Paula Kleuters (SoSe 2021)
Ein Plädoyer fürs Gendern
Jedes Mal, wenn ich aus Berlin in die Heimat fahre, ist es dasselbe. Ich komme an, treffe meine Schulfreund*innengruppe, wir trinken ein paar Bier und unterhalten uns. Meistens über die Vergangenheit, viel über ehemalige Stufenkamerad*innen, manchmal über Zukunftspläne und selten über wirklich interessante Dinge. Egal worum es geht, letztendlich gelangen wir immer an den Punkt, an dem die neue Reglung zum Semesterticket „behindert“ ist, oder die Musik auf der letzten Party – vor Corona selbstverständlich – „voll schwul“ war. Das Thema „politisch korrekte Sprache“ ist also, zumindest implizit, immer schnell auf dem Tisch. Spätestens, wenn dann einem oder einer meiner Freund*innen auffällt, dass ich versuche, mich mehr oder weniger konsequent gendergerecht auszudrücken, zu gendern also, ist ein Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt und eine große Debatte losgeht. Meist nur halb ernsthaft, weil alle schon zwei Bier getrunken haben, aber doch ernst genug, um zu merken, dass ich und die meisten meiner Freund*innen hier grundlegend unterschiedlicher Auffassungen sind. „Das ist doch nicht so gemeint!“, „Ach komm, jetzt entspann dich mal!“ oder „Ich hab’ aber ’nen Freund, der ist schwul und den stört das nicht, wenn ich das so sage…“ und ganz besonders „Das mit dem Gendern ist ja so albern, Paula!“. Immer sind es die gleichen Sprüche, denen ich versuche, entgegenzuhalten.
„Die Heimat“ ist übrigens eine kleine Großstadt tief im Westen. Immer wieder denke ich, so langsam müssten die sprachlichen Veränderungen, die hier in Berlin mittlerweile zu meinem Alltag gehören, doch auch dort angekommen sein. Und immer wieder stelle ich fest, dass dem nicht so ist und dass das, was ich hier in meiner ‚Bubble‘ als so alltäglich erlebe, dort noch längst nicht zum Standardrepertoire gehört. Ganz besonders das Gendern nicht. Und immer wieder merke ich komischerweise gerade in diesen Situationen der Uneinigkeit, wie sehr mir das Thema am Herzen liegt und wie wichtig und sinnvoll ich diskriminierungsfreie Sprache finde. Exemplarisch werde ich mich hier besonders auf gendergerechte Sprache als eine Form der diskriminierungsfreien Sprache konzentrieren. Für alle, die immer noch nicht verstanden haben, warum gendergerechte Sprache eine gute Idee ist, (oder auch für die, die sich in ihrer Meinung bestärkt fühlen wollen), ist das hier ein Plädoyer fürs Gendern.
Haben wir wichtigere Probleme oder formt Sprache unsere Welt?
Von vielen Kritiker*innen des Genderns wird häufig angeprangert, dass man sich in Nichtigkeiten verrenne; es gäbe doch viel größere Probleme und sprachliche Veränderungen seien nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Man solle sich doch lieber auf die „richtigen“ Probleme konzentrieren. Ich will überhaupt nicht abstreiten, dass es „größere“ Probleme gibt, als unseren Sprachgebrauch. Frauen werden überall auf der Welt systematisch diskriminiert, benachteiligt, belästigt, vergewaltigt, getötet; die Liste ist leider lang. Und diese Dinge sind schrecklich und müssen sich ohne Frage verändern. Nun scheiden sich aber genau hier, an der Frage der Herangehensweise, die Geister: Kritiker*innen des Genderns würden sagen, man muss die großen Probleme direkt angehen, alles andere würde diese verkennen und sei somit überflüssig, ja fast schon unverschämt; sie vertreten quasi einen „Top-down“-Ansatz: Wir schaffen die übergeordneten Probleme aus der Welt, vielleicht ändern sich deren Grundlagen ja dann von allein. Ich glaube nicht, dass das so funktioniert. Ich glaube, dass es mehr Sinn ergibt, an kleinen, leicht handhabbaren Stellschrauben, also beispielsweise unserem alltäglichen Sprachgebrauch, zu drehen. Diese vielen kleinen Veränderungen auf ganz grundlegender Ebene mögen banal scheinen, können aber in der Summe auch auf übergeordneter Ebene von unten nach oben Veränderungen herbeiführen, “Bottom-up“also.
Schon Wilhelm von Humboldt stellte im 19. Jahrhundert fest, „so liegt in jeder Sprache eine eigenthümliche [sic!] Weltansicht.“ (1836, S. 58). Damals von von Humboldt eher auf Nationalsprachen bezogen, lässt sich das Konzept auch auf die vorliegende Thematik anwenden: Eine Sprache, in der alle Geschlechter außer dem explizit männlichen, nicht vorkommen, beeinflusst natürlich, wie wir die Welt wahrnehmen und formen und untermauert so patriarchalische Strukturen. Auch die Autorin und Rednerin Kübra Gümüşay untermalt fast 200 Jahre später in ihrem Buch Sprache und Sein (2020) mit eindrucksvollen Beispielen, wie sehr sprachliche Feinheiten unsere Wahrnehmung der Welt prägen. Gümüşay beschreibt, wie sie plötzlich ganz banale Dinge anders wahrnimmt oder diese ihr zum ersten Mal auffallen, weil sie die Phänomene plötzlich benennen kann:
„Weil ich das Wort kenne, nehme ich wahr, was es benennt […] So beschreibt das japanische Wort komorebi das Sonnenlicht, das durch die Blätter von Bäumen schimmert. Gurfa, ein arabisches Wort, steht für die Menge an Wasser, die sich in einer Hand schöpfen lässt. Das griechische Wort meraki beschreibt die hingebungsvolle Leidenschaft, Liebe und Energie, mit der sich jemand einer Tätigkeit widmet“
Gümüşay, 2020, S. 11f
Genauso sei unsere Vorstellung von Mengen, von Farben, von Zeit und Raum, unsere ganze Weltsicht also, davon beeinflusst, wie diese in unserer Sprache repräsentiert sind (Gümüşay, 2020). Besonders spannend im Kontext von genderfairer Sprache sind auch ihre Ausführungen zum grammatikalischen Geschlecht von Dingen: „Im Deutschen werden Brücken eher als ‚schön, elegant, fragil, friedlich, hübsch und schlank‘ beschrieben, im Italienischen eher als ‚groß, gefährlich, lang, stark, stabil und gewaltig“ (Gümüşay, 2020, S. 16). Für die grammatikalisch feminine Brücke im Deutschen werden also stereotyp weibliche Attribute gefunden, während das Gegenteil für das italienische grammatikalisch maskuline il ponte der Fall ist. Wenn Sprache also sogar unsere Vorstellung von Dingen so massiv beeinflusst, kann man sich gut vorstellen, dass das beispielsweise bei Personenbezeichnungen oder Anreden erst recht der Fall ist.
Die Forderung nach gendergerechter Sprache ist also kein konstruiertes oder nichtiges Problem; ganz im Gegenteil: Sprache beeinflusst ganz entscheidend, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen. Und eine Sprache, die mehr als die Hälfte der Menschen systematisch unsichtbar macht, sorgt dafür, dass diese Menschen auch abseits der Sprache nicht mitgedacht, übersehen und unsichtbar gemacht werden.
Warum die deutsche Sprache nicht „gerettet“ werden muss
Als der Duden Anfang dieses Jahres ankündigte, alle eingetragenen Personenbeschreibungen geschlechtergerecht anpassen zu wollen, hagelte es Kritik, ja Empörung von allen Seiten. Wahlweise ist von „Gendergaga“, „Verhunzung der deutschen Sprache“, oder „Genderwahn“ die Rede (Bednarz, 2020). Der Verein Deutsche Sprache rief sogar eine Petition ins Leben, um die „deutsche Sprache vor dem Duden [zu retten]“ (Verein Deutsche Sprache e.V., 2021). Wie absurd, wenn man sich vor Augen führt, dass es Sprachwandel schon immer gab und immer geben wird. So erklärt auch der Duden diesen Schritt damit, dass Sprache dynamisch ist und sich ganz selbstverständlich verändert – gemeinsam mit unserer Lebensrealität (Deutsche Welle, 2021). So scheint es doch nur logisch, dass in einer Gesellschaft, in der geschlechtliche Vielfalt immer sichtbarer wird, diese Diversität auch in der Sprache repräsentiert ist – einfach, weil wir sprachlich so unsere Realität akkurater beschreiben können: Gendern sei „schlicht und ergreifend genauer, weil es alle aufzählt, die eigentlich gemeint sind“, schreibt Sophie Passmann (2021), Kolumnistin fürs ZEITmagazin.
Weiterhin pochen der Verein Deutsche Sprache und konservative Sprachwissenschaftler*innen in der oben genannten Petition auf die Verwendung des generischen Maskulinums; es wird sogar davor gewarnt, es nicht mehr standardmäßig zu verwenden. Die Erweiterung der Einträge im Duden führe zu einer „problematischen Zwangs-Sexualisierung“ (Verein Deutsche Sprache e.V., 2021). Wie genau eine geschlechtersensible Sprache diese sogenannte „Zwangs-Sexualisierung“ herbeiführen soll, wird nicht richtig klar. Warum, ganz im Gegenteil, geschlechtergerechte Personenbeschreibungen eine gute und vor allem notwendige Veränderung darstellen, zeigt sich, sobald man wissenschaftliche Studien zu dem Thema betrachtet.
So wurde beispielsweise in einer Studie der Freien Universität Berlin untersucht, inwieweit die sprachliche Präsentation von stereotyp männlichen Berufen deren Wahrnehmung bei Kindern beeinflusst (Vervecken & Hannover, 2015). Es wurden Berufsbeschreibungen von stereotyp männlichen Berufen, z.B. Erfinder*in, entweder in der generisch maskulinen Form, also „Erfinder“, präsentiert, oder in Paarform, also „Erfinder und Erfinderinnen“, genau wie der Duden es eingeführt hat. Weitere als typisch männlich gelistete Berufe waren z.B. Astronaut*in, Bürger-meister*in oder Geschäftsmann/-frau. Gemessen wurde dann, wie die jeweilige sprachliche Präsentation sich darauf auswirkte, wie Kindern im Alter von 7-12 Jahren die Zugänglichkeit der präsentierten Berufe sowie die eigene berufliche Selbstwirksamkeit einschätzten. „Zugänglichkeit“ wurde anhand des wahrge-nommenen Status sowie der wahrgenommenen Schwierigkeit der Betätigung operationalisiert. „Selbstwirksamkeit” ist ein Konstrukt, das von Albert Bandura (1995, S. 2) als „the belief in one’s capabilities to organize and execute the courses of action required to manage prospective situations” definiert wurde. Die individuelle berufliche Selbstwirksamkeit zeigt also an, wie zuversichtlich die Kinder waren, die Qualifikationen für die jeweiligen Berufe erreichen zu können. Wie erwartet, und wie in anderen wissenschaftlichen Studien bestätigt, ergab sich aus der sprachlichen Intervention, dass sowohl Jungen als auch Mädchen (dass es weitere Geschlechter gibt, wurde hier außer Acht gelassen) sich als selbstwirksamer bezüglich der Berufswahl erfuhren und die stereotyp männlichen Berufe als zugänglicher angesehen wurden, wenn die Bezeichnungen paarweise präsentiert wurden (Vervecken & Hannover, 2015). Solche Ergebnisse führen deutlich vor Augen, warum die Änderung im Duden sinnvoll und dringend nötig ist: Auch wenn das generische Maskulinum auf dem Papier alle Menschen gleichermaßen inkludieren soll, heißt das nicht, dass sich auch wirklich alle inkludiert fühlen. Geschlechtergerechte Sprache löst mitnichten eine „Zwangs-Sexualisierung“ aus; stattdessen sorgt geschlechterUNgerechte Sprache dafür, dass der patriarchale Status Quo untermauert wird, indem schon Grundschulkindern sprachlich suggeriert wird, welche Berufe für sie erreichbar sind und welche nicht. Auch hier zeigt sich, wie oben schon erläutert, wie mächtig Sprache ist und wie massiv sie unsere Realität beeinflussen kann.
Zu kompliziert, zu hässlich, oder einfach nur nervig
Wenn, wie oben beschrieben, von der Verschandelung der deutschen Sprache geredet wird, springen auch ganz schnell Phonetiker*innen (oder wahlweise auch Freund*innen aus der Heimat, denen Phonetik zum ersten Mal in ihrem Leben wichtig ist), auf den Zug auf und bemängeln, das Gendern störe ihren natürlichen Redefluss. Welch fadenscheiniges Argument: So schwer kann es nicht sein, zwischen Lehrer- und *innen diese minimal kurze Pause – unter Phonetiker*innen auch Glottisschlag genannt – zu machen. Das kriegen wir alle bei beliebigen anderen Wörtern auch hin. Außerdem: so schlecht ist es vielleicht auch nicht, wenn der kleine Moment Pause ein wenig unbequem ist. Jedes Mal, wenn jemand stutzt, sei es Sprecher*in oder Hörer*in, wird Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass in unserem status quo sowohl sprachlich als auch darüber hinaus nicht alle Menschen gleich sichtbar sind. Passmann (2021) vertritt hier eine ähnliche Meinung und meint, es sei „raffiniert […], dass […] ein im Grunde niedliches Satzzeichen daran erinnern soll, dass bis vor ein paar Jahrzehnten diese ganze Welt von Männern geleitet wurde.“
Geht es um geschriebenes Gendern wird kritisiert, so etwas sei „unlesbar“. Margarete Stokowski (2021) merkt hierzu an, dieser Einwand würde „gerne vorgebracht von Menschen, die diverse Fremdsprachen sprechen und auch sonst intellektuell eigentlich gut mitkommen.“. Noch eine sehr fadenscheinige Argumentation also, denn natürlich können diese Menschen gegenderte Texte lesen, sie wollen nur nicht. Alternativ wird mit Vorliebe das Ästhetik-Argument angeführt: Gegenderte Sprache sehe hässlich aus, höre sich hässlich an und sei ein einziges „Gendergaga“. Dabei ist es doch laut Stokowski (2021) so: „Wer ,Gendergaga‘ sagt, hat sich in sprachästhetischer Hinsicht doch eh völlig aufgegeben.“
Egal wie die Einwände lauten, in den meisten Fällen zeigt sich, so auch Stokowski (2021), dass die meisten – überwiegend tatsächlich männlichen – Verfechter*innen der ungegenderten Sprache krampfhaft Argumente suchen, um zu verdecken, worum es eigentlich geht: Nämlich, dass es sie nervt und dass sie keine Lust haben, den Aufwand zu betreiben, ihre Sprache umzustellen. Als immer explizit inkludierter Mann ist das natürlich leicht gesagt.
Gewaltvolles generisches Maskulinum
Letztendlich geht die Thematik in meinen Augen über ästhetische oder praktische Fragen, ja vielleicht sogar über Weltansicht hinaus. Ist es nicht irgendwie auch eine Form von Gewalt, mehr als der Hälfte aller Menschen eine explizite sprachliche Repräsentation zu verweigern? Von verschiedenen Theoretiker*innen wird im Kontext der Sprechakttheorie erläutert, inwieweit Sprache gewaltvoll sein kann. Hierzu beschreibt Sybille Krämer, Professorin im Ruhestand für theoretische Philosophie an der Freien Universität Berlin,
„dass Worte immer auch Taten sind: indem wir sprechen, handeln wir. John Searles Sprechakttheorie und Jürgen Habermas’ Kommunikationstheorie haben uns – im Anschluss an Austin – aufgeklärt darüber, dass das, was das Sprechen handelnd hervorbringt, ›soziale Fakten‹ sind, Gegebenheiten also, deren Sein auf ihrem Anerkanntsein beruht. Wir reden nicht nur über die Welt, sondern konstituieren unsere Welt als eine soziale Welt auch durch unser Reden: zu sprechen heißt, eine Beziehung zu den Angesprochenen aufzunehmen und einzugehen.“
Krämer, 2015, S. 32
In Bezug auf Gewalt müsse zwar nach wie vor zwischen verbaler und physischer Gewalt unterschieden werden, dennoch solle zugestanden werden, dass auch sprachliche Äußerungen gewaltvoll sein können (Krämer, 2015). Judith Butler (1997) geht noch weiter, indem sie alle Menschen als sprachliche Wesen beschreibt, die erst durch Sprache, genauer sprachliche Benennung und Ansprache, beginnen zu sein. Weiterhin schlussfolgert sie, dass gerade darin die gewaltvolle Macht der Sprache liegt, die Existenz Einzelner auch wieder zu zerstören: „If language can sustain the body, it can also threaten its existence.“ (Butler, 1997, S. 5).
Und nichts anderes passiert doch, wenn auf dem generischen Maskulinum bestanden wird: All denjenigen Menschen, die sich von diesem nicht repräsentiert fühlen, wird die von Butler beschriebene, essentielle Ansprache verwehrt. Und damit wird ihnen nicht bloß, wie zu Beginn des Abschnitts formuliert, sprachliche Repräsentation verweigert, sondern sogar ihre komplette Existenz. Und das, finde ich, kann durchaus als Akt der Gewalt bezeichnet werden.
Und nun?
Was erzähle ich also jetzt meinen Freund*innen, wenn der nächste feuchtfröhliche Abend ansteht und wir uns wieder auf kontroversem Terrain bewegen?
Nun, ich werde mit Gewissheit sagen können, dass Sprache ganz entscheidend unsere Weltsicht formt. Ganz besonders die Art und Weise, wie wir andere Menschen bezeichnen und anreden, hat reale Auswirkungen und die Macht, patriarchalische Strukturen entweder zu stützen oder sie im Kleinen zu dekonstruieren. Natürlich wird sich durch eine gerechtere Sprache das Patriarchat nicht einfach in Luft auflösen, da mache ich mir keine Illusion. Weder alltäglicher noch struktureller Sexismus lassen sich allein durch sprachliche Veränderungen beseitigen; und trotzdem glaube ich, dass eine fairere Sprache ein Anfang sein kann, bottom-up gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen.
Weiterhin kann ich allen erklären, warum die deutsche Sprache nicht gerettet werden muss (zumindest nicht vor dem Duden, vor konservativen Sprach-wissenschaftler*innen vielleicht schon eher). Durch differenzierte Personen-bezeichnungen entsteht mitnichten die befürchtete Zwangssexualisierung; stattdessen könnten sie helfen, geschlechterspezifische Berufsstereotype aufzuweichen und Kindern mehr Selbstvertrauen in ihrer Berufswahl zu geben.
Für mindestens genauso wichtig halte ich den Ansatz der Sprachakttheorie, nach dem das Beharren auf dem generischen Maskulinum in dem Sinne gewaltvoll ist, dass es den nicht explizit Genannten ganz simpel ihre Existenz abspricht.
Ich kann verstehen, dass es anstrengend oder aufwändig erscheint, die eigene Sprache so grundlegend umzustellen. Ich kann auch verstehen, dass es nervig ist. Aber erstens verlangt dabei niemand Perfektion, ich schaffe es häufig auch nicht, mich komplett konsequent „politisch korrekt“ auszudrücken; und zweitens fände ich es schön, wenn sich Gender-Kritiker*innen wenigstens auf die Thematik einlassen und sich ihr nicht von vorneherein verweigern würden. Vielleicht kann ich mit meinem Plädoyer ja das nächste Mal zumindest meine Freund*innen davon überzeugen, dass gendergerecht Sprache gar nicht so eine schlechte Idee ist.
Literaturverzeichnis
Bandura, A. (1995). Self-efficacy in changing societies. Cambridge University Press.
Bednarz, L. (2020, June 5). Wer hat Angst vor dem “Genderwahn”? Spiegel Kultur. https://www.spiegel.de/kultur/wer-hat-angst-vor-dem-genderwahn-kommentar-von-liane-bednarz-a-948ed8f6-fa1f-465c-9b07-86cfcf34ccb0
Butler, J. (1997). Excitable Speech: A Politics of the Performative. Routledge.
Deutsche Welle. (2021, February 11). Online-Duden: Gendern ist keine “Sprachmanipulation.” https://www.dw.com/de/online-duden-gendern-ist-keine-sprachmanipulation/a-56539248
Gümüşay, K. (2020). Sprache und Sein (4th ed.). Hanser Berlin in der Carl Hanser Verlag GmbH & Company KG.
Krämer, S. (2015). Sprache als Gewalt oder: Warum verletzen Worte? In S. K. Herrmann, S. Krämer, & H. Kuch (Eds.), Verletzende Worte (pp. 31–48). transcript Verlag. https://doi.org/10.14361/9783839405659-001
Passmann, S. (2021, July 21). [Aus der Serie: Alles oder Nichts]. ZEITmagazin. https://www.zeit.de/zeit-magazin/2021/30/gendern-sprachwandel-moral-aesthethik-schoenheit
Stokowski, M. (2021, January 12). Auch durch Astronautinnen ändert sich nicht alles. SPIEGEL Kultur. https://www.spiegel.de/kultur/gendergerechte-sprache-auch-durch-astronautinnen-aendert-sich-nicht-alles-a-4d47d2de-32be-4166-8a71-d0e87729b78f
Verein Deutsche Sprache e.V. (2021). Rettet die deutsche Sprache vor dem Duden. https://vds-ev.de/allgemein/aufrufe/rettet-die-deutsche-sprache-vor-dem-duden/
Vervecken, D., & Hannover, B. (2015). Yes I Can! Effects of Gender Fair Job Descriptions on Children’s Perceptions of Job Status, Job Difficulty, and Vocational Self-Efficacy. Social Psychology, 46(2), 76–92. https://doi.org/10.1027/1864-9335/a000229
von Humboldt, W. (1836). Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwickelung des Menschengeschlechts. Dümmler.
Quelle: Paula Kleuters, Gendern ist Weltsicht – Ein Plädoyer für gendergerechte Sprache, in: Blog ABV Gender- und Diversitykompetenz FU Berlin, 30.08.2021, https://blogs.fu-berlin.de/abv-gender-diversity/?p=120