Kinderbetreuung, Homeschooling und Hausarbeit werden meist von Frauen geleistet und gesellschaftlich kaum gewürdigt. Durch pandemiebedingte Kita- und Schulschließungen haben westdeutsche Väter ihre Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Müttern teilweise revidiert. Führen die Pandemiemaßnahmen zu Rückschritten in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
Die coronabedingten Kita- und Schulschließungen leisten einer Retraditionalisierung der Geschlechterrollen Vorschub. Das zeigt die Studie „Cracking Under Pressure? Gender Role Attitudes toward Maternal Employment in Times of a Pandemic“ von Mathias Huebener, Christa Katharina Spieß und Gert Georg Wagner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sowie Natalia Danzer, Professorin für empirische Wirtschaftsforschung und Gender, und Astrid Pape, Doktorandin, beide am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität. Während vor Ausbruch der Corona-Pandemie noch rund 60 Prozent der Väter mit jungen Kindern egalitäre Einstellungen mit Blick auf die Erwerbstätigkeit von Müttern vertraten, waren es ein Jahr später nur noch rund 54 Prozent, also ganze zehn Prozent weniger.
Für Väter in Westdeutschland können die Forscher*innen den Rückgang direkt und im statistisch signifikanten Sinne auf die Kita- und Schulschließungen zurückführen. Für ostdeutsche Väter lassen sich solche Effekte hingegen nicht nachweisen. Nicht nur habe die Pandemie dazu geführt, dass Aufgaben im Haushalt weniger egalitär verteilt werden, sondern die Rollenbilder hätten sich auch insgesamt verändert – und zwar zum Nachteil der Frauen. In Westdeutschland wurde die Entwicklung hin zu egalitären Geschlechterrollen nicht nur gebremst, sondern sogar umgekehrt. Die Autor*innen schlussfolgern, dass Kita- und Schulschließungen über die veränderte Aufgabenteilung in Familien hinaus langfristig die Gleichstellung von Frauen beeinträchtigen können. Sie sollten bei künftigen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch deshalb, soweit möglich, vermieden werden.