Geschlechterforschung im Kino

Filmstart: 7. September 2023 Die Dokumentation FEMINISM WTF kommt in die deutschen Kinos. Darin beleuchten Geschlechterforscher*innen und weitere queer-feministische Expert*innen aktuelle Debatten wie intersektionalen Feminismus, Machtverhältnisse, unbezahlte Carearbeit und Klimaaktivismus aus natur- und sozialwissenschaftlichen Perspektiven.

„Mit Feminismus die Welt retten“

Wie das gehen kann, will die österreichische Regisseurin Katharina Mückstein mit ihrem Dokumentarfilm FEMINISM WTF (2022) zeigen. Darin befragt sie Expert*innen aus Politik-, Sozial- und Naturwissenschaften, Männlichkeitsforschung, Gender Studies sowie Queer und Trans Studies zum „Reizthema Feminismus“ und fächert so auch die Bandbreite der deutschsprachigen Geschlechterforschung auf.

Die Filmemacherin, selbst Absolventin der Gender Studies, interessiert, wie jede*r einzelne dazu beitragen kann, Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse aufzubrechen und eine solidarische Gesellschaft herzustellen. Bereits der Trailer macht deutlich, wie breit und vielschichtig die Perspektiven der Gender Studies sind. „Warum sprechen wir immer von nur zwei Geschlechtern? Warum müssen Frauen* den Großteil der unbezahlten Haus- und Kindererziehungsarbeit machen? Warum sind Kapitalismus und Feminismus ein Widerspruch? Was hat der europäische Kolonialismus mit den heutigen Ideen von sexueller Freiheit und rassistischen Stereotypen zu tun? Wieso brauchen wir Feminismus, um das Klima zu retten? Und warum engagieren sich eigentlich so wenige Männer für den Feminismus?“ Mit diesen Fragen umreißt die Synopsis des Films die vielfältigen Debatten, die FEMINISM WTF thematisiert.

Im Wechsel mit den Statements der Expert*innen arbeitet die Dokumentation auch mit ästhetischen Elementen. Tanz- und Performance-Sequenzen spielen mit gängigen Vorstellungen von Körper, Geschlecht und Feminismus und bieten so einen anschaulichen Zugang zum Themenfeld, den das bisherige Publikum zu schätzen wusste: FEMINISM WTF wurde 2023 mit dem Publikumspreis des Festivals des österreichischen Films DIAGONALE ausgezeichnet und für den ROMY Branchenpreis als bester Dokumentarfilm Kino nominiert.

Starring: Maisha M. Auma, erste Audre-Lorde-Gastprofessorin der BUA

Als eine Expertin tritt in dem Film die Erziehungswissenschaftlerin und Geschlechterforscherin Prof. Dr. Maisha M. Auma auf. Sie ist Inhaberin der ersten Audre-Lorde-Gastprofessur der Berlin University Alliance (BUA). Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen Diversität, Rassismuskritik, Dekolonialität und Intersektionalität. Auma hatte 2021/22 die erste Gastprofessur für intersektionale Diversitätsforschung inne, die das Diversitäts-Netzwerk DiGENet des Berliner Exzellenzverbundes ins Leben rief.

Das disziplinäre Spektrum, das FEMINISM WTF beleuchtet, veranschaulicht die Liste der beteiligten Protagonist*innen und ihrer fachlichen Hintergründe:

  • Prof. Dr. Maisha M. Auma, Erziehungswissenschaftlerin
  • Dr. Persson Perry Baumgartinger, Sprachwissenschaftler
  • Dr. Astrid Biele Mefebue, Sozialwissenschaftlerin
  • Prof. Dr. Nikita Dhawan, Politikwissenschaftlerin
  • Christoph May, Männerforscher
  • Dr. Franziska Schutzbach, Soziologin und Geschlechterforscherin
  • Dr. habil Sigrid Schmitz, Biologin und Wissenschaftshistorikerin
  • Rona Torenz, Philosophin, Geschlechter- und Sexualwissenschaftlerin
  • Prof. Dr. Paula-Irene Villa Braslavsky, Soziologin
  • Dr. Laura Wiesböck, Soziologin
  • Emilene Wopana Mudimu, Sozialpädagogin, rassismuskritische Bildungsreferentin, Spoken Word Künstlerin

Geschlechterforschung stärken

Die Relevanz der Geschlechterforschung für alle Disziplinen betonte kürzlich auch eines der wichtigsten wissenschaftspolitischen Beratungsgremien in Deutschland, der Wissenschaftsrat (WR). In seinen Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Geschlechterforschung in Deutschland hob er hervor: „Die Bedeutung der Geschlechterforschung […] greift auf alle Bereiche des Lebens aus, in denen Menschen miteinander, aber auch mit den von ihnen gestalteten Umwelten interagieren. Daher betreffen Fragen des Geschlechts und der Geschlechterverhältnisse – wenn auch in unterschiedlichem Maße und in unterschiedlicher Ausprägung – nahezu alle Wissenschaftsdisziplinen.“

Das im Juli 2023 veröffentlichte wissenschaftliche Gutachten empfiehlt eine stärkere Integration von Geschlechterperspektiven in Forschung und Lehre aller Fächer, betont die breite fachliche Expertise und Methodenvielfalt der Geschlechterforschung und mahnt Nachholbedarf für Deutschland im internationalen Vergleich an – insbesondere bei der Implementierung von Gender Studies im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) und in der Medizin.

Geschlechterforschung breit kommunizieren

Das Gutachten geht auch auf politische und gesellschaftliche Debatten zur Geschlechterforschung ein und bezieht entschieden Position gegen Diffamierungen und personenbezogene Angriffe auf Wissenschaftler*innen und Studierende des Forschungsfeldes – denen auch Protagonist*innen des Films ausgesetzt waren. Der Wissenschaftsrat sieht es „als Aufgabe der Wissenschaftsgemeinschaft und als gesamtgesellschaftliche Aufgabe an, sich in dieser Debatte für den Schutz der Wissenschaftsfreiheit und den Schutz der Forschenden und Studierenden zu positionieren“. Dem Forschungsfeld empfiehlt das Gremium neben einer verstärkten Theorie- und Methodendiskussion, „die Wissenschaftskommunikation zu intensivieren, um die Inhalte der Geschlechterforschung noch besser an eine breite Öffentlichkeit zu vermitteln“. FEMINISM WTF und allem voran die mitwirkenden Forscher*innen geben ein anschauliches Beispiel dafür, wie das gelingen kann.


FEMINISM WTF im Überblick



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