Gleichstellung international voranbringen

Delegationen der University of Cape Coast, der Kenyatta University und der Freien Universität trafen sich eine Woche lang im Rahmen des internationalen Projekts EQUIP in Berlin. In verschiedenen Formaten diskutierten sie über Konzepte mit dem Ziel, Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit an ihren Hochschulen nachhaltig zu etablieren.

In dem vierjährigen, DAAD-geförderten Projekt EQUIP (Equal Opportunities in Higher Education) kooperieren Gleichstellungsakteur*innen der University of Cape Coast (UCC) in Ghana, der Kenyatta University (KU) in Nairobi, Kenia, und der Freien Universität Berlin. Nach zwei digitalen Workshops zur Qualifikation von Gleichstellungsakteur*innen im vergangenen Jahr war es vom 29. August bis 2. September 2022 endlich wieder so weit: Die Delegationen der beteiligten Universitäten trafen sich zwecks Austausch und Zusammenarbeit in Berlin.

Begrüßt wurden die Teilnehmer*innen von Gülay Çağlar, Leiterin des Arbeitsbereichs Gender und Diversity und Professorin für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut, sowie Britta Schütt, ehemalige Vizepräsidentin für Gleichstellung und Internationales. Einen kurzen Einblick in die internationale Vernetzung bot Florian Kohstall vom Center for International Cooperation der FU.

Porträt: Vier Vertreter*innen des EQUIP-Projekts: v.l.: Akua Opokua Britwum (University of Cape Coast, Ghana), Gülay Çağlar (Freie Universität Berlin, Deutschland), Pacificah Florence Okemwa (Kenyatta University, Kenia) und Wendy Stollberg (Freie Universität Berlin, Deutschland). Foto: Rakaia El-Kasaby

Von der FU-Seite war neben Gülay Çağlar und Britta Schütt das Team Zentrale Frauenbeauftragte beteiligt, vertreten durch Wendy Stollberg, Referentin für Weiterbildung und Internationalisierung im Team und Koordinatorin des FUTURA-Programms, sowie Katharina Schmidt, Stellvertreterin der Zentralen Frauenbeauftragten.

„Patchwork“ – vielfältige Themen und doch ein Ganzes

Das Programm für die Woche war ehrgeizig. Nach einem ersten intensiven Austausch über gewonnene Erkenntnisse unter dem Stichwort „lessons learned“ wurden folgende Themen in unterschiedlicher Zusammensetzung behandelt:

  • Feminismus in Ghana und Kenia: Dr. Amanda Odoi (UCC) und Dr. Pacificah Florence Okemwa (KU) gaben einen Input zur Lage des Feminismus in ihren Ländern, gefolgt von einer angeregten Diskussion, etwa über Gemeinsamkeiten und länderspezifische Unterschiede hinsichtlich eines nicht-binären Verständnisses von Geschlecht.
  • Etablierung eines universitären Drehkreuzes („Hub“) für Gleichstellung der Geschlechter auf dem afrikanischen Kontinent: Angeregt unter anderem durch einen Beitrag von Dr. Christine Kurmeyer, Zentrale Frauenbeauftragte der Charité – Universitätsmedizin, wurde über Strategien diskutiert, Gleichstellungsstrukturen in der Region zu etablieren und zu stärken. Hintergrund ist das Vorhaben, die UCC auf der Basis ihrer Vernetzung mit anderen ghanaischen Universitäten wie auch mit Akteur*innen aus Bildung und Zivilgesellschaft zu einem „Hub“ für Geschlechtergerechtigkeit auf dem afrikanischen Kontinent aufzubauen. Im Rahmen des Kooperationsprojekts hat die UCC bereits eigene Gleichstellungsbeauftragte ausgebildet und ein entsprechendes Qualifizierungsprogramm entwickelt – angelehnt an das FU-eigene Weiterbildungsprogramm FUTURA. Unter dem Stichwort „zweiter Hub“ wurde die Perspektive diskutiert, auf mehrere Institutionen in der Region zu setzen, um Gleichstellungsakteur*innen fortzubilden.
  • Erstellung eines Frauenförderplans: Katharina Schmidt (FU) präsentierte das Instrument eines bereichsbezogenen Frauenförderplans und dessen Ableitung von einem zentralen Gleichstellungskonzept. Dabei wurde erörtert, welche Vorgehensweisen sich in der Praxis bewährt haben – und welche nicht.
  • Institutioneller Umgang mit Sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt (SBDG): Wendy Stollberg (FU) berichtete über die Arbeit der AG SBDG und die Etablierung der SBDG-Richtlinie an der FU. Dem schloss sich ein lebhafter Austausch über vergleichbare Strukturen an der UCC und der KU an.
  • Aktionsplan Gleichstellung und dezentrale Gleichstellungsstrukturen: Die ghanaische Delegation, die von Anfang an an dem Projekt beteiligt und bereits 2019 in Berlin zu Gast war, nutzte die Zeit außerdem, um intensiv an ihrem Aktionsplan Gleichstellung zu arbeiten. Währenddessen besuchte die kenianische Delegation, die seit einem Jahr als Projektpartnerin aktiv ist, die Heinrich-Böll-Stiftung sowie das Margherita-von-Brentano-Zentrum. Weiterhin tauschte sie sich mit Vertreterinnen des Teams Zentrale Frauenbeauftragte und der Sprecherin des Plenums der Frauenbeauftragten der FU, Dr. Beate Schattat, über dezentrale Gleichstellungsstrukturen aus.

Ausblick: noch viel Potenzial vorhanden

Eine Bilanz des Besuchs ist, dass alle Beteiligten in den vergangenen gut dreieinhalb Jahren von dem Austausch profitieren konnten. Gleichstellungsstrukturen wurden aufgebaut, Maßnahmen entwickelt und z.T. bereits umgesetzt. An der UCC haben Gender Equality Officers ihre Arbeit aufgenommen mit ähnlichen Aufgaben wie Frauenbeauftragte an der FU. Angeregt durch das FU-Programm FUTURA haben die Kolleg*innen an der UCC zahlreiche Weiterbildungen von kurzen Webinaren bis zu ganztägigen Präsenzworkshops durchgeführt – für Mitglieder ihrer Hochschule, kooperierende Einrichtungen in Ghana und die Kolleg*innen der KU. Eine Gleichstellungssatzung steht an der UCC kurz vor dem Inkrafttreten.

Die KU wiederum hat, inspiriert durch die Kooperation, mit einer Analyse ihrer Gleichstellungsstrukturen begonnen. Auch die Gleichstellungsakteurinnen der FU gewinnen immer wieder Anregungen für ihre Arbeit. Dazu zählen eine SWOT-Analyse (SWOT, englisches Akronym für Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken) zur Identifizierung von Unterstützer*innen an der eigenen Hochschule oder konkrete Maßnahmen gegen Sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt. Angesichts der Ergebnisse erscheint eine Fortsetzung, ggf. auch eine Erweiterung der Kooperation überaus sinnvoll. Das Potenzial dieses Austauschs, da sind sich alle Beteiligten einig, ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Die Etablierung von Drehkreuzen („Hubs“) für Gleichstellung

Die ursprüngliche Idee, mit der UCC ein universitäres Drehkreuz („Hub“) für Gleichstellung der Geschlechter auf dem afrikanischen Kontinent zu etablieren, greift allerdings zu kurz. Der Blick auf übliche Online-Karten (Abb. 1) erweckt zwar den Eindruck, die Standorte der UCC und der KU, Cape Coast und Nairobi, lägen im Vergleich zu Berlin deutlich näher beieinander. Allerdings verzerrt die gängige kartografische Darstellung, die Mercator-Projektion, die Größenverhältnisse zuungunsten äquatornaher Länder. Sie werden im Verhältnis zu polnahen Ländern sehr viel kleiner dargestellt. Diese Verzerrung der Größenverhältnisse hat zur Folge, dass auch die Entfernungen zwischen den drei Standorten nicht realitätsgerecht abgebildet werden.

Werden die Größenverhältnisse hingegen realitätsgerecht visualisiert (Abb 2), bilden die Standorte der drei Projektpartner ein nahezu gleichseitiges Dreieck. Angesicht einer Entfernung von fast 6.000 km zwischen Cape Coast und Nairobi – dies entspricht etwa der Entfernung zwischen Berlin und Nowosibirsk – liegt auf der Hand, dass ein „Hub“ für die Region schwerlich ausreichen kann. Zwar gibt es in der Gleichstellungsarbeit der beiden afrikanischen Projektpartner viele Gemeinsamkeiten, jedoch unterscheiden sich die universitären, kulturellen und politischen Rahmenbedingungen je nach Land erheblich. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, neben der UCC einen zweiten „Hub“ für Gleichstellungsarbeit an der KU aufzubauen.

Im Dezember ist die Abschlusskonferenz von EQUIP in Ghana geplant. Die Projektbeteiligten hoffen, dass es gelingt, die Gleichstellungsstrukturen an den drei Partneruniversitäten weiter zu stärken und die Kooperation auch über die Projektlaufzeit hinaus fortzusetzen.

Katharina Schmidt, Stellvertreterin der Zentralen Frauenbeauftragten der Freien Universität Berlin


Über das EQUIP-Treffen berichtet auch campus.leben unter dem Titel „Gemeinsam für mehr Gleichstellung“.

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