17. März 2017 von Johanna Ridderbeekx
Henning Radke heeft aan de FU Nederlands gestudeerd. Meestal was hij echter in het buitenland, ergens aan de grenzen van het Nederlandse taalgebied. Wij hadden al een filmpje van hem over de schaafijsverkoper in de Paramaribose dierentuin.
Hier een bijdrage van de razende Radke die tussen de bedrijven door (zwischendurch) even in Namibië was.
Vor mir im Jeep hatte ein Pärchen Platz genommen. Sie Niederländerin, er Deutscher. „Mijn vriend zei dat er veel Duits wordt gesproken in Namibië. Maar nu we hier zijn, zie en hoor ik overal Nederlands,” sagte Els sichtlich amüsiert, als der Jeep schon durch die Namib-Wüste rollte.
Vlakvark: ein namibisches Tier mit Charakter. Zum vlakvark sagen Niederländer, Belgier und Surinamer knobbelzwijn. Den Deutschen, Österreichern und Schweizern ist es als Warzenschwein bekannt.
Was Els, die eigentlich aus der Nähe von Utrecht stammt, hier als Nederlands bezeichnete, ist in Wirklichkeit Afrikaans. Doch so ganz weit hergeholt war diese wohl absichtliche Verwechslung nicht, denn verfolgt man die Sprachgeschichte des Afrikaans zurück, so landet man unweigerlich beim Niederländischen. Genauer gesagt: bei den niederländischen Dialekten des 17. Jahrhunderts, die durch den europäischen Kolonisierungsdrang ans Kap der Guten Hoffnung kamen und dort einen Sprachwandel erfuhren, der seines gleichen sucht. Dieser Wandel wurde durch intensiven Sprachkontakt mit nicht-europäischen Sprachen wie Malaiisch und Khoisansprachen hervorgerufen, verursachte einen deutlichen Wandel der Grammatik und änderte Ausspracheregeln. Ein (Teil-)Kreolisierungsprozess setzte ein und wirbelte das Sprachsystem ordentlich durcheinander. Am Ende der Entwicklung stand: Afrikaans.
Heutzutage wird diese Sprache in weiten Teilen Südafrikas und Namibias gesprochen und von Niederländern mit ein bisschen Mühe auch ohne langjährigen Sprachkurs gut verstanden. Umgekehrt ist die Verständlichkeit des Niederländischen für Sprecher des Afrikaans nicht ganz so leicht.
Ein namibisches koffiehuis, in dem man melkskommels bestellen kann
Woran liegt das? Im Wandel des afrikaansen Wortschatzes liegt sicherlich ein wichtiger Grund. Es gibt viele Wörter auf Niederländisch, die man auf Afrikaans schlichtweg nicht kennt. Der ursprünglich niederländische Wortschatz wird jedoch kreativ genutzt. So haben sich im Afrikaans viele zusammengesetzte Nomen (Komposita) herausgebildet, für die das Niederländische nur Anglizismen kennt. Wer in Namibia vom skootrekenaar (wörtlich: Schoßrechner) spricht, sollte in den Niederlanden lieber laptop sagen. Während namibische Cafés melkskommels (wörtlich: Milchschaukeln) im Angebot haben, empfiehlt es sich in Amsterdam einen milkshake zu bestellen. Verkleurmannetjies (wörtlich: Verfärbmännchen) leben im südlichen Afrika in freier Natur. In Holland kommen sie nur in Zoos vor und heißen dort kameleons. Und ein namibischer hysbak (wörtlich: Hebekasten) wird in der Umgebung Nordhollands, Sie ahnen es schon, als lift bezeichnet.
Das Interessante an diesen Beispielen ist, dass die Struktur der afrikaansen Komposita für Sprecher des Niederländischen transparent ist. Sie können die Einzelteile des Kompositums analysieren und somit ihre wörtliche Bedeutung verstehen. Wenn ich also eine Milchschaukel auf meinen Schoßrechner geschüttet habe, weil ich auf dem Weg zum Hebekasten fast auf ein Verfärbmännchen getreten bin, dann bekomme ich einen Eindruck davon, wie diese afrikaansen Wörter im Kontext für Niederländer klingen müssen. Vereinfacht man jetzt noch die Grammatik, verzichtet gänzlich auf Verbkonjugation und fast immer auf ein /–t/ am Ende des Wortes, dann kommt man der niederländischen Wahrnehmung der afrikaansen Sprache schon recht nahe.
Rooi duine (rote Dünen)
Umgekehrt hat das Niederländische in afrikaansen Ohren auch einen besonderen Klang. Auf die Frage, wie (belgisches) Niederländisch für ihn klinge, antwortete der Sänger einer bekannten südafrikanischen Band: “Hulle sit net /-en/ op elke woord.” (Sie fügen an jedes Wort einfach ein /-en/ an) und erntete damit Lacher und Applaus vom afrikaanssprachigen Publikum. Diese zugespitzte Anmerkung hat durchaus einen wahren Kern, denn im Niederländischen ist /–en/ ein häufiges Suffix, eine Wortendung, die z.B. den Plural markiert (een aanmelding – drie aanmeldingen) oder den Infinitiv eines Verbes anzeigt (kennen, lezen, vragen). Afrikaans nutzt dafür ausnahmslos Verbstämme (om te ken, om te lees, om te vra). Auch in der Vergangenheitsform gibt es im Gegensatz zum Niederländischen keine grammatische Endung. So wird aus dem Satz „we hebben gelezen” auf Afrikaans „ons het gelees”. Kürzer, bündiger, morphologisch verändert. Oder anders gesagt: Der Sprachkontakt hat am Kap zu Sprachwandel geführt, zu einer Entwicklung, die die niederländischen Varietäten in Europa nicht durchliefen. Wortendungen fielen weg oder ganze Laute innerhalb eines Wortes verschwanden. Andere Wörter wurden phonologisch reduziert (alsjeblieft/alstublieft zu asseblief) und verschmolzen miteinander (moet niet zu moenie). Ein Hauch von Kreolisierung.
Dieser Prozess hat jedoch nicht voll durchgeschlagen, denn ihren niederländischen Charakter haben viele Wörter auf Afrikaans behalten. So kann Els auch weiterhin im Auto durch Namibia fahren und überall auf Wörter stoßen, die ihr bekannt vorkommen. Nur ein Wort wird sie garantiert nicht sehen: das amperbroekie (Kaum-Höschen), das jeder zweite Niederländer als Beleg für die Beschreibungsfreudigkeit des Afrikaans heranholt, um sich sodann darüber zu amüsieren.
Ein amperbroekie, ein Kaum-Höschen – es tut mir leid, lieber Niederländer, aber von einem amperbroekie hat nun wirklich noch nie jemand im südlichen Afrika gesprochen. Es sei denn, er hat einst die niederländische Werbung eines Lebensmittelherstellers gesehen. Jenes Herstellers, der den Niederländern erfolgreich ein Wort gelehrt hat, welches es in Wirklichkeit nicht gibt. Seine Bedeutung lässt sich sicherlich erraten.
Auf Afrikaans gibt es eine Reihe von Wörtern, die bei Sprechern des Niederländischen zu Missverständnissen führen können. Hier sind ein paar Beispiele aufgelistet.
Door: Henning Radke