Die Auswirkungen von Trans*feindlichkeit auf die psychische Gesundheit von trans* Personen

Elise Ferdoun Kedik (SoSe 2023)

1. Einleitung

In den letzten Jahren rücken die Themen Geschlechtsidentität und -vielfalt verstärkt in das öffentliche Bewusstsein. In diesem Zusammenhang hat die Trans*-Community, bestehend aus Menschen, die nicht das Geschlecht sind, dem sie bei der Geburt zugewiesen wurden (Queer-Lexikon, 2023), zunehmend Aufmerksamkeit erhalten. Trotz dieser wachsenden Sichtbarkeit, viel Engagement und Aufklärungsarbeit sehen sich trans* Menschen oder Menschen, die als trans* wahrgenommen werden, immer noch mit Trans*feindlichkeit konfrontiert. Diese manifestiert sich in vielfältigen Formen, sei es in der medialen Berichtserstattung, in gesetzgeberischen Entscheidungen oder im Alltag der Individuen. Die Rechte und das Wohlbefinden von trans*-Personen sind grundlegende Menschenrechtsfragen. Trans*feindlichkeit widerspricht den Prinzipien der Gleichheit und Nichtdiskriminierung, die in vielen nationalen und internationalen Gesetzen verankert sind.

Im Rahmen der Ausarbeitung des Referatsthemas „Trans*feindlichkeit und die Realität der vielfältigen Diskriminierung“ im Seminar „Gender, Diversity, Gender Mainstreaming“ bin ich auf die verheerenden Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von trans* Menschen gestoßen. Nicht-Akzeptanz der Geschlechtsidentität, Stigmatisierung und Ablehnung scheinen zu einer relevanten psychischen Belastung beizutragen (OttRegli, Znoj, 2017).

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Thema Trans*feindlichkeit und die Auswirkungen dieser auf die mentale Gesundheit von trans* Menschen. Die Begriffserklärungen und das Minority Stress Modell liefern hierbei den theoretischen Rahmen, um die Ursachen und die Mechanismen hinter diesen Auswirkungen zu verstehen. Durch die Analyse von ausgewählten Studien und Forschungsarbeiten wird versucht die negativen Folgen auf die psychische Gesundheit zu beleuchten und notwendige Maßnahmen zur Bekämpfung aufzuzeigen. Schließlich werden mögliche Ansätze zur Bewältigung, Prävention und zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von trans* Personen diskutiert.

2. Theoretischer Hintergrund

Um einen besseren Einblick in die Hausarbeit zu erlangen, werden im theoretischen Hintergrund die für das Verständnis relevanten Begriffe Geschlechtsidentität, trans* und Trans*feindlichkeit erklärt. Im weiteren Verlauf wird eine Einführung in das Minority Stress Modell gegeben und seine Relevanz für das Verständnis der psychischen Gesundheit von trans* Personen dargestellt.

2.1 Begriffserklärungen

Die Geschlechtsidentität beschreibt die innere Überzeugung, einem Geschlecht anzugehören (Lexikon der Psychologie, 2023). Man bekommt bei der Geburt ein Geschlecht zugeschrieben. Bis 2013 wurde im Geburten-Register anhand körperlicher Anzeichen zwischen „männlich“ oder „weiblich“ entschieden. Danach wurde vor allem für Neugeborene, die beide Merkmale der Geschlechter tragen, also „zwischen-geschlechtliche“ Menschen, die Bezeichnung „keine Angabe“ eingeführt. Viele Menschen fanden die neu eingeführte Bezeichnung nicht passend und klagten deshalb. Das Verfassungs-Gericht beschloss daraufhin eine Änderung. Seit 2018 sind die zur Auswahl stehenden Geschlechter in Deutschland ,,weiblich‘‘, ,,männlich‘‘ und „divers“ (Personenstandsgesetz, 2023). ,,Divers“ beinhaltet mehrere Geschlechtsbezeichnungen.

Laut Scheithauer & Niebank (2022) werden im Kleinkindalter bedeutsame Erfahrungen gesammelt, die zu einer Unterscheidung zwischen ,,männlich“ und ,,weiblich“ führen. Des Weiteren beschreiben sie, dass man bei unter Zweijährigen schon eine Geschlechtssterotype-Aneignung beobachten kann. Damit ist gemeint, dass sie sozial geteilte Vorstellungen darüber haben, welche Eigenschaften typisch ,,männliche“ und ,,weibliche“ Personen haben. Das kann sich äußern durch geschlechtstypisierte Kleidung, Spielzeuge oder Verhaltensweisen. Ungefähr im Alter von zweieinhalb Jahren formt sich daraufhin die Geschlechtsidentität. Man kann sich ab diesem Alter einem Geschlecht zuschreiben, dass bei einem Großteil von Personen lebenslang erhalten bleibt (ebd., 2022).

Einige Menschen erleben eine Diskrepanz zwischen ihrem bei der Geburt zugewiesenem Geschlecht und ihrer eigenenGeschlechtsidentität. In der vorliegenden Hausarbeit liegt der Fokus auf trans* Menschen. Dabei ist zu erwähnen, dass trans* nicht nur auf die binären Geschlechter beschränkt ist, sondern auch das nichtbinäre Geschlecht beinhaltet (Queer-Lexikon, 2023).

Transgeschlechtliche Menschen erleben durch das geschlechterbinäre Denkmuster vermehrt Diskriminierung (Vanagas & Vanagas, 2023). Früher wurde dafür der Begriff Transphobie eingeführt. Allerdings definiert eine Phobie eine Angststörung, weshalb sich der Begriff ,,Trans*feindlichkeit‘‘ bewährte, der den diskriminierenden Charakter hervorhebt (ebd., 2023). Die Auswirkungen von Trans*feindlichkeit auf die psychische Gesundheit werden im Folgenden herausgearbeitet.

Das Ziel einer Einführung in das Minority Stress Modell besteht darin, die Bedeutung dieses Modells für das Verständnis der psychischen Gesundheit von Menschen mit einer geschlechtlichen Vielfalt zu verdeutlichen.

2.2 Minority Stress Modell

Das Minority Stress Modell (Meyer, 2003) bietet einen theoretischen Rahmen für das Verständnis von Auswirkungen auf die mentale Gesundheit im Sinne von Minderheitenstress. Es wurde im Zusammenhang mit psychischer Gesundheit von homosexuellen und bisexuellen Menschen entwickelt. Minderheitenstress bezeichnet das erhebliche Ausmaß an Stress, dem Mitglieder*innen stigmatisierter Minderheitengruppen (b) ausgesetzt sind. Es erklärt, dass Stigmatisierung, Vorurteile und Diskriminierung ein feindliches und stressiges soziales Umfeld schaffen, das psychische Gesundheitsprobleme verursacht.

Abbildung 1

Stress durch Minderheiten ist in die Umweltbedingungen (a) eingebettet, zu denen Vorteile und Nachteile im Zusammenhang mit Faktoren wie dem sozioökonomischen Status gehören können. Kästchen (a) und Kästchen (b) sind überschneidend dargestellt, um deren enge Wechselwirkung aufzuzeigen. Der Minderheitenstatus führt zu einer persönlichen Identifikation mit dem eigenen Minderheitenstatus (e). Im dargestellten Stressprozess spielen auch die Merkmale der Minderheitenidentität (h) eine unterschiedliche Rolle. Sie können verstärkend oder abschwächend auf die psychische Gesundheit auswirken, z.B. je nach individueller Valenz. Das Modell beleuchtet verschiedene Stressprozesse, einschließlich der Erfahrung von Vorurteilen, der Erwartung von Ablehnung, das Verbergen der eigenen Identität, die internalisierte Diskriminierung und Bewältigungsmechanismen auf sozialer und individueller Ebene (h) (ebd., 2003).

Das Modell teilt separate, aber miteinander verknüpfte Aspekte von Erfahrungen in allgemeine Stressoren (c), wie Arbeitsplatzverlust oder Tod eines nahestehenden Menschen, in distalen Stress (d) und in proximalen Stress (f) ein. Distaler Stress ist externer Stress, der sich aus Diskriminierung, Unterdrückung und Gewalt ergibt, wie Trans*feindlichkeit. Proximaler Stress ist interner Stress, der mit selbstkritischen Überzeugungen zusammenhängt, die sich auf die psychische Gesundheit auswirken (i) können. Auch diese Kästchen sind anliegend dargestellt, um ihre Abhängigkeit dazustellen (ebd., 2003).

Trans* Menschen erleben diese vorher aufgezählten Punkte und sind Teil einer marginalisierten Gruppe, wodurch das Modell für die Beschreibung der Auswirkungen auf die mentale Gesundheit genutzt werden kann.

Im Folgenden wird darauf eingegangen welche möglichen Ursachen existieren, die zur Entstehung von Trans*feindlichkeit beitragen.

3. Ursachen von Trans*feindlichkeit

46 Prozent von 20.271 befragten Lesben, Schwulen, Bi* und Trans* Menschen (LSBT) in Deutschland geben Diskriminierungserfahrungen an (FRA – European Union Agency for Fundamental Rights, 2013). Dabei findet die Ausgrenzung in der Öffentlichkeit, der Freizeit und am Arbeitsplatz statt. (Antidiskriminierungsstelle des Bundes, 2016)

Politische Einstellungen können eine Ursache hierfür sein: linkseingestellt Menschen stehen LSBT-Menschen eher positiv gegenüber als Menschen, die sich politisch eher mittig oder recht einordnen (Klocke, 2017). Ebenfalls scheint die religiöse beziehungsweise kulturelle Herkunft eine Rolle für das Auftreten feindlicher Einstellungen zu sein (ebd., 2017). Menschen mit Migrationshintergrund scheinen negativer eingestellt zu sein als Menschen ohne Migrationshintergrund, wobei zu erwähnen ist, dass in vielen Studien unterschiedliche Herkunftsländer zusammengefasst wurden. Vor allem zeigen Menschen mit Hintergrund aus islamischen Ländern und teilweise aus ehemalige UdSSR- Staaten diese negativen Einstellungen. (ebd., 2017)

Menschen neigen dazu, zu kategorisieren, wodurch Stereotypen entstehen und suggeriert werden (Vanagas & Vanagas, 2023). ,,[…] Die vorgegebenen gesellschaftlich anerkannten Kategorien – im Falle des Geschlechts die Kategorien männlich/weiblich – [sind] an gesellschaftliche Erwartungen gebunden wurden, die bei Erfüllung Anerkennung und Inklusion bedeuteten und bei Nicht-Erfüllung in der Regel zu Missachtung und Exklusion führten […]‘‘ (ebd., 2023, S.318). Auch stehen in diesem Zusammenhang Unsicherheiten, da durch trans* Identitäten die soziale Rollenvorstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit hinterfragt wird (Friedrich, 2023). Somit sind soziale Privilegien und Rechte nicht am biologischen Geschlecht festzumachen (ebd., 2023).

Die Ursachen für trans*feindliche Einstellungen sind vielfältig und das Thema rückt zunehmend in den Fokus, weshalb die Forschung in diese Richtung weiterhin voranschreitet. Im Folgenden sind die Auswirkungen von Trans*feindlichkeit auf die psychische Gesundheit dargestellt.

4. Auswirkungen von Transfeindlichkeit auf die psychische Gesundheit

Im Minority Stress Modell spielen die verschiedenen Arten von Stress eine entscheidende Rolle, um die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit gegenüber marginalisierten Gruppen zu verstehen. Im Folgendem wird anhand von Ergebnissen und Erkenntnissen aus verschiedenen Studien und Forschungsarbeiten dargestellt, inwiefern Trans*feindlichkeit negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit hat.

Trans*feindlichkeit lässt sich nicht klar einordnen. Klassisch könnte man sagen, dass es sich um eine Diskriminierungsform handelt und somit als distaler Stress beschrieben wird. Dieser hat jedoch auch Einfluss auf proximalen Stress.

In der Studie von Timmins, Rimes & Rahman (2017) wurden direkte und indirekte Zusammenhänge zwischen Stressoren der Minderheit und psychischer Belastung an einer großen und geographisch vielfältigen Stichprobe (N= 1207) untersucht. Die Erwartung der Ablehnung, die Selbststigmatisierung und die Vorurteilserlebnisse waren alle mit psychischer Belastung verbunden. Die Beziehungen wurden teilweise durch das Grübeln erklärt und zeigte 54,5 Prozent der Varianz der psychischen Belastung und 29,3 Prozent des Grübelns. Die Ergebnisse verdeutlichen die starke Beziehung zwischen den Minderheitsstressoren und psychischen Belastungen von trans* Menschen.

Eine weitere Untersuchung zum Wohlbefinden von trans* Menschen (N= 90) in der Schweiz veranschaulicht Befragungen zu erlebter Nicht-Akzeptanz der Geschlechtsidentität, internalisierter Trans*feindlichkeit, Lebenszufriedenheit und psychischer Belastung (Ott, Regli & Znoj, 2017). Die Auswertung zeigt eine hohe Prävalenz an psychischer Belastung und eine starke negative Korrelation zwischen Minderheitenstress und Wohlbefinden. Internalisierte Trans*feindlichkeit vermittelt einen Zusammenhang zwischen Nicht-Akzeptanz der Geschlechtsidentität und dem Wohlbefinden. Diese Ergebnisse stützen das Minority Stress Modell.

Eine andere Studie zum Thema Genderidentität und sexuelle Orientierung untersucht Opfer in einer Stichprobe von 641 Menschen, die Gewaltverbrechen erlebt haben und eine medizinische Notfallbehandlung in einem öffentlichen Krankenhaus in Anspruch nehmen mussten (Cramer, McNiel, Holley, Shumway & Boccellari, 2012). Die Ergebnisse verdeutlichen, dass lesbische, schwule, bi* und trans* (LSBT) Menschen mit größerer Wahrscheinlichkeit Opfer sexueller Übergriffe wurden. Außerdem leiden LSBT-Menschen signifikant mehr unter akutem Stress und allgemeinen Ängsten (ebd., 2012). Außerdem machen die Forschenden (2012) die Beobachtung, dass die Genderidentität der Opfer den Zusammenhang zwischen Art der Gewalt und dem Auftreten von Paniksymptomen und den Zusammenhang zwischen Traumageschichte und allgemeinen Angstsymptomen moderiert.

Eine weitere Studie (Jefferson, Neilands & Sevelius, 2013) aus diesem Bereich stellt dar, inwieweit der Zusammenhang besteht zwischen trans* Frauen of Colour, die von vielfältiger Diskriminierung betroffen sind, und Depressionen. In dem einfachen logistischen Regressionsmodell mit Exposition gegenüber trans*feindlichen Ereignissen an ein Depressionssymptom-Ergebnis angepasst, bedeutet jede Einheit Anstieg der Exposition trans*feindlichen Ereignissen eine um 3 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit Depressionssymptome zu erleben.

Zu einem signifikanten Ergebnis kommt auch die Online-Umfrage von 2003 mit einer Stichprobe von 1093 trans* Teilnehmenden. Eine hohe Prävalenz von klinischen Depressionen (44,1 %), Angstzuständen (33,2 %) und Somatisierung (27,5 %) werden dokumentiert. Des Weiteren zeigt sich, dass soziale Stigmatisierung in einem positiven Zusammenhang mit psychischer Belastung steht (ebd., 2003).

Ein Erklärungsmodell von Plöderl (2016) legt viele Studien dar, die ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von psychischen Erkrankungen im Zusammenhang mit lesbischen, schwulen, bi*, trans* und inter* Menschen sehen. Dabei arbeitet er heraus, dass die Datenlage für die Gruppe der trans* Menschen noch nicht ausreichend ist. Die Ergebnisse lassen jedoch auf ein erhöhtes Risiko schließen.

Aufbauend auf diesen Informationen gibt es Präventions- und Interventionsstrategien, die vor allem den negativen Einfluss auf die psychische Gesundheit abschwächen oder verhindern können. Diese werden im Folgenden dargestellt.

5. Präventions- und Interventionsstrategien

Eine Strategie ist es, die Sichtbarkeit von trans* Menschen grundlegend zu erhöhen (Klocke, 2017). Der sogenannte Mere exposure-Effekt, den man auch aus dem Bereich der Werbung kennt, kann dazu führen, dass sich Einstellungen ändern. Es wird positiver auf vertraute Personen reagiert. Aufbau von Vertrautheit durch das Kennenlernen von trans* Persönlichkeiten kann deshalb ein wichtiger Schritt sein (ebd., 2017). Umsetzen kann man das durch Aufklärungsprojekte, Aufklärungsarbeit und Kontaktinterventionen, die vor allem von Autoritäten oder Institutionen gestützt werden (Allport, Clark & Pettigrew, 1954).

Um trans*feindliche Angriffe von vornherein abzuwenden, können geschützte Räume erschaffen und genutzt werden, in denen die Identität selbstverständlich akzeptiert wird (Franzen, 2011). Auch die Einführung von einem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi- und Transphobie am 17. Mai 2009 führt zu mehr Sichtbarkeit. Und auch Demonstrationen wie der transgeniale CSD in Berlin sind Wege, um Unsicherheit und Unsichtbarkeit abzubauen.

Eine andere Möglichkeit ist, sich über einen respektvollen zwischenmenschlichen Umgang mit trans*Personen zu informieren (Kailey, 2013). Man kann verschiedenste Literatur nutzen, die für unpassende Fragen sensibilisiert und Unwissende darauf hinweist, welche Bedürfnisse die trans* Community hat. Bespiele hierfür sind, nicht nach Operationen, Geschlecht oder Erfahrungen über Ausgrenzung zu fragen, Personen nicht ungewollt zu outen und die korrekten Pronomen und Namen zu verwenden (ebd.,2013).

Auch institutionell ist es wichtig für trans* Menschen eine Gesetzesgrundlage zu schaffen, wobei eine Reform zum Transsexuellengesetz (TSG) auf den Weg gebrachten werden soll. 2011 wurde vom Bundesverfassungsgericht beschlossen, dass das Gesetz verfassungswidrig ist. Aktuell stehen diese Reform und neue Gesetzesentwürfe in Diskussion.

Ebenfalls von großer Bedeutung sind pädagogische Einrichtungen, wie Schulen, um aufzuklären, die Lebenswirklichkeit von trans* Menschen in Schulbüchern darzustellen und das Thema Genderidentität im Allgemeinen einen Raum zu geben, um Vorurteile frühzeitig abzubauen, aber auch positive Erfahrungen zu schaffen (Krell, 2019).

Die vorangegangenen Strategien zur Prävention und Intervention zielen vor allem auf den Abbau von Vorurteilen ab und auf den Schutz vor Trans*feindlichkeit. Haben Menschen diese feindlichen Erlebnisse in ihrem Leben durchgemacht, ist es wichtig, auch hier Schutz und Hilfe anzubieten, um die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit einzudämmen. Allerdings haben viele trans* Menschen Vorbehalte gegen eine psychotherapeutische Behandlung, da sie auch immer noch von der Krankenkasse in Deutschland gefordert wird, um eine geschlechtsangleichende Behandlung zu übernehmen. Auch wird in Therapien eher geprüft und versucht umzustimmen, da früher das Trans*-Sein als psychische Störung eingeordnet wurde. Dabei sollte die Entscheidung zu einer psychotherapeutischen Behandlung individuell getroffen werden und nicht als Grundlage für die Auslebung einer eigenen Identität genutzt werden.

Die trans* Community stellt ebenso eine große Ressource für die mentale Gesundheit da, worauf in der Hausarbeit aufgrund von Limitationen nicht weiter eingegangen wird.

6. Zusammenfassung/Diskussion

Zusammenfassend kann bezüglich der in der Hausarbeit gewonnenen Erkenntnisse gesagt werden, dass obwohl ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen bei trans* Personen zum Teil auf Geschlechtsdysphorie zurückzuführen sein kann (Leiden, das aus der Inkongruenz zwischen dem zugewiesenen und dem erlebten Geschlecht), trans* Personen einem sozialen Umfeld mit Vorurteilen gegen trans* und soziale Stigmatisierung, bekannt als Trans*feindlichkeit, ausgeliefert sind (Norton & Herek, 2013).

Das Wohlbefinden spielt eine entscheidende Rolle bei der psychischen Gesundheit jedes Individuums. Trans* Menschen haben mit einer Vielzahl von Belastungen zu kämpfen, die das Wohlbefinden beeinträchtigen und somit auch ihre mentale Gesundheit. Dazu gehören soziale Stigmatisierung, Diskriminierung, Vorurteile, Gewalt und Trans*feindlichkeit, die diese Probleme erheblich verschärfen. Die permanente Angst vor Diskriminierung und Gewalt, die viele trans* Personen begleitet, belastet ihre psychische Gesundheit. Depressionen, Angstzustände, Suizidalität, posttraumatische Belastungsstörungen und Selbstverletzung sind einige der Auswirkungen.

Das in der Literatur gefundene Minority Stress Modell ließ sich anhand der vorgestellten Studien belegen und stellt eine wichtige Grundlage da, um zu verstehen, wie es durch täglich erlebten Stress zu psychischen Belastungen bei trans* Menschen kommen kann.

Es ist unerlässlich, trans* Menschen auf unterschiedlichen Ebenen zu unterstützen, Trans*feindlichkeit zu bekämpfen und für betroffene Menschen einzustehen.

7. Resümee

In meiner zukünftigen Arbeit als Psychotherapeutin möchte ich besonders auf die Bedürfnisse von trans* Menschen achten. Es ist besorgniserregend, was Menschen erleben müssen, die sich nicht ihrem zugewiesenen Geschlecht zugehörig fühlen. Ich denke, dass es eine sehr wichtige Aufgabe ist, die Psychotherapie hier weiter auszubauen und auf das Individuum anzupassen. Das sehe ich auch in meiner aktuellen Beschäftigung speziell mit suchterkrankten Menschen. Sie erleben soziale Stigmatisierung durch ihre Erkrankung und bei einer anderen Geschlechtsidentität zusätzliche Diskriminierung, was zum Teil ihre Grunderkrankung beeinflussen kann. In diesem Bereich ist die Forschung noch ganz am Anfang und ich denke, dass vor allem Mehrfachdiskriminierung zunehmend einen Bereich in der psychologischen Forschung einnehmen wird.

Des Weiteren braucht es mehr Strategien, um Trans*feindlichkeit zu verhindern.

Auch habe ich in meiner Literaturrecherche gesehen, dass die Forschung im Bereich der Genderidentität weiter ausgebaut werden sollte, auch da das Thema zunehmend an Relevanz gewinnt und mehr Menschen zu ihrer Geschlechteridentität stehen.

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Quelle: Elise Ferdoun Kedik, Die Auswirkungen von Trans*feindlichkeit auf die psychische Gesundheit von trans* Personen, , in: Blog ABV Gender- und Diversitykompetenz FU Berlin, 05.12.2023, https://blogs.fu-berlin.de/abv-gender-diversity/?p=413