Code of Conduct: Respekt für Vielfalt

“We are Ladies and Gentlemen serving Ladies and Gentlemen.” Dieses Motto hat sich das Unternehmen Ritz-Carlton auf die Fahnen geschrieben und daraus seine “Gold Standards“ entwickelt. In der freien Wirtschaft und an Universitäten im englischsprachigen Ausland sind Leitbilder und Verhaltenskodexe gang und gäbe. Doch wie sieht es an der FU aus?

Im vergangenen Jahr wurde in einem partizipativen Strategieprozess das Leitbild Studium und Lehre entwickelt; im Juni 2020 beschloss das Präsidium einen universitätsweiten Code of Conduct für die digitale Lehre. Ein allgemeiner universitätsweiter Verhaltenskodex steht bislang aus. Anders verhält es sich am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien (JFK), das unlängst einen eigenen JFK Code of Conduct verabschiedete.

Das JFK hatte sich bereits vor der Pandemie mit der Idee getragen, einen eigenen Code of Conduct zu entwickeln. Aufgrund des attraktiven englischsprachigen Studienprogramms treffen an dem Zentralinstitut Studierende und Wissenschaftler*innen aus der ganzen Welt mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen aufeinander. Diese Vielfalt bildet eine wertvolle Ressource, kann aber auch Anlass für Missverständnisse oder Konflikte sein. Umso wichtiger sind gemeinsame Werte und Verhaltensregeln, die einen respektvollen, wertschätzenden Umgang fördern. Dies soll ein Code of Conduct leisten und damit zugleich das Gemeinschaftsgefühl stärken und ein Arbeits- und Lernumfeld schaffen, in dem sich jede*r sicher und akzeptiert fühlt. Weiterhin appelliert ein Kodex an die Verantwortung aller Lehrenden, Mitarbeitenden, Studierenden und Besucher*innen, mit ihrem Verhalten zu einem respektvollen Miteinander beizutragen. Somit ist ein Code of Conduct auch ein wichtiges Instrument für die Gleichstellungsarbeit – sowohl im Präsenzbetrieb als auch in der Online-Lehre.

Die Umstellung auf den digitalen Lehrbetrieb stellte Lehrende und Studierende im Frühjahr 2020 vor neue Herausforderungen. Eine neue Plattform mit mehr Flexibilität, die weniger und zugleich mehr Distanz bietet ─ aber auch die Gefahr von (Cyber)-Mobbing erhöht. Schnell wurde klar, ein Verhaltenskodex für den digitalen Raum musste her. Innerhalb von zwei Tagen erstellte das JFK seinen Digital Code of Conduct, der bereits im April veröffentlicht wurde. Der nachfolgende universitätsweite Code of Conduct für die digitale Lehre ist in großen Teilen an den Digitalkodex des JFK angelehnt.

Das JFK beließ es nicht bei einem Code of Conduct für die digitale Lehre, sondern verabschiedete im Oktober 2021 den JFK Code of Conduct. Dieser allgemeine Verhaltenskodex beschreibt das Ziel eines respektvollen Miteinanders, weist auf unerwünschte Verhaltensweisen hin und benennt Anlauf- und Beschwerdestellen. „Unser Code of Conduct kann nur ein erster Schritt sein, um Sensibilität zu schaffen“, sagt Christian Lammert, Professor für Politikwissenschaft und amtierender Institutsratsvorsitzender des JFK. „Wir benötigen eine einheitliche universitätsweite Richtlinie, um Inhalte (z.B. Sanktionen) des CoC gültig zu machen.“ Wünschenswert wäre die Benennung direkter Ansprechpersonen, eventuell auch ein zuständiges Gremium, in dem allen Statusgruppen vertreten sind. Wichtig wäre, dass im Konfliktfall alle Beteiligten ein faires Verfahren erhalten.

Ein universitätsweiter Verhaltenskodex unter dem Titel „Richtlinie für ein respektvolles Miteinander“ ist aktuell in Vorbereitung. Als ein Element ihrer Diversity-Strategie und -Struktur hat die FU in ihrem Diversity-Konzept 2021-2023 einen allgemeinen Code of Conduct vorgesehen. Den Handlungsbedarf der Hochschulen unterstreicht auch die Novelle des Berliner Hochschulgesetzes vom September 2021. Sie sieht vor, dass die Hochschulen qua Satzung Regelungen treffen, um Diskriminierungen zu beseitigen bzw. ihnen vorzubeugen (BerlHG §5b, 6).

Eine akademische Gemeinschaft, in der die Rechte, die Würde, der Wert und die Freiheit jedes Mitglieds respektiert werden, ist ein hartes Stück Arbeit. Ein universitätsweiter Code of Conduct würde den Weg zu diesem Ziel ebnen – nicht nur für Ladies und Gentlemen.

Verena Specht, Frauenbeauftragte des John-F.-Kennedy-Instituts für Nordamerikastudien

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