Blick genommen werden.

Wir beschäftigen uns in unterschiedlichen Projekten an der KFS und der Akademie der Katastrophenforschungsstelle (AKFS), mit verschiedenen disziplinären, inter- und transdisziplinären Zugängen mit dem Themenfeld von Kommunikation im Allgemeinen und Warnungen im Speziellen. Dabei leitet uns stets die Annahme, dass Warnung nicht ohne eine Betrachtung des soziokulturellen, ökonomischen, historischen, politischen – also letztlich gesamtgesellschaftlichen – Kontextes optimal erfolgen kann.

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Forschung der KFS zu den Starkregenereignissen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz 2021 – 1 Jahr danach

Katastrophenforschungsstelle (KFS)

©KFS

„Nicht alle sind im selben Jetzt da. Sie sind es nur äußerlich, dadurch, dass sie heute zu sehen sind. Damit aber leben sie noch nicht mit den anderen zugleich. Sie tragen vielmehr Früheres mit, das mischt sich ein“ (Bloch 1973: 104)

Direkt nach den verheerenden Starkregenereignissen im Juli 2021 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz veröffentlichte die Katastrophenforschungsstelle (KFS) der Freien Universität Berlin ein kurzes Statement dazu, welchen Beitrag die KFS bislang in Forschungsprojekten für die Analyse verschiedener Hochwasser- und Starkregenereignisse in der Vergangenheit geleistet hat und wie diese auch in aktuellen Forschungsprojekten im Rahmen der Aufarbeitung aufgegriffen werden könnten. Zum Jahrestag der Ereignisse wird im folgenden Blogbeitrag eine erste Bilanz aus seither durchgeführten weiteren Arbeiten gezogen und vorläufige Ergebnisse präsentiert.[1]  

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