MINToring: Erreicht das Programm seine Ziele?

Derzeit findet eine Evaluation des MINToring-Programms statt. Wir betrachten, zählen, befragen, werten aus, analysieren und evaluieren schließlich, was bisher geleistet wurde. Teilnehmerinnen und Beteiligte berichten von ihren Erfahrungen in diesem Förderprogramm für Schülerinnen in MINT-Fächern. Welche Ziele verfolgt das Programm und wie können sie überprüft werden?

In vielen MINT-Fächern an der FU sind Frauen noch immer unterrepräsentiert – dies gilt für Studentinnen wie auch für Wissenschaftlerinnen (siehe Wie weiblich ist MINT an der FU?). Das MINToring-Programm bietet ein Schnupper-Angebot in Geowissenschaften, Informatik und Physik, um Schülerinnen zu ermutigen, sich für diese Fächer zu entscheiden. Für das Programm kooperiert das Team Zentrale Frauenbeauftragte mit den beteiligten Fachbereichen. Initiiert wurde es 2011 am Fachbereich Physik, 2014 kam die Informatik hinzu, 2021 die Geowissenschaften. Aktuell wird das Programm ebenso wie dessen Evaluation als zusätzliche gleichstellungsfördernde Maßnahme im Rahmen des Professorinnenprogramms III finanziert.

Erreicht das MINToring-Programm tatsächlich, was es bezweckt? Und was kann verbessert werden? Mit diesen Fragen befasst sich die Evaluation, die das MINToring-Programm seit Mai 2021 über einen Zeitraum von zwei Jahren evaluiert. Wir bewerten das Programm für Schülerinnen und fragen nach deren Zufriedenheit und ihrer wahrgenommenen Selbstwirksamkeit. Können sie sich ein MINT-Studium vorstellen? Außerdem betrachten wir Organisation, Durchführung und Kooperationen des Programm. Was läuft gut, wo hapert es?

Die Evaluation einer Gleichstellungsmaßnahme soll überprüfen, ob die angestrebten Ziele tatsächlich erreicht werden. Denn nur, wenn eine Maßnahme sich als wirksam erweist, macht es Sinn, sie längerfristig durchzuführen. Darüber hinaus bietet eine differenzierte Evaluation die Möglichkeit, bei Bedarf nachzusteuern und eine Maßnahme anzupassen. Programmbezogene Maßnahmen haben oft den Nachteil, dass sie aufgrund ihrer begrenzten Laufzeit bereits zu Ende gehen, wenn das Programm sich etabliert hat. Häufig fehlen Ressourcen für Evaluation und Qualitätsentwicklung. Für Gleichstellungsmaßnahmen, die auf strukturelle Veränderungen abzielen, braucht es jedoch einen langen Atem und entsprechende Laufzeiten. Das MINToring-Programm hat den Vorteil, dass es sich bereits über einen langen Zeitraum an der FU etablieren konnte – zumindest in Physik und Informatik. Allerdings war diese Laufzeit keineswegs von Vornherein abgesichert, so dass die Finanzierung immer wieder neu sichergestellt werden musste und das Personal aufgrund befristeter Verträge über die Jahre wiederholt wechselte. Stabile finanzielle und personelle Ressourcen in ausreichendem Umfang bilden jedoch wichtige Erfolgsfaktoren für eine nachhaltige Qualitätsentwicklung.

Geschlechtergerechtigkeit in MINT zu realisieren, ist definitiv eine längerfristige gleichstellungspolitische Aufgabe, auch wenn die FU im bundesdeutschen Vergleich relativ gut abschneidet. Die aktuellen Zahlen zeigen auch an der FU weiterhin eine vertikale und horizontale Geschlechtersegregation. In vielen MINT-Fächern sind Frauen bereits zu Beginn der wissenschaftlichen Laufbahn, in der Statusgruppe der Studierenden, deutlich unterrepräsentiert. Daher sind Maßnahmen zur Studentinnengewinnung erforderlich, um einer Geschlechtersegregation entgegenzuwirken – in Informatik und Physik, aber auch in Geowissenschaften und Mathematik, wie unsere Datenanalyse zeigt.

Doch was bietet das MINToring-Programm konkret? Es ermöglicht Schülerinnen ab der 7. Klasse Einblicke in die Fächer Geowissenschaften, Informatik und Physik. Ein vielseitiges Angebot im Labor, am Computer, im Hörsaal, auf dem FU-Campus oder digital bietet den Schülerinnen Raum, sich in einer ungezwungenen Atmosphäre auszuprobieren, zu experimentieren, zu programmieren und viele Fragen zu stellen. Der Einblick in den Wissenschaftsalltag durch ein Betriebspraktikum an der FU ist ein besonderer Erfahrungsgewinn für die Teilnehmerinnen. Ziel des MINToring-Programms ist, dass Schülerinnen sich selbstwirksam in den immer noch männlich konnotierten Fächern erleben, ihr Interesse an MINT soll gestärkt und Geschlechterstereotype sollen abgebaut werden. Ob diese Ziele tatsächlich erreicht werden, überprüft die Evaluation.

Das MINToring-Programm betrifft nicht nur die teilnehmenden Schülerinnen, sondern auch die Programmbeteiligten in den Fachbereichen, die z.B. das Betriebspraktikum anleiten. Schließlich soll das Programm auch Impulse zur Reflexion der jeweiligen Fachkultur setzen. Denn eine geschlechtsspezifische Fachkultur reproduziert Geschlechterstereotype, die Studierende während ihres Studiums prägen. Um diese Mechanismen in Frage zu stellen, ist eine gute Einbindung des Programm in die Fachbereiche erforderlich. Die Evaluation fragt darüber hinaus nach Herausforderungen und Problemen, um die Programmsteuerung zu optimieren. Durchgeführt wird die Programmevaluation von Esto Mader, Soziolog*in, und Lara Sikorski, Masterstudentin der Bildungswissenschaft, unter Leitung von Dr. Corinna Tomberger, Stellvertreterin der zentralen Frauenbeauftragten und Referentin im Team Zentrale Frauenbeauftragte. Ein Beirat berät und begleitet die Evaluation; ihm gehören Expertinnen in Evaluation, Gleichstellung in MINT und feministischer Fachkulturforschung ebenso an wie Professorinnen der beteiligten Fächer.

Um die Vorteile verschiedener Erhebungsmethoden zu nutzen, werden qualitative und quantitative Forschung kombiniert. Während quantitative Betrachtungen und Erhebungen einen Eindruck über Zahlen, Verhältnisse und statistische Zusammenhänge vermitteln, können Menschen darüber hinaus von ihren Erfahrungen berichten und subjektive Interpretationen geben. Alle Teilnehmerinnen sind seit 2021 eingeladen, das Programm im Rahmen einer quantitativen Onlinebefragung zu beurteilen. Eine Dokumentenanalyse wertet Daten und Informationen zur Situation der beteiligten Fächer ebenso aus wie die Programmlaufzeit der letzten Jahre. Für 2022 sind zusätzlich Leitfadeninterviews mit Schülerinnen und Programmbeteiligten vorgesehen, um verschiedene Perspektiven auf das Programm zu erkunden. Der abschließende Evaluationsbericht soll die Wirksamkeit des Programms bewerten und Hinweise für dessen Anpassung bzw. Weiterentwicklung geben.

Esto Mader, Mitarbeiterin Programmevaluation MINToring, Team Zentrale Frauenbeauftragte

Lara Sikorski, Studentische Mitarbeiterin Programmevaluation MINToring, Team Zentrale Frauenbeauftragte

Dr. Corinna Tomberger, Leitung Programmevaluation MINToring, Stellvertreterin der zentralen Frauenbeauftragten und Referentin im Team Zentrale Frauenbeauftragte

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