Forschungspraktikum an einem Universitätsinstitut in Lissabon

Ich habe ein zweimonatiges Forschungspraktikum an der ISCTE in Lissabon bei einer Professorin im Fachbereich Psychologie absolviert, deren Forschungsschwerpunkte virtuelle Teamarbeit und mentale Gesundheit am Arbeitsplatz sind. Den Kontakt habe ich über eine meiner Dozentinnen von der FU erhalten, was mir die Praktikumssuche sehr erleichtert hat. Neben meinem fachlichen Interesse an diesem Arbeitsfeld bestand für mich auch ein großer Vorteil darin, dass ich keine Kenntnisse in der Landessprache benötigte.


Im Vorfeld für das Praktikum war die Wohnungssuche für mich die größte Herausforderung. Alle Leute, die bereits einmal für längere Zeit dort waren, haben mir von dem großen Wohnungsmangel berichtet. Letztendlich hatte ich das Glück, das WG-Zimmer einer Bekannten übernehmen zu können. Die Kommunikation mit dem Vermieter hat mich jedoch einiges an Nerven gekostet. Er sprach kein Wort Englisch, hielt sich nicht an Absprachen und wollte mir auch keinen Mietvertrag oder schriftliche Bestätigung ausstellen. Das scheint in Lissabon keine Seltenheit zu sein und sollte einen deswegen nicht direkt verunsichern, jedoch hört man auch immer wieder von Betrugsfällen. Aufgrund von mangelnden Alternativen habe ich ihm die erste Monatsmiete im Voraus überwiesen und auf meine Bekannte
vertraut, die mir versicherte, dass er „an sich nett und vertrauenswürdig“ war. Die Wohnung an sich war schön und letzten Endes hat auch alles gut funktioniert, dennoch war es für mich bis zum Ende meines Aufenthaltes sehr ungewohnt, dass die Miete einmal pro Monat in bar von allen Bewohner:innen eingesammelt wurde und das gesamte Mietverhältnis ohne jegliche Form der Absicherung für beide Parteien existierte.
Was ich vorher nicht erwartet habe, war, dass die Preise in Lissabon absolut vergleichbar mit denen in Berlin sind, weshalb ein Zimmer direkt im Zentrum auch mal zwischen 600 und 700 Euro kosten kann.
Auch die Preise für Lebensmittel, Bars und Restaurants sind meiner Meinung nach vergleichbar. Deutlich günstiger sind Bolt und Uber und Eintritte in die Clubs. Ich habe etwas weiter außerhalb gewohnt und
würde empfehlen, in dem Fall besonders darauf zu achten, gut an eine der U-Bahn-Linien angebunden zu sein.
Da ich im Gegensatz zu Auslandsstudierenden keine neuen Leute über die Partneruniversität kennenlernen konnte, war ich anfangs etwas besorgt, ob und wie ich in Lissabon Bekanntschaften schließen kann. Da ich während des Praktikums nur mit der Professorin und einem Doktoranden
zusammengearbeitet habe, war dieser „klassische“ Weg für mich ausgeschlossen. Ich habe daher die App Bumble Friends (das auf Freundschaften ausgelegte Pendant der Dating-App) benutzt, womit ich
wirklich gute Erfahrungen gemacht und sehr nette Leute kennengelernt habe. Generell habe ich den Eindruck, dass in Lissabon sehr viele Leute nur vorübergehend, also entweder für ein Auslandssemester/ Masterstudium, Praktikum oder ein paar Monate Remote-Work, sind. Das hat zum einen den Vorteil, dass man schnell neue Leute kennenlernt, weil diese eben auch daran Interesse haben, in der begrenzten Zeit Bekanntschaften zu machen. Zum anderen habe ich persönlich jedoch kaum Kontakt zu Portugies:innen gehabt. Das mag auch daran liegen, dass Lissabon ein enormes Problem mit
Gentrifizierung hat, was dazu führt, dass sich die Locals die teuren Mieten etc. aufgrund eines sehr geringen Mindestlohns nicht leisten können.
Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meinem Aufenthalt in Lissabon und kann die Stadt nur empfehlen. Gerade im Vergleich zu Berlin empfand ich die Größe und Struktur der Stadt sehr angenehm, da man sich schnell zurechtfindet und einen guten Überblick über die Stadt hat. Besonders die Nähe zu wirklich schönen Stränden (mein Favorit war der Strand in Caparica, auch gut zum Surfen) ist ein Highlight.
Lissabon ist eine super schöne Stadt, die einem viel bietet. Gerade der Zeitraum von März bis Juli war meiner Meinung nach ideal, da man so dem oft noch grauen und nassen Deutschland entkommt und aber auch noch nicht mit zu heißen Temperaturen in Lissabon konfrontiert ist.

Tipps für andere Praktikant:innen

Vorbereitung
Genug Zeit für die Wohnungssuche einplanen. Zu früh im Voraus macht es jedoch auch keinen Sinn, weil viele Zimmer auch erst sehr kurzfristig angeboten werden.

Beantragung Visum
Nicht notwendig

Praktikumssuche
Für Forschungspraktika kann es sinnvoll sein, die Dozierenden der FU nach Universitäten/ Forschenden im Ausland zu fragen, mit denen sie zusammenarbeiten.

Wohnungssuche
Kann sehr schwierig in Lissabon sein. Das Pendant für Portale wie ImmoScout u. Ä. wäre idealista, ansonsten gibt es einige Facebook- und WhatsApp-Gruppen, über die WG-Zimmer vermittelt werden. Leider gibt es aber auch immer wieder Betrugsfälle. Bei Portalen wie Spot a Home kann man Glück haben aber leider auch Pech und der Nachteil besteht darin, dass man nie weiß, mit welchen anderen Personen man zusammenleben wird.

Versicherung
Abhängig davon, was der Praktikumsgeber übernimmt. Für eine Auslandskrankenversicherung kann es sich lohnen, bei der deutsche Krankenversicherung anzufragen. Diese haben manchmal Kooperationen für günstigere Konditionen für die eigenen Versicherten (z. B. TK).

Formalitäten vor Ort

Telefon-/Internetanschluss
Nicht notwendig

Bank/Kontoeröffnung
Nicht notwendig, deutsche Girokarte / Kreditkarte reicht aus.

Sonstiges
Es empfiehlt sich, sich eine Monatskarte für den Nahverkehr zu besorgen. Der Prozess ist zwar etwas aufwändig, da man zu einer Art „Bezirksamt“ gehen muss und ein Formular mit Passbild benötigt, aber wenn man die teurere Version für 40 Euro im Monat wählt, kann man damit auch an die
Strände fahren, wodurch sich die Investition schnell lohnt.

Alltag/Freizeit

Ausgehmöglichkeiten
In Lissabon gibt es super viele Bars / Cafés, die man am besten einfach selbst beim Rumschlendern entdeckt. Ich würde empfehlen, die touristische Pink Street zu vermeiden.

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