Videodokumentation des Online-Events: “Ene, mene, muh und raus bist Du”?: Rassismus statistisch und juristisch erfassen

Bildquelle: Cedis FU Berlin

Wie können Daten zu Rassismus statistisch und juristisch erfasst werden? Welche Begriffe werden für die Erfassung von Diskriminierung, Quantifizierung, Intersektionalität, Rassismus und Repräsentation in offziellen Statistiken und Forschungsumfragen benötigt? Welche Rolle spielt der Begriff „Rasse“? 

Autorin: Angelina Uhl 

Wie können Daten zu Rassismus statistisch und juristisch erfasst werden? Welche Begriffe werden für die Erfassung von Diskriminierung, Quantifizierung, Intersektionalität, Rassismus und Repräsentation in offziellen Statistiken und Forschungsumfragen benötigt? Welche Rolle spielt der Begriff „Rasse“? 

Das Margherita-von-Brentano-Zentrum, der Masterstudiengang Gender, Intersektionalität und Politik und die Toolbox Gender und Diversity in der Lehre veranstalteten am 15.12.2021 ein für alle Mitglieder der Freien Universität Berlin sowie für weitere interessierte Personen organisiertes Online-Event, bei dem diese Fragen thematisiert wurden.

Das Online-Event ist die zweite Veranstaltung der Eventreihe Diversity, Racism and the Broken Promise of Inclusion in German Higher Education, wofür im Zeitraum von November 2021 bis Februar 2022 zu insgesamt vier Terminen eingeladen wird. Die Veranstaltungsreihe widmet sich der Entwicklung von Diversitätspolitik innerhalb deutscher Hochschulen und beschäftigt sich mit Schwierigkeiten bei der intersektionalen Datenerhebung und -analyse, mit Spannungen bei der Umsetzung von Diversitätstrategien und möchte damit aus verschiedenen Perspektiven einen Beitrag zu den Debatten um Rassismus und Diversität in der deutschen Hochschulbildung leisten. Weitere Informationen und das Programm dazu finden sich hier.

Es diskutierten: 

  • Dr. Linda Supik (Soziologin mit dem Schwerpunkt Migration und Kultur an der Goethe Universität Frankfurt)
  • Dr. Cengiz Barskanmaz (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin)

Einblicke: 

Dr. Linda Supik griff in ihrem Impulsvortrag anfangs die Frage auf, wie vergeschlechtlichte, rassifizierende und klassistische Dimensionen von sozialer Ungleichheit in ihrer Komplexität aus intersektionaler Perspektive quantifiziert und erfasst werden können. Sie betonte die Notwendigkeit einer auf Daten basierenden ausgeweiteten Gleichstellungspolitik auf Variablen von Ethnizität und rassifizierenden Zuschreibungen an Hochschulen. Spannend ist auch ein Methodenvergleich zur Datenerhebung auf internationaler Ebene. Beispielsweise ist die Unterscheidung von white/black für empirische Daten im Migrations-, Diversity- und Rassismuskontext in den USA gänzlich etabliert. Diese subjektive Identitätsfrage beinhaltet keine weiteren Wahrheitskriterien als die Auskunft der jeweiligen Person im Gegensatz zu der in Deutschland verwendeten Kategorie Migrationshintergrund.  Welche Vor- und Nachteile haben die unterschiedlichen Ansätze? 

In den Literaturhinweisen unten finden sich Beispiele aus dem deutschen Kontext, in denen subjektive Identitätsfragen verwendet und operationalisiert werden, wodurch die Methodendiskussion erweitert wird. 

Dr. Cengiz Barskanmaz diskutierte anfangs verschiedene Beispiele von Kategorisierungen anhand konkreter rechtlicher Normen sowie Definitionen von Diskriminierung und damit einhergehende Begriffe. Er unterstrich die Differenz zwischen unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung, die sich auch in ihrer Notwendigkeit der Datenerhebung unterscheidet. Interessant ist auch wie der Begriff „Rasse“ aus einer juristischen Perspektive diskutiert wird und welche Folgen die kontinuierliche Vermeidung des Begriffs mit sich bringt. Wie findet die Auseinandersetzung damit in einem postnationalsozialistischen Kontext statt?

  • Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz

Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

  • § 3 Abs. 1 PartMigG

Als Personen mit Migrationsgeschichte gelten Personen mit Migrationshintergrund (1), Personen, die rassistisch diskriminiert werden (2) und Personen, denen ein Migrationshintergrund allgemein zugeschrieben wird (3). Diese Zuschreibung kann insbesondere an phänotypische Merkmale Sprache, Namen, Herkunft, Nationalität und Religion anknüpfen.

  • § 130 StGB

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,(Nr 1.)gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder […]

  • § 46 Nr. 14 lit. a Bundesdatenschutzgesetz

„besondere Kategorien personenbezogener Daten“ Daten, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen […]

  • § 48 Bundesdatenschutzgesetz

(1) Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn sie zur Aufgabenerfüllung unbedingt erforderlich ist.

  • § 81 e Abs. 2 Strafprozessordnung

[…] Nach Absatz 1 zulässige Untersuchungen dürfen auch an aufgefundenem, sichergestelltem oder beschlagnahmtem Material durchgeführt werden. Ist unbekannt, von welcher Person das Spurenmaterial stammt, dürfen zusätzlich Feststellungen über die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das Alter der Person getroffen werden.

Literaturhinweise: 

Veranstalterinnen:

Melanie Bittner (Toolbox Gender und Diversity in der Lehre), Dr. Heike Pantelmann, Dr. Sabina García Peter (Margherita-von-Brentano-Zentrum), Prof. Dr. Gülay Çağlar, Dr. Jennifer Chan de Avila (Masterstudiengang Gender, Intersektionalität und Politik)

Organisatorische Informationen:

Die nächsten Events innerhalb der Reihe finden in Webex-Events statt. Sie können sich über einen moderierten Chat an der Diskussion beteiligen. Bitte melden Sie sich im Voraus über das Anmeldeformular für die jeweilige Veranstaltung an. Den Webex-Link erhalten Sie dann wenige Tage vor den Veranstaltungen.

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