Hurra! 5 Jubiläen der FU-Frauenforschung

Alles Gute zum 50., 40., 35. und 5. Jahrestag! Die Geschlechterforschung an der FU kann dieses Jahr auf einige Meilensteine zurückblicken. Sei es die erste Frauenforschungsprofessur oder die Schaffung der ZEFG und ihrer Nachfolgerin: Diese Errungenschaften prägen die Hochschule bis heute. Das Team Zentrale Frauenbeauftragte gratuliert herzlich!

Jedes Jahr zum Aktions- und Wissenschaftstag #4GenderStudies werden die Relevanz, die Vielfalt und der Einfluss der Geschlechterforschung gefeiert. Alle Veranstaltungen dazu gibt es im Gender-Kalender der afg. Das Team Zentrale Frauenbeauftragte feiert mit, aber damit nicht genug: Für die Geschlechterforschung und Gleichstellungsakteur*innen an der FU gibt es dieses Jahr noch viele weitere Anlässe, die Gläser zu heben. Auf diese fünf Jubiläen stoßen wir an:

1971: Erste Lehrveranstaltungen in der Frauenforschung

Heutzutage ist es selbstverständlich, im Vorlesungsverzeichnis über zahlreiche Veranstaltungen aus den Gender Studies zu stolpern. Das war nicht immer so – und doch gab es an der FU schon vor 50 Jahren Lehrveranstaltungen, deren Fokus explizit auf Frauen lag. „Frauenemanzipation“ und „Zur Lage der Frau im Erwerbsleben“ der BRD hießen die ersten Seminare im Jahr 1971. Mit der Zeit wurden immer mehr dieser Kurse nur für Frauen angeboten, für Lernerfahrungen frei von männlichem Dominanzverhalten – das Konzept „safe space“ ist also nicht neu. Oft wurden die Veranstaltungen übrigens in Kooperationen zwischen den Dozentinnen, meist aus dem Mittelbau der Sozialwissenschaften, und den Studentinnen gestaltet.

1981: Erstes Seminar zu Lesbenforschung…

Dass Frauen keine einheitliche Gruppe sind und Faktoren wie race oder der ökonomische Status die Erfahrung als Frau maßgeblich prägen, klang in den Lehrveranstaltungen der FU schon in den 1980ern an. 1981 widmete sich Gudrun Schwarz, damals Leiterin des Lesbenarchivs „Spinnboden“, in ihrer Lehrveranstaltung „Lesbianismus in der Literatur und der Frauenbewegung in Deutschland“ erstmals explizit lesbischen Lebenswelten. Heute werden Veranstaltungen aus den Gender und Queer Studies nicht nur an zahlreichen Fachbereichen angeboten, sie lassen sich auch ganz einfach finden. Zu verdanken ist dies dem Margherita-von-Brentano-Zentrum, das mit seiner Agenda jedes Semester ein Vorlesungsverzeichnis erstellt, in dem alle Lehrveranstaltungen mit Fokus auf Geschlecht und Diversität aufgeführt sind.

1981: …und der Anfang der ZE(FG)

Das erste Logo der ZE prägte etwa deren Publikation „Frauen-Informationsblatt“

Mit der zunehmenden Beliebtheit solcher Seminare wurden auch die Rufe nach einer festen Verankerung von Geschlechterforschung an der FU lauter. Nach einem Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses 1978 konzipierte eine Planungsgruppe ab dem Folgejahr ein Konzept für einen wissenschaftlichen Forschungs- und Studienschwerpunkt in der Frauenforschung. 1981 war es dann so weit: Die „Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung“ war geschaffen, nach dem Interdisziplinären Frauenforschungszentrum (IFF) der Universität Bielefeld das erste Koordinations- und Forschungszentrum dieser Art. Die Ziele der „ZE“ – wie sie damals bezeichnet wurde – waren von Beginn an vielfältig: Anregung und Durchführung von Lehrveranstaltungen, Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses, Dokumentation, Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit – zu viel für eine Einrichtung, die zunächst aus drei wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen (Elisabeth Böhmer, Johanna Kootz, Ulla Bock) und einer Sachbearbeiterin bestand. Auch deshalb war die ZE maßgeblich daran beteiligt, ab Mitte der 1980er Jahre die Position der Frauenbeauftragten zu schaffen, zunächst in den Fachbereichen und Zentralinstituten, ab 1991 erstmals auf zentraler Ebene – ein Jubiläum, das wir demnächst im Blog gesondert würdigen.

2000 wurde die ZE dann in „Zentraleinrichtung zur Förderung für Frauen- und Geschlechterforschung“ (ZEFG) umbenannt und trug so einem grundsätzlichen Wandel in der Disziplin Rechnung: Nicht Frauen, sondern Geschlechterverhältnisse insgesamt stehen seit einigen Jahrzehnten zunehmend im Zentrum der Analyse.

1986: Die ersten Frauenforschungsprofessuren

Plakat zur Anhörung der Bewerberinnen für die Frauenforschungsprofessur am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft. Quelle: FFBIZ

Waren die ersten Lehrveranstaltungen im Bereich der Frauenforschung noch auf Initiative des Mittelbaus und der Studentinnen entstanden, gab es vor 35 Jahren Veränderungen auf höherer Ebene: Ab 1986 richtete die FU die ersten ordentlichen Frauenforschungsprofessuren ein. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass Geschlecht nicht nur eine Kategorie unter vielen ist, sondern im Zentrum der Erkenntnisgewinnung und Theoriebildung steht. Schon 1983 und 1984 gab es erste Vorstöße in die Richtung, allerdings handelte es sich lediglich um befristete Zweidrittelstellen. Die erste ordentliche Frauenforschungsprofessur hatte Ulrike Brückner in den Erziehungswissenschaften inne; es folgten die Disziplinen Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft (1988), Geschichtswissenschaft (1991) und Soziologie (1993). Ulla Bock, selbst Gründungsmitglied der ZE, hat sich über die Jahre als sorgfältige Chronistin der Frauenforschung an der FU und darüber hinaus hervorgetan.

Bis heute hängt es stark von der Hochschule ab, ob und wie Studierende in Kontakt mit Geschlechterforschung kommen: So konzentriert sich die Hälfte aller 185 Genderprofessuren an nur 17 Universitäten, die meisten davon in Berlin und Nordrhein-Westfalen. 2018 war die FU deutschlandweit die Universität mit den meisten Professuren mit einem Schwerpunkt auf Gender Studies. Hier gibt es zwölf Professuren, gefolgt von der Humboldt-Universität mit elf und der Universität Bielefeld mit acht.

2016: Die ZEFG geht über ins Margherita-von-Brentano-Zentrum

Das Margherita-von-Brentano-Zentrum (MvBZ) wird 2021 fünf Jahre alt. Es ist die Nachfolgeinstitution der ZEFG, des Interdiziplinären Zentrums Geschlechterforschung (IZG) und des GenderNet.

Benannt wurde das MvBZ nach der ersten Vizepräsidentin der FU, einer leidenschaftlichen und kritischen Philosophin, Kämpferin für Frauenrechte und gegen Antisemitismus. Die Einrichtung übernimmt ein breites Spektrum an Aufgaben: Sie betreibt Wissenschaftskommunikation, regt gendersensible Lehre an, vernetzt Wissenschaftler*innen über Disziplinen- und Ländergrenzen hinweg und verknüpft dabei Gender-Aspekte mit anderen Diversity-Kategorien. Der Paradigmenwechsel in der Geschlechterforschung, der sich schon in der Umbenennung der Zentraleinrichtung andeutete, ist hier deutlich zu sehen.

Das Logo des MvBZ

In nur fünf Jahren hat sich das MvBZ vielfältig vernetzt und beachtliche wissenschaftliche Akzente gesetzt. Auf Initiative der Geschäftsführung Dr. Heike Pantelmann beleuchtet ein transnationales Forschungsprojekt „Sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt im Hochschulkontext“ und sammelt Erfahrungen von Betroffenen. Forschungsergebnisse werden im Open Gender Journal, einer begutachteten Open-Access-Zeitschrift mitherausgegeben von MvBZ, und in der mexikanischen Zeitschrift Debate Feminista parallel veröffentlicht.

Auch mit der 2016 gegründeten Datenbank GenderOpen-Repositorium hat sich das MvBZ der frei zugänglichen Bereitstellung von Beiträgen aus der Geschlechterforschung verschrieben. An diesem Projekt, 2016 bis 2019 von der DFG gefördert, sind außerdem das Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien der Humboldt-Universität sowie das Zentrum für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der Technischen Universität beteiligt. Weiterhin forscht das Zentrum aktuell in Kooperation mit der Universität Jena im Teilprojekt „Eigentum am menschlichen Körper im Kontext transnationaler Reproduktionsökonomien“ des SFB/Transregio 294.

Wie keine andere Einrichtung bringt das MvBZ Geschlechterforschung in unseren Hochschulalltag: Es pflegt und erweitert den Bestand des Sammelschwerpunkts Geschlechterforschung in der Campus-Bibliothek – über 5.400 Bücher sind dort heute zu finden. Bei den Gender Lunch Talks kann man beim Mittagessen spannenden Vorträgen lauschen, die englischsprachigen Transnational Feminist Dialogues befassen sich mit globalen Geschlechterverhältnissen. Das Team Zentrale Frauenbeauftragte kooperiert mit dem gemeinsamen Projekt Toolbox Gender und Diversity in der Lehre von Beginn an mit dem MvBZ und gratuliert den Kolleg*innen herzlich!

Quellen

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