Versäumte Aufarbeitung?

Der Umgang westlicher Universitäten mit ihrem kolonialen Erbe.

Cristina Serrano Quella (SoSe 2024)

Einleitung

Im Rahmen des Moduls „Gender und Diversity: Decolonize! Intersektionale Perspektiven auf lokale und globale Machtverhältnisse“ bei Liviana Bath habe ich mich das erste Mal in meinem Studium mit dem Thema Kolonialisierung und den daraus folgenden Problematiken, die bis heute noch spürbar und erkennbar sind, beschäftigt. Dabei ist mir als Biochemie-Studentin erstmals aufgefallen, dass es kaum bis gar keine Berührungspunkte mit diesem Thema in meinem Studiengang gibt. Daraufhin setzte ich mich zuerst mit Institutionen, berühmten Personen und Einrichtungen auseinander, die man als Biochemie-Student*in aus dem Studium kennt und mir fiel auf, wie wenig Informationen man zu historischen Verstrickungen findet. Und da stellte sich mir die Frage: Wieso gibt es keinen Ort für eine Art Sammlung solcher Informationen? Man könnte denken, dass eine Universität dafür genau die richtige Plattform sein könnte und trotzdem findet man auch dort keine weiteren Angaben. Und so kam ich zu der Frage, wie gehen Universitäten eigentlich mit ihrem eigenen kolonialen Erbe um? Damit möchte ich diese Abschlussarbeit nutzen, um eine Einsicht in potenzielle Verstrickungen renommierter Universitäten mit dem Kolonialismus zu geben. Dabei möchte ich den Fokus nicht unbedingt auf das legen, was historisch passiert ist, sondern viel mehr einen Blick darauf werfen, wie verschiedene Universitäten bisher ihre historische Rolle im Kolonialismus aufgearbeitet haben und weiterhin planen, dies zu tun. Denn das koloniale Erbe von Universitäten zeigt sich in vielerlei Hinsichten und hat auch heute noch Auswirkungen auf alle mit der jeweiligen Universität involvierten Personen: in den Lehrplänen, an Denkmälern und Gebäuden, sowie in der „Kultur“, die an der Universität ausgelebt wird. Denn noch heute sind auch Ungleichheit und Machtstrukturen innerhalb akademischer Gemeinschaften aktuelle Themen.

2. Internationale Beispiele

2.1 Harvard University

Wohl eine der bekanntesten Universitäten der Welt ist die Harvard University. Sie steht in Cambridge, Massachusetts, beherbergt mehr als 35.000 Student*innen und ist die älteste Universität in den Vereinigten Staaten. [1]

Sklaverei war im kolonialen Massachusetts und an Harvard weit verbreitet. Zwischen 1636 und 1783 hielten Harvard-Mitarbeiter*innen mehr als 70 versklavte Menschen, die auch auf dem Campus arbeiteten und lebten. Die Universität profitierte stark von Spenden, die aus dem Sklavenhandel und der Ausbeutung versklavter Menschen stammten. Ein erheblicher Teil der Spenden im 19. Jahrhundert kam von wenigen Spender*innen, die ihr Vermögen durch Sklaverei erworben hatten. Vom 19. bis ins 20. Jahrhundert förderten prominente Harvard-Professor*innen Rassentheorien und Eugenik, die auf rassistischen Hierarchien basierten und verheerende Folgen hatten. Artefakte dieser Forschungen findet man heute noch in den Sammlungen der Universität. So befinden sich in Harvards Museumssammlungen menschliche Überreste, darunter viele von indigenen Menschen und mindestens 15 von afrikanischer Abstammung. Rassentrennung und Diskriminierung waren an Harvard bis ins 20. Jahrhundert hinein präsent. Dennoch trugen viele afroamerikanische Absolvent*innen maßgeblich zum Kampf gegen Rassismus und zur Förderung der Chancengleichheit bei.

Im Internet findet man neben den üblichen Internetseiten der Universität auch eine mit dem Titel „Harvard & the Legacy of Slavery“, basierend auf einer Initiative, die 2019 von der Universität gestartet wurde und die für ein besseres Verständnis und Aufklärung zur Verstrickung der Harvard University und Sklaverei dienen soll. Hauptbestandteil der Internetseite ist dabei der „Report of the Presidential Committee on Harvard & the Legacy of Slavery”, welcher in 10 Kapiteln aufgeteilt zahlreiche historische Informationen bereitstellt, aber auch die Folgen dieser Ereignisse beleuchtet. Zudem enthält der Report Empfehlungen des Komitees an den Präsidenten und Mitarbeitende der Harvard University, wie sie mit ihrem kolonialen Erbe umgehen sollten und welche Handlungen unternommen werden könnten, um dieses weiterhin aufzuarbeiten.

Der Präsident der Universität hat auf den Bericht hin 2022 ein Statement veröffentlicht, in dem er sich dem Komitee gegenüber für diesen Bericht dankbar erweist und zusagt, dass die Empfehlungen mithilfe eines 100 Millionen US-Dollar Fonds umgesetzt werden sollen.[2]

Ob diese in den letzten zwei Jahren tatsächlich schon umgesetzt wurden, konnte ich nicht genau herausfinden.

Des Weiteren konnte ich auch ein Seminar der Harvard University finden mit dem Titel „Decolonize Harvard?“, welches Fragen zu Rassismus und Kolonialismus an der Universität adressieren soll. Dieses beinhaltet auch verschiedene Aktivitäten wie „Decolonize your syllabus“, wobei besprochen wird wie ein dekolonisierter Stundenplan aussehen könnte.[3]

2.2 Yale University

Die Yale University in Connecticut, in den Vereinigten Staaten, zählt ebenso zu einer der renommiertesten Universitäten weltweit. Sie wurde 1701 gegründet und nach einem ihrer Förderer, Elihu Yale, benannt.[4]

Im Februar 2024 entschuldigte sich die Yale University offiziell für die Verbindungen ihrer frühen Führer*innen und Gönner*innen zur Sklaverei. In Indien geriet dabei eben der Name des Mannes, nach dem die Universität benannt ist, in den Fokus. Elihu Yale war im 17. Jahrhundert Gouverneur der Britischen Ostindien-Kompanie in Madras und wurde durch eine Spende von etwa 1.162£ geehrt, indem die Universität nach ihm benannt wurde. Historiker haben jedoch enthüllt, dass Yale in den Sklavenhandel verwickelt war und davon erheblich profitierte. Er überwachte als Gouverneur von Madras zahlreiche Sklavenverkäufe und verdiente ein beträchtliches Vermögen aus dem Handel. Trotz der Entschuldigung der Universität gibt es jedoch keine Pläne, den Namen der Universität zu ändern.[5]

Ähnlich zur Harvard University findet man im Internet auch von der Yale University eine Seite mit dem Titel „The Yale & Slavery Research Project“, auf der vor allem die Geschichte der Universität und ihre Verstrickungen mit Sklaverei seit etwa dem 17. Jahrhundert dargestellt wird. Auch das „University Statement“ und die daraus folgenden Verpflichtungen, die sich die Universität vorgenommen hat, findet man auf dieser Internetseite.

Zudem wurde eine „walking-tour“ entwickelt, welche besondere Personen, Orte und Momente der historischen Verstrickung der Universität mit Sklaverei hervorheben soll und auf Smartphones heruntergeladen werden kann.

Im Vergleich zum vorherigen Beispiel kann man auf der Internetseite der Yale University allerdings einsehen, inwieweit die Verpflichtungen, die sie sich vorgenommen haben, bereits umgesetzt wurden bzw. in Planung stehen, in den kommenden Jahren umgesetzt zu werden.[6]

2.3 Princeton University

Sich in die Liste von renommierten Universitäten einreihend ist auch die Princeton University in New Jersey in den Vereinigten Staaten. Gegründet wurde diese im Jahr 1746 und auch sie weist in der Vergangenheit Verknüpfungen mit, unter anderem, Sklaverei auf.[7]

Die ersten neun Präsidenten der Universität besaßen alle Sklaven, 1766 fand ein Sklavenverkauf auf dem Campus statt und versklavte Menschen lebten bis etwa 1822 im Präsidentenhaus.

Und wie bei den beiden Universitäten zuvor gibt es auch von der Princeton University ein Projekt, welches die Verstrickung in die Sklaverei untersuchen soll. Das Princeton & Slavery Project untersucht die Verstrickung der Universität in die Institution der Sklaverei. Es erforscht die Sklavenhalterpraktiken der frühen Treuhänder und Fakultätsmitglieder Princetons, betrachtet die Auswirkungen von Spenden, die aus den Profiten von Sklavenarbeit stammen, und beleuchtet die allgemeine Kultur der Sklaverei im Bundesstaat New Jersey, der die Sklaverei erst 1865 vollständig abschaffte. Was die Princeton University auf ihrer Internetseite besonders gut gemacht hat, ist eine sehr ausführliche und einfach einzusehende Liste an Quellen anzugeben, auf denen die Informationen basieren.

Ebenfalls beachtlich ist bei dem Projekt, dass es sich hierbei nicht um eine Initiative handelt, die von einer Kommission der Universität selbst gegründet wurde, sondern, dass es sich zuvor um einen Kurs für Studierende gehandelt hat, der immer weitergewachsen ist. [8]

Auf der Internetseite wird auch angesprochen, was bereits im Rahmen der Aufarbeitung geschehen ist, aber weitere konkrete Ziele und wie bzw. wann diese umgesetzt werden, sind nicht zu finden.

3. Deutsche Beispiele

3.1 Universität Hamburg

Auch die Universität Hamburg, die 1909 gegründet wurde, hat historische Verwurzelungen mit dem Kolonialismus. Das Hauptgebäude der Universität wurde ursprünglich als Kolonialinstitut 1911 errichtet und diente der kolonialen Bildung, die auch nach der Umwandlung in eine Universität 1919 weitgehend beibehalten wurde. Das Kolonialinstitut trug durch seine Lehrinhalte und Forschungen zur Effizienz der kolonialen Unterdrückung bei. Rassistische Vorstellungen und Praktiken wurden auch nach der Umwandlung des Instituts weitergeführt. Die Universität stand bis in die NS-Zeit in enger Verbindung mit kolonialen und rassistischen Ideologien, und auch nach dem Zweiten Weltkrieg waren koloniale Denkmäler präsent, die erst durch studentischen Widerstand in den 1960er Jahren entfernt wurden. Viele der ursprünglichen Studiengänge, wie Afrikanistik und Orientalistik, existieren noch heute und spiegeln die koloniale Vergangenheit wider. Diese Spuren des Kolonialismus sind auch im Campus sichtbar, beispielsweise durch die nach Kolonialakteur*innen benannten Straßen und das Hauptgebäude, dessen Bau durch koloniale Gelder finanziert wurde.[9]

Was es mit dem Kolonialinstitut auf sich hat, kann man auf der Internetseite des Universität Hamburg einsehen. [10] Weiterhin findet man auf der Internetseite einen Blog mit dem Titel „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ mit zahlreichen Informationen, Terminen und Veranstaltungen. Dabei wird nicht spezifisch nur die historische Verstrickung der Universität Hamburg mit dem Kolonialismus behandelt, sondern soll allgemein Hamburgs koloniales Erbe aufgearbeitet werden. Weiterhin wurde vom entsprechenden Projektverbund eine App für mobile Geräte entwickelt, die sich vor allem auf Rundgänge durch die Stadt konzentriert.[11]

3.2 Freie Universität Berlin

Die Freie Universität Berlin wurde 1948 gegründet und beherbergt mehr als 35.000 Studierende. [12] Und auch wenn es nicht direkt mit dem kolonialen Erbe der Freien Universität Berlin im Zusammenhang steht, stand das Prüfungsbüro der Universität bereits dieses Jahr schon im Fokus. Dieses liegt in der Iltisstraße in Berlin, welche nicht, wie man vermuten könnte, nach dem gleichnamigen Tier benannt ist, sondern nach einem deutschen Kanonenboot.

Zusammen mit der Lansstraße, benannt nach dem Kommandanten der Iltis, und der Takustraße, die ihren Namen von der chinesischen Festung erhielt, welche beim Boxeraufstand 1900 beschossen wurde, erinnern diese kolonialen Straßennamen noch heute an die historischen Ereignisse. Im Juni dieses Jahres wurde eine Umbenennung der Straßen abgelehnt.[13] [14] Eine öffentliche Aufarbeitung der kolonialistisch historischen Verstrickungen in Form eines Blogs, einer Internetseite oder ähnliches, konnte ich bisher noch nicht finden.

Im letzten Jahr stand ebenfalls ein anderes Gebäude der Freien Universität in den Schlagzeilen, doch nicht wegen der Benennung der Straße, in der es steht. Es handelt sich um das ehemalige Kaiser-Wilhelm-Institut in der Ihnenstraße 22 in Berlin-Dahlem. Das Institut widmete sich von 1927 bis 1945 der Anthropologie, menschlichen Erblehre und Eugenik. So wurde es zu einem führenden Zentrum für Humangenetik und der „Rassenlehre“, in dem die Wissenschaftler/innen versuchten, Krankheiten, Verhalten und sogenannte „Rassenmerkmale“ als erblich nachzuweisen. Das Institut spielte eine zentrale Rolle in der Legitimation eugenischer Maßnahmen und forschte auch an den Körpern von Opfern nationalsozialistischer Vernichtungslager. In direkter Nähe zum Standort des ehemaligen Instituts wurden im letzten Jahr, unter anderem, menschliche Knochen entdeckt, die womöglich zu diesen Opfern gehören. [15]

Auf der Internetseite der Freien Universität Berlin findet man einen Beitrag zum Projekt „Geschichte der Ihnenstraße 22“. Das Projekt soll der Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit den Ereignissen an diesem Ort und ihren Folgen dienen und im Herbst dieses Jahres installiert und eröffnet werden. [16]

3.3 Universität Göttingen

Die Georg-August-Universität Göttingen wurde 1734 im heutigen Niedersachsen gegründet und zählte in dieser Zeit zu den größeren Universitäten Europas. [17] Einige Wissenschaftler*innen an der Universität Göttingen unterstützten durch ihre Forschungen und das Produzieren von Wissen die koloniale Herrschaft. Viele Forscher wie der Botaniker Albert Peter oder der Astronom Otto Tetens reisten in die Kolonien, wo sie bedeutende Entdeckungen machten, die ihre Disziplinen prägten. Einige blieben in Göttingen und trugen durch die Auswertung von kolonialem Material zur Forschung bei. Ihre Karrieren wurden durch Kolonialismus gefördert, und ihre Arbeit trug zur Legitimierung und Ausweitung kolonialer Strukturen bei.

Auch an Frauen in den deutschen Kolonien wurde geforscht, insbesondere bei den Reisen von Otto Tetens und Alfred Leber. Diese Forschungen waren stark von rassistischen und sexistischen Stereotypen geprägt. Fotografien und Untersuchungen stellten Frauen als exotische, sexualisierte Objekte dar und ignorierten ihre tatsächlichen Lebensumstände. Es wurde „wissenschaftliche“ Forschung und Untersuchungen an Frauen zur Erhöhung der Geburtenrate in den Kolonien betrieben, die die koloniale Herrschaft und die deutsche Geschlechterideologie stützen sollte. Diese Arbeiten hatten langfristig Einfluss auf die westliche Wahrnehmung dieser Frauen.

Zu diesen Ereignissen und noch vielen weiteren historischen Verstrickungen der Universität Göttingen und dem Kolonialismus findet man eine Internetseite mit dem Titel „Universität und Kolonialismus. Das Beispiel Göttingen“. Die Internetseite entstand aus einem Seminar der Universität heraus und soll insbesondere der Aufarbeitung von Zusammenhängen zwischen Wissenschaft und Kolonialismus dienen. [18]

3.4 Universität Tübingen

Im Jahr 1477 wurde die Eberhard-Karls-Universität Tübingen im heutigen Baden-Württemberg gegründet und zählt zu einer der ältesten Universitäten Europas. [19] Im Kaiserreich waren deutsche Universitäten, darunter auch Tübingen, stark in die koloniale Forschung eingebunden. Dabei dienten Wissenschaften, wie Ethnologie, Kolonialgeographie und Tropenmedizin, der Legitimation und praktischen Umsetzung kolonialer Herrschaft. Während der deutschen Kolonialzeit war die Tropenmedizin eng mit der Kolonialmedizin verbunden, die vor allem der medizinischen Versorgung europäischer Kolonisator*innen diente. Das Deutsche Institut für Ärztliche Mission spielte dabei eine zentrale Rolle, da es Missionsärzt*innen ausbildete und eng mit der Universität Tübingen kooperierte. An der Universität Tübingen gab es eine zunehmende Ausdifferenzierung dieser Disziplinen, die sich auch in der Wahl der Rektor*innen widerspiegelte, von denen einige eine koloniale Vergangenheit hatten. Mit dem Nationalsozialismus erlebte die Universität eine Gleichschaltung, die zur Förderung von Disziplinen führte, die im Einklang mit der Ideologie standen, wie Rassenkunde und Kolonialpolitik. Ab 1910, unter der Leitung von Carl Uhlig, verstärkte sich der koloniale Fokus, und das Institut wurde ein Zentrum für kolonialgeographische und auslandsdeutsche Forschung, auch während der NS-Zeit. 

Diese Entwicklungen endeten jedoch mit der nahenden Niederlage im Zweiten Weltkrieg. [20]

Auf der Internetseite der Universität Tübingen findet man im Fachbereich Wirtschaftsgeographie einige Informationen zu der Rolle der Universität in der Kolonialzeit und auch danach noch. Der Beitrag umfasst dabei nicht nur die Universität, sondern auch die Stadt Tübingen selbst.

4. Fazit

Die Abschlussarbeit beleuchtet die komplexen und oftmals problematischen historischen Verstrickungen von Universitäten mit dem Kolonialismus, insbesondere im Hinblick auf die Aufarbeitung dieser Vergangenheit. Er zeigt auf, dass renommierte Universitäten weltweit alle in unterschiedlichem Maße von kolonialer Ausbeutung profitierten und zur Aufrechterhaltung kolonialer Strukturen beitrugen.

In Harvard und Yale ist die Verbindung zur Sklaverei besonders deutlich, wobei beide Universitäten Schritte unternommen haben, um ihre koloniale Vergangenheit aufzuarbeiten. Initiativen wie das „Harvard & the Legacy of Slavery“-Projekt und das „Yale & Slavery Research Project“ sind Beispiele für den Versuch, diese historischen Verstrickungen transparent zu machen und Empfehlungen für den Umgang mit diesem Erbe zu entwickeln. Im Gegensatz dazu wirkt die Yale University in ihrer Vorgehensweise zwar ähnlich engagiert, doch bleibt die Diskussion um die tatsächliche Umsetzung und die Namensgebung der Universität weiterhin sensibel und umstritten.

Man sieht einen allgemeinen Trend, bei dem diese weltweit bekannten und renommierten Universitäten aus den Vereinigten Staaten eine umfangreiche Arbeit hinsichtlich der Aufarbeitung ihres kolonialen Erbes geleistet haben. Es war nicht schwer direkt von den Universitäten diese Informationen zu finden und die Internetseiten sind sehr ausführlich und umfassend.

In Deutschland weisen die Beispiele der Universität Hamburg, Freie Universität Berlin, Universität Göttingen und Universität Tübingen auf eine lange und tief verwurzelte Verbindung zum Kolonialismus hin, die sich sowohl in der historischen Forschung als auch in der akademischen Kultur dieser Universitäten manifestiert. Während einige dieser Institutionen, wie die Universität Hamburg, durch öffentliche Initiativen und digitale Plattformen versuchen, ihre koloniale Vergangenheit aufzuarbeiten, ist die Auseinandersetzung mit diesem Erbe in anderen Fällen, wie an der Freien Universität Berlin, weniger transparent und teils noch stark umstritten.

Abschließend muss gesagt werden, dass es sich hierbei um ausgewählte Beispiele handelt. Im europäischen Kontext haben auch weitere Universitäten wie Universität Antwerpen, Universität Amsterdam, Cambridge University und auch Oxford University auf ihren Internetseiten Informationen zu ihrem kolonialen Erbe.

So wie man einen ähnlichen Trend innerhalb der Universitäten der Vereinigten Staaten erkennt, sieht man einen großen Unterschied zwischen dem, was deutsche Universitäten bisher aufgearbeitet haben und was die amerikanischen Universitäten an Informationen bieten. Dabei muss man allerdings den Gründungszeitpunkt und weitere Umstände in den jeweiligen Ländern berücksichtigen. So sind die meisten der bekannten amerikanischen Universitäten sehr früh gegründet worden und haben eine viel tiefere Verstrickung in die Kolonialzeit als viele der deutschen Universitäten. Deshalb gilt es zu hinterfragen, ob es bei vielen der deutschen (und europäischen) Universitäten verhältnismäßig wenig Informationen gibt, weil sie diese bisher nicht aufgearbeitet haben oder weil es nicht viel aufzuarbeiten gibt. Trotzdem muss ich sagen, dass ich von den meisten europäischen Universitäten eher enttäuscht war bei der Suche nach Informationen zu ihrem kolonialen Erbe und es teilweise recht schwierig war, überhaupt etwas zu den historischen Rollen der Universitäten zu finden. Ich denke insbesondere Universitäten bieten eine gute Plattform um sich der historischen Verstrickung bewusst zu werden und diese weiterhin aufzuarbeiten und zu teilen. Sei es als vorgeschriebene Kurse für jeden Studiengang, Aufklärung über soziale Medien und digitale Plattformen oder öffentliche Projekte und Initiativen. Ich finde, dass auch insbesondere in naturwissenschaftlichen Studiengängen Themen wie Kolonialisierung und die daraus entstanden Folgen mehr thematisiert und eingebunden werden sollten.

5. Quellen

[1] Wikipedia-Autoren. (2003a, Juni 20). Harvard University. Abgerufen am 18. August 2024, von https://de.wikipedia.org/wiki/Harvard_University

[2] Harvard & the Legacy of Slavery | Radcliffe Institute for Advanced Study at Harvard University. (o. D.). Radcliffe Institute For Advanced Study At Harvard University. Abgerufen am 18. August 2024, von https://legacyofslavery.harvard.edu/

[3] Decolonize Harvard? (o. D.). Derek Bok Center, Harvard University. Abgerufen am 18. August 2024, von https://bokcenter.harvard.edu/decolonize-harvard

[4] Wikipedia-Autoren. (2004b, März 14). Yale University. Abgerufen am 18. August 2024, von https://de.wikipedia.org/wiki/Yale_University

[5] Pandey, B. G. (2024, 13. März). Elihu Yale: The cruel and greedy Yale benefactor who traded in Indian slaves. Abgerufen am 18. August 2024, von https://www.bbc.com/news/world-asia-india-68444807

[6] Our Forward-Looking commitment | The Yale & Slavery Research Project. (o. D.). Abgerufen am 18. August 2024, von https://yaleandslavery.yale.edu/our-forward-looking-commitment

[7] Wikipedia-Autoren. (2004a, Februar 15). Princeton University. Abgerufen am 18. August 2024, von https://de.wikipedia.org/wiki/Princeton_University

[8] Project history. (o. D.). Abgerufen am 18. August 2024, von https://slavery.princeton.edu/about/project-history

[9] De Lisboa, A. B. /. E. /. M. (o. D.-a). Vom Kolonialinstitut zur Universität | ReMapping Memories Lisboa. ReMapping Memories Lisboa. Abgerufen am 18. August 2024, von https://www.re-mapping.eu/de/erinnerungsorte/vom-kolonialinstitut-zur-universitat

[10] De Lisboa, A. B. /. E. /. M. (o. D.). Vom Kolonialinstitut zur Universität | ReMapping Memories Lisboa. ReMapping Memories Lisboa. Abgerufen am 18. August 2024, von https://www.re-mapping.eu/de/erinnerungsorte/vom-kolonialinstitut-zur-universitat

[11] App: Koloniale Orte (iOS/Android) – Hamburgs (post-)koloniales Erbe. (o. D.). Abgerufen am 18. August 2024, von https://kolonialismus.blogs.uni-hamburg.de/app-koloniale-orte-ios-android/

[12] Wikipedia-Autoren. (2002, 17. Dezember). Freie Universität Berlin. Abgerufen am 18. August 2024, von https://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Universit%C3%A4t_Berlin

[13] Buchholz, B. (2024, 22. Juni). Berliner Lokalparlament lehnt Umbenennung ab: Iltis-, Taku- und Lansstraße behalten ihre kolonialen Namen. Tagesspiegelhttps://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/berliner-lokalparlament-lehnt-umbenennung-ab-iltis-taku-und-lansstrasse-behalten-ihre-kolonialen-namen-11874776.html#:~:text=Die%20Iltisstra%C3%9Fe%20wird%20weiter%20nach,Fr%C3%BChsommer%20des%20Jahres%201900%20beschoss.

[14] Schleiermacher, U. (2022, 19. Juli). Straßenumbenennung an der FU Berlin: Koloniale Kanonenkugel zum Uni-Start. TAZ Verlags- und Vertriebs GmbH. Abgerufen am 18. August 2024, von https://taz.de/Strassenumbenennung-an-der-FU-Berlin/!5868729/

[15] Auf FU-Gelände gefundene menschliche Überreste werden beigesetzt. (o. D.). Rbb24 Website. Abgerufen am 18. August 2024, von https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/03/berlin-fu-campus-knochen-fund-bestattung-eugenik-opfer.html

[16] Projekt »Geschichte der Ihnestrasse 22«. (o. D.). Abgerufen am 18. August 2024, von https://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/gesch-ihne22/index.html

[17] Wikipedia-Autoren. (2003a, September 2). Georg-August-Universität Göttingen. Abgerufen am 18. August 2024, von https://de.wikipedia.org/wiki/Georg-August-Universit%C3%A4t_G%C3%B6ttingen

[18] Kolonial, G. (o. D.). Aktuelles. Abgerufen am 18. August 2024, von https://goettingenkolonial.uni-goettingen.de/index.php/aktuelles

[19] Wikipedia-Autoren. (2003b, November 4). Eberhard Karls Universität Tübingen. Abgerufen am 18. August 2024, von https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_Karls_Universit%C3%A4t_T%C3%BCbingen

[20] Tropenmedizin in Tübingen | Universität Tübingen. (2022, 12. Juli). Abgerufen am 18. August 2024, von https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/mathematisch-naturwissenschaftliche-fakultaet/fachbereiche/geowissenschaften/arbeitsgruppen/geographie/forschungsbereich/wirtschaftsgeographie/arbeitsgruppe/kolonialismus-in-tuebingen/tropenmedizin-in-tuebingen/


Quelle: Cristina Serrano Quella, Versäumte Aufarbeitung? Der Umgang westlicher Universitäten mit ihrem kolonialen Erbe, in: Blog ABV Gender- und Diversitykompetenz FU Berlin, 23.10.2024, https://blogs.fu-berlin.de/abv-gender-diversity/?p=479

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