Die Grenze. Ein Versuch der Reflektion

Zuzanna Krysta (SoSe 2020)


1.     Einleitung

Wir sitzen in der Küche, es wird durcheinander diskutiert und Reis mit Maffé gegessen. Männer* aus Kamerun, Nigeria, Gambia, Senegal, Angola und ich, als weiße, deutsch-polnische Cis-Frau verbringen diesen Moment gemeinsam. Die Menschen um mich herum fangen an sich darüber auszutauschen, wieviel die jeweiligen Reisepässe `wert´ sind und in welchen Nationalstaaten des globalen Nordens sie ein Visum beantragen können. Ich bin mir meiner privilegierten Situation, eine deutsche Staatsbürgerschaft zu haben, bewusst und bin mir unsicher wie ich mich in diesem Gespräch klar positionieren soll. Meine Gesprächspartner machen mich bald darauf aufmerksam, dass der deutsche Reisepass einer der `besten´ der Welt ist. Ich bemerke, dass ich Argumente verwende, wie der Zufälligkeit in welchem Land man geboren ist oder der kolonialen Kontinuität der Reisepässe, jedoch kann ich zweiteres nicht konkret erläutern, um meinen Gesprächspartnern meine Haltung näher zu bringen.

Aufgrund dessen möchte ich in dem vorliegenden Essay, mit stetigen Einschüben meiner Gedanken bezüglich des Gelesenen, die Konstruktion der Grenzen und der damit einhergehenden Staatsbürgerschaften historisch, sowie theoretisch tiefer ergründen, um in zukünftigen Gesprächen bei dieser Thematik mich klarer positionieren zu können.  Ich werde betrachten, wie Grenzen in Europa entstanden sind (vgl. Tilly 1985)  und diese im kolonialen Kontext im globalen Süden aufgezwungen wurden und bis heute in neokolonialer Form andauern, dabei lege ich den Fokus auf den afrikanischen Kontext (vgl. Marx 2010). Anschließend betrachte ich die symbolische Konstruktion der Grenzen und wie diese auf unsere Gesellschaft wirken und sie in Privilegierte und Nicht-Privilegierte aufspaltet (vgl. Castro Varela 2018; Charim 2018), um abschließend einen Ausblick auf Möglichkeiten der Dekonstruktion von Grenzen zu geben. Im zweiten Teil des Essays werde ich meine persönlichen Erfahrungen mit Grenzen und Staatsangehörigkeit darstellen, dabei mein Privileg als deutsche Staatsbürgerin reflektieren und Handlungsmöglichkeiten erläutern, wie man als weiße Person damit umgehen kann (vgl. Ogette 2018; McIntosh 1992).

2.     Die Grenzen und ihre Konstruktion

Die Idee der Grenzen ist in unserer (westlichen[1]) Gesellschaft fest verankert und wirkt oft unumstößlich. Im öffentlich dominanten Diskurs wird weniger ihre Konstruiertheit diskutiert, sondern es wird, meiner Wahrnehmung nach, als `natürlich gegeben´ angesehen. Man hört oft das Argument, dass Nationalstaaten und Grenzen notwendig sind, um die politische Organisierung an eine angebbare Gruppe innerhalb eines Territoriums zu definieren und sie somit zu kontrollieren (vgl. Weber 2006).  Wenn man jedoch die Geschichte anschaut, bemerkt man, dass Grenzen keine Voraussetzungen sind und die Welt lange ohne nationalstaatliche Grenzen ausgekommen ist.

2.1 Die historische Konstruktion der Grenzen

Tilly (1985) beschreibt in seinem Artikel, wie am Ende des 18. Jahrhunderts die Anfänge der Bildung der Nationalstaaten in Europa, wie wir sie heute kennen, vonstattenging. „War makes state“ (ibid.: 170) ist der vielzitierte Satz, der die Nationalstaatenbildung in Europa zusammenfasst. Die Herausbildung der Staaten basiert auf Kriegen, in dem eine zentralisierte Macht ihre Herrschaftsansprüche in den lokalen Regionen ausgeweitet hat, sie eine staatliche Streitmacht aufgebaut haben, staatliche Institution gegründet haben, für die politische Organisierung und die Organisierung der Steuereinnahmen und bestimmte Elemente der Kultur symbolisch aufgeladen haben, damit die Bevölkerung sich zugehörig fühlt und sich gewissermaßen mit der `Nationalkultur´ identifizieren kann. In diesem Prozess ist ein wichtiger Aspekt die Entstehung der konkret gesetzten Grenzen, die in den Kriegen, ausgehandelt wurden (ibid.).

Anderen Teilen der Welt wurde dieses europäische Konzept im Zuge der Kolonialisierung aufgezwungen (vgl. Kolonialismus und heutige Staatenwelt 2012), in dem die europäischen Staaten die Welt unter sich aufteilten und diese mit Grenzen markierten. Vor der europäischen Kolonialisierung wurde die politische Organisation im afrikanischen Kontext weitgehend durch Personenverbände definiert und nicht aufgrund des Territoriums, somit gab es zum Beispiel Nomad*innengemeinschaften die sich auf ihre Gruppe bezogen und dabei ihren Lebensumfeld immer wieder wechselten. Die meisten Grenzen existieren nach der Entkolonialisierung weiter und bestehen bis heute fort. Im afrikanischen Kontext wurde 1963 in der Charta der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) entschieden, dass diese Grenzen unverrückbar sind. Das Weiterbestehen der kolonialen Grenzen beinhaltet einige Schwierigkeiten. Die `künstliche´ Grenzziehung durchtrennt Gemeinschaften und drängte afrikanische Länder nach der Entkolonialisierung dazu, Nationalstaaten im `europäischen Sinne´ zu errichten, was manche Nationalstaaten zu failed states werden ließ (Marx 2010). Außerdem wurden die staatlichen Institutionen im globalen Norden, welche Reisepässe und -beschränkungen etablierten, kurz nach der Beendigung des Sklav*innenhandels gegründet, um neue Formen der „legacy of slavery, apartheid, and diverse forms of  unfree labour“ (Anderson, Sharma, and Wright 2009, 6) zu bilden.

Meiner Ansicht nach belegt die europäische Kolonialgeschichte die Absurdität und Konstruiertheit der Grenzthematik, ohne sich auf kritische Weise damit auseinanderzusetzen; in der kollektiven Erinnerung unserer Gesellschaft wird das Thema nicht reflektiert. Ein Beispiel dafür ist die mangelnde Thematisierung von Kolonialgeschichte in deutschen Schulen – hier wird Schüler*innen die Chance genommen, Grenzen als Konstrukt in Frage zu stellen. Die Entscheidung, keine kritische Auseinandersetzung zu fördern, ist eine politische und dient dem Zweck, die Basis unseres politischen Systems zu stabilisieren. Jedoch wird die Gesellschaft somit daran gehindert, eigene Vorstellungen von Organisation zu entwickeln, die nicht auf Ein- und Ausgrenzung basieren. Auch stellt sich mir die Frage, inwieweit die Errichtung von staatlichen Institutionen in einem Kriegskontext dazu führt, dass Mechanismen und Strukturen auf Krieg ausgerichtet sind. Die Regierung `verkauft´ an uns als Gesellschaft die Idee von Sicherheit und treibt somit die Identifikation mit dem eigenen Nationalstaat voran, was zu nationalistischen Strömungen innerhalb der Gesellschaft führt.

Auf der anderen Seite sieht man im afrikanischen Kontext, dass das Fortbestehen der kolonialen Grenzen nach der Entkolonialisierung eine eindeutige Kontinuität des Kolonialismus beinhaltet und somit den Neokolonialismus des globalen Nordens stabilisiert. Durch die jahrelange und bis heute andauernde gewaltvolle Ausbeutung des globalen Südens durch den globalen Norden und das Nicht-Benennen dieser Geschichte und heutigen Situation, fällt es uns als Gesellschaft schwer, uns Utopien vorzustellen, in denen Menschen ihr Dasein in Würde leben und sich frei bewegen können, basierend auf ihren eigenen Entscheidungen.

2.2 Die symbolische Konstruktion der Grenzen

Grenzen sind keine objektiven Tatsachen, sondern sie „bestimmen die Wahrnehmung unserer Welt. Grenzen symbolisieren, begründen und stabilisieren Macht und sind daher Herrschaftsinstrumente. Es ist eine begrenzte Welt, die wir bewohnen“ (Castro Varela 2018, 23). Sie produzieren zwei unterschiedliche Subjektivitäten, in welchen jede*r sich auf verschiedene konstruierte Räume bezieht. Charim (2018) verwendet dafür die Begriffe des paradoxen Raumes und der Festung. Den paradoxen Raum bewohnen die Menschen, die das Privileg haben, einen Reisepass zu besitzen, der viel `wert´ ist, wie der deutsche Reisepass (vgl. Kaelin and Kochenov 2018). „Diese [sogenannten] Vernetzten leben nur mit symbolischen Grenzen, also gewissermaßen ohne Grenze. Für sie bedeutet das Überschreiten einer Grenze nur eine Anerkennung ihres Status“ (Charim 2018, 18–19). Hingegen bewohnen die Menschen, deren Reisepass weniger `wert´ ist, wie Migrant*innen des globalen Südens, die Festung. Sie haben nicht die Möglichkeit sich zwischen Ländergrenzen frei zu bewegen, sondern müssen sich entweder in einem komplizierten, oft auch erfolglosen Verfahren auf ein Visum bewerben oder illegalisiert reisen. Auch innerhalb der Grenzen, zum Beispiel im Schengen-Raum, sind für diesen Bevölkerungsteil Grenzen allgegenwärtig, in Form von Asylgesetzen, Verwehrung des Zugangs zum Arbeits- oder Wohnungsmarkt und vielen anderen neokolonialen Exklusionsmechanismen (ibd.). Dieser theoretische Ansatz verdeutlicht die stetige (Re-) Produktion der Konstruktion der Grenzen, die die Menschheit in zwei Gruppierungen teilt: Der eine Bevölkerungsteil, der bis zu einem sehr hohen Grade das Privileg der Bewegungsfreiheit genießen darf und der andere -teil nicht.

Diese Problematik lässt mich an Bruno Latour (vgl. 1993) denken, der in seiner Modernitätskritik aufzeigt, wie die sogenannte `Moderne´ die Welt immer stärker dichotomisiert und alles in Gegensätzen ordnet. Somit ist die politische und rechtliche Praktik der dichotomisierenden Grenzen existent, um die Vorherrschaft des globalen Nordens zu stabilisieren. Dieser Prozess, den Latour Work of Purification nennt, wird stetig vom globalen Norden aus versucht, aufrecht zu erhalten. Ich denke, dass es wichtig ist, die agency der jeweiligen Menschen in Betracht zu ziehen, die trotz der Schwierigkeiten und Beschränkungen ihr Recht auf Bewegungsfreiheit als Menschenrecht in Realität umsetzen, auch wenn ich mir bewusst bin, dass die Gründe unterschiedlich sind und manche Migrant*innen aufgrund von prekären Lebensverhältnissen fliehen.

In diesem Abschnitt möchte ich abschließend Bewegungen und Gedanken aufzeigen, die gegen Grenzen arbeiten und aufzeigen, dass eine andere Welt möglich ist. Die No-Border-Bewegung ist eine lose und heterogene Zusammensetzung von verschiedenen Organisationen und Einzelpersonen auf der ganzen Welt, die durch unterschiedliches und selbstorganisiertes Engagement versuchen, eine Welt ohne Grenzen für alle zu gestalten, sei es durch politische Arbeit und Widerstand gegen Abschiebungen, ärztliche Versorgung für illegalisierte Personen oder offene Küchen für alle (vgl. Anderson, Sharma, and Wright 2009). Die Ebene der konkreten Handlungen ist äußerst wichtig, doch erscheint es mir genauso notwendig, uns im Verstehen und Träumen zu üben, denn man muss die jetzige Situation erst verstehen, um sich Utopien vorzustellen. Vor ein paar Tagen las ich das Essay Nadie la tiene von Morales (1998, 97–109), in welchem sie das Konstrukt des privaten Eigentums von Land kritisiert. Privates Eigentum ist zwar eine andere Thematik, jedoch beinhaltet sie genauso Grenzen, inkludierende und exkludierende Mechanismen, sowie Menschen, die die Macht über ein Gebiet für sich beanspruchen. Morales beschreibt wie Land außerhalb dieser Grenzen lebt, sich darüber hinwegbewegt und seinen eigenen Regeln befolgt, zwar immer in Reziprozität mit den Bewohner*innen dieses Gebietes, jedoch ohne auf menschlich gemachte Grenzen achtend. Dies lies mich daran denken, dass Menschen immer migrieren werden, so wie sie es schon immer gemacht haben, egal ob bedingt durch Prekarität im Herkunftsland oder weil sie einfach in einem anderen Land leben möchten und Grenzen sind in der Realität nicht fähig, Migration zu verhindern und werden dies auch nicht mit den bestausgerüsteten Sicherheitstechnologien von Grenzstreitkräften tun. Aufgrund dessen sehe ich keine andere Möglichkeit, als Grenzen abzuschaffen, wenn wir in einer besseren Welt leben möchten.

3.      Meine persönliche Grenzerfahrungen

Mein Vater migrierte kurz vor dem Ende des Kalten Krieges aus Polen nach Deutschland. Die Geschichten, die er mir darüber erzählte, klingen für mich nach einer sehr schwierigen Realität, jedoch nahm ich sie als Kind wie Abenteuergeschichten aus einer fernen Zeit wahr, welche entkoppelt waren aus der Realität, in die ich hineingeboren wurde. Er erzählte von prekären Verhältnissen aus seiner Herkunftsstadt. Laut ihm war die Migration in das damalige Westdeutschland die einzige Möglichkeit Perspektiven für die Zukunft zu erlangen. Er reiste gegen Bezahlung illegalisiert nach Deutschland ein und bekam aufgrund der damaligen politischen Situation sehr bald den deutschen Aufenthaltsstatus. Einige Jahre später kam meine Mutter aufgrund der Heirat mit meinem Vater problemlos nach Deutschland. Beide lebten damals in prekären Verhältnissen in Köln. Als meine Schwester und ich geboren wurden, hatte sich die Situation jedoch verändert und wir konnten in einer gewissen Stabilität aufwachsen. Somit hat dieser Teil der Migration nie zu meiner Gegenwart dazugehört, sondern war stets ein Teil der Vergangenheit, dort wo ich herkam.

Als ich klein war, sind wir jeden Sommer nach Polen gefahren, um die dortigen Familienmitglieder zu besuchen. Ich erinnere mich an die stundenlangen Wartezeiten im Stau an der deutsch-polnischen Grenze, die prüfenden und unangenehmen Blicke der Grenzpolizist*innen, als wir am Grenzposten ankamen. Als im Jahr 2007 die Grenze zwischen Deutschland und Polen aufgrund des Schengen-Abkommens aufgelöst wurde, war es eine Erleichterung auf der langen Fahrt, nicht eine bewachte Grenze zu passieren. Als ich immer älter wurde, genoss ich die Reisefreiheit innerhalb Europas, die ich ausgiebig auskostete. Ich machte mir damals nicht viel Gedanken darüber, da es mir in meiner europäischen Welt normal erschien, mich frei bewegen zu können.

Das Privileg wurde mit erst bewusst, als ich nach Mexiko ging. Mein problemloses Einreisen in dieses Land und der späteren Möglichkeit des Erkaufens eines Touristenvisums, um mich dort `legalisiert´ zwei Jahre aufhalten zu können, standen im Kontrast zu dem sehr präsenten Thematik der Migrant*innen aus Lateinamerika, welche Mexiko durchreisten, um in die Vereinigten Staaten von Amerika einzureisen und dabei oft ihr Leben riskierten. Zur gleichen Zeit drangen die Nachrichten der sogenannten europäischen `Flüchtlingskrise´ zu mir durch, welche gezeichnet waren von inhumanen Reisekonditionen von Menschen, die den Wunsch hatten, nach Europa zu gelangen.

Auch wenn es viele BIPoC gibt, die zum Beispiel eine deutsche Staatsbürgerschaft haben oder weiße Menschen, die dieses Privileg nicht innehaben, denke ich, dass der `Wert´ eines Reisepasses stark mit rassistischen Strukturen verschränkt ist, und wie oben aufgezeigt, koloniale Kontinuität beinhaltet. Es wird oft angenommen, dass BIPoC aufgrund von Rassismus in vielen Bereichen benachteiligt werden, jedoch wird seltener darüber reflektiert, welche Vorteile eine weiße Person[2] aufgrund der Konstruktion und Ideologie rund um ihre Hautfarbe hat und dies wird dem weißen Bevölkerungsteil in seiner Sozialisation beigebracht (vgl. McIntosh 1992). Bis zu meiner Reise nach Mexiko war mir dies auch nicht bewusst. Erst durch die direkte Konfrontation bemerkte ich, was es bedeutet, einen deutschen Reisepass zu besitzen. Dies zeigt auf, dass eine weiße Person sich frei entscheiden kann, ob sie sich mit dem Thema Rassismus auseinandersetzen will oder nicht (Ogette 2018, 60). Ich denke, es ist wichtig, in Gesprächen mit weißen Personen darauf hinzuweisen, was es bedeutet, in den Karibikurlaub für zwei Wochen zu fliegen oder entscheiden zu können, nach Madagaskar zu ziehen[3].

Die persönlichen Erfahrungen zu teilen und dem Gegenüber diese Thematik zur Reflektion zu überlassen. Auch denke ich, dass wir uns als weißer, im globalen Norden geborener Bevölkerungsteil im größeren Umfang mit unserer eigenen Geschichte auseinandersetzen müssen. Ich bin mir sicher, dass man in fast jeder Familie eine Migrationsgeschichte entdecken würde. Was bedeutet es, seinen Wohnort zu wechseln? Was für Gründe sind die Motivation dafür und wie waren die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse zu der Zeit? Wenn wir diese Fragen in unserer eigenen Geschichte ergründen würden, würde es uns als Gesellschaft vielleicht leichter fallen, dieses Privileg anzuerkennen und dies für alle zu fordern.

Jedoch ist es in diesem beschriebenen Fall kein individueller Rassismus, den man einfach reflektieren kann, um seine Handlungsweise zu verändern, sondern ein institutioneller Rassismus, welchen man als Person aktiv kritisieren muss. Gleichermaßen ist es ein Privileg, seine politische Meinung frei äußern zu können, ohne dafür aufgrund seiner Hautfarbe verurteilt oder nicht ernstgenommen zu werden (McIntosh 1992, 32). Bewegungen wie die Black-Lives-Matter-Bewegung oder No-Border-Bewegungen können für weiße Personen eine Möglichkeit bieten, sich dem Widerstand gegen den institutionellen Rassismus anzuschließen, jedoch denke ich, dass es als weiße Person wichtig ist, keine öffentliche Rolle einzunehmen oder den Diskurs innerhalb der Gruppe zu leiten, sondern auf die Bedürfnisse der Gruppierung einzugehen und sie in den `hinteren Reihen´ zu unterstützen. Die Motivation des Engagements sollte nicht aus Altruismus resultieren, sondern

„[s]olidarity comes from the inability to tolerate the affront to our own integrity of passive or active collaboration in the oppresion of others (…). From the recognition that, like it or not, our liberation is bound up with that of every other beings on the planet, and that politically (…) we know anything else is unaffordable“

Levins Morales 1998, 125

Denn letztendlich sind alle unsere Leben miteinander verflochten und bedingen sich gegenseitig und für ein würdevolles Leben für alle sollten wir uns verbünden.


[1] Im darauffolgenden Text kann ich mich nur auf meine Wahrnehmungen der Gesellschaft beziehen, in der ich aufgewachsen bin, auch wenn es innerhalb dieser Gesellschaft auch subjektive Unterschiede gibt, die ich nicht alle wiedergeben kann. Bei diesem Beispiel bin ich mir sicher, dass es Gemeinschaften gibt, die in ihrem Lebensumfeld Grenzen weniger präsent haben wie wir, auch wenn heutzutage, global gesehen, alle Menschen in einem Nationalstaatensystem eingebunden sind.

[2] Mit einer Staatsbürgerschaft aus dem globalen Norden.

[3] Auch wenn dieses Thema mit der Diskriminierungsform des Klassismus verschränkt ist, auf welches ich in diesem Text nicht eingehen werde.


Quelle: Zuzanna Krysta, Die Grenze. Ein Versuch der Reflektion, in: Blog ABV Gender- und Diversitykompetenz FU Berlin, 22.04.2021, https://blogs.fu-berlin.de/abv-gender-diversity/2021/04/22/die-grenze-ein-versuch-der-reflektion/