25. Februar 2018 von Philipp Krämer
Wer Sprachpuristen ein wenig ärgern will, kann bei Vergleichen absichtlich zum ‚falschen‘ Wörtchen greifen. Das funktioniert auf Deutsch und auf Niederländisch:
Ida ist größer wie Anna.
statt
Ida ist größer als Anna.
Ida is groter als Anna.
i.p.v.
Ida is groter dan Anna.
Deutscher Handtuchparkplatz. (D. Vorderstraße, CC-BY-SA 2.0)
In beiden Sprachen benutzt man umgangssprachlich oft die Form, die korrekt wäre, wenn beide gleich groß wären: genauso groß wie oder even groot als. In den Sätzen oben ist die Form mit als auf Deutsch die standardsprachliche, auf Niederländisch dagegen gerade nicht. Das ist kurios, aber nicht ganz überraschend, denn als ist in den beiden Sprachen schließlich nicht exakt identisch.
Das gilt auch für die temporale bzw. konditionale Verwendung:
Als ik mag, ga ik mee.
Wenn ich darf, geh ich mit.
Toen ik kwam, was jij al weg.
Als ich kam, warst du schon weg.
Trotzdem gibt es zwischen den beiden Sprachen auch eine Überschneidung, nämlich in der Verwendung von als im Sinne von in der Qualität von oder tritt auf in der Rolle von. Beispielsweise:
Ich als Sprachwissenschaftler…
Ik, als taalkundige…
Ob ich wirklich Sprachwissenschaftler bin oder mir das lediglich vorstelle, lässt sich aus dem als alleine noch nicht ablesen. Dazu braucht man zum Beispiel die passende Verbform im Satz oder aber die richtige Satzstellung:
Ich als Sprachwissenschaftler weiß, dass… (d.h. ich bin wirklich einer)
Ich als Sprachwissenschaftler würde empfehlen, dass… (d.h. ich bin wirklich einer, aber meine Empfehlung ist unsicher)
Als Sprachwissenschaftler würde ich empfehlen, dass… (ambivalent: entweder ich bin Sprachwissenschaftler und meine Empfehlung ist unsicher, oder aber ich bin keiner und würde etwas empfehlen, wenn ich einer wäre.)
Ik, als taalkundige, weet dat… (d.h. ich bin wirklich einer)
Ik, als taalkundige, zou aanbevelen dat… (d.h. ich bin wirklich einer, aber meine Empfehlung ist unsicher)
Als taalkundige zou ik aanbevelen dat… (vielleicht weniger ambivalent als auf Deutsch, d.h. ich bin Sprachwissenschaftler und meine Empfehlung ist unsicher)
Beim jeweils letzten Satz gibt es natürlich eine bessere Alternative, die auf jeden Fall nicht mehr zweideutig ist (die aber ein paar Fallen im Fremdspracherwerb zwischen Deutsch und Niederländisch mit sich bringt):
Wenn ich Sprachwissenschaftler wäre, würde ich…
Als ik taalkundige was, zou ik…
Um die Aussage eindeutiger zu machen, hilft manchmal auch der Artikel weiter:
Wie ein Sprachwissenschaftler würde ich… (d.h. in der Art und Weise, als wäre ich einer)
Als een taalkundige zou ik…
In beiden Fällen bleibt das Niederländische beim als, das Deutsche nicht mehr. Hier geht es nämlich einmal eindeutig um Konditionalität und nicht mehr um die Qualität von, und einmal um einen Vergleich der Art genauso wie. Das als kann aber auf magische Weise noch mehr. De Standaard schreibt in einer Überschrift:
Boek uw reis als Duitser en spaar honderden euro’s uit
Das schöne Paar von falschen Freunden zwischen uitsparen und aussparen lassen wir mal beiseite. Warum aber als Duitser? Das Internet macht die Sache hier finanziell leichter, aber sprachlich schwieriger. Man muss sich beim Buchen natürlich nicht benehmen wie ein Deutscher (z.B. währenddessen Helene Fischer hören oder auf Autobahnen ohne Tempolimit bestehen) oder die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Das alles ist dank EU nicht nötig. In Deutschland buchen muss man auch nicht, denn man kann ja bequem zuhause in Belgien bleiben und das online erledigen. Gemeint ist natürlich: Buchen Sie Ihre Reise bei einem deutschen Anbieter oder über eine deutsche Webseite – bloß ist das zu lang für eine Überschrift. Das als bedeutet also so als wären Sie Deutsche/r. Man kann nur hoffen, dass das Posieren als Duitser nicht weitergeht bis zur Reise – Sandalen mit Socken oder Handtücher als Liegestuhlreservierung sind leider immer noch verbreiteter als wie gedacht.