Frauenförderpläne 2022–2023 verabschiedet

Am 27. April 2022 hat der Akademische Senat der Freien Universität die neuen Frauenförderpläne der Fachbereiche, Zentralinstitute, Zentraleinrichtungen, der Zentralen Universitätsbibliothek sowie der Zentralen Universitätsverwaltung verabschiedet. Alle zwei Jahre evaluieren die Bereiche ihre Frauenförderpläne, werten Daten aus und erstellen Maßnahmenkataloge.

Die Frauenförderpläne – sie werden alle zwei Jahre fortgeschrieben – basieren auf den Frauenförderrichtlinien der Freien Universität von 1993, dem Berliner Hochschulgesetz (§59 Abs. 6 BerlHG) sowie dem Landesgleichstellungsgesetz (§3 LLG). Ein kontinuierliches Controlling gleichstellungsbezogener Daten soll die Grundlage bilden, um künftige Zielvorgaben festzulegen – besonders auch für die Einstellung von wissenschaftlichem und wissenschaftsstützendem Personal.

Instrumente für Geschlechtergerechtigkeit und gegen Diskriminierung

Von Beginn an sollten die Frauenförderpläne auf die Gleichstellung von Männern und Frauen hinwirken: Indem Zielvorgaben für den Frauenanteil bei den Beschäftigten, Studierenden, Studienabschlüssen, Promotionen und Habilitationen für jeweils zwei Jahre verbindlich festgelegt werden, sollen bestehende Unterrepräsentanzen in allen Statusgruppen beseitigt werden. Das beinhaltet konkrete Maßnahmen inklusive Finanzierung und Festlegung von Verantwortlichkeiten. Die Erstellung eines Frauenförderplans impliziert darüber hinaus einen intensiven Kommunikationsprozess über Gleichstellung innerhalb des jeweiligen Bereichs, an dem zahlreiche Akteur*innen beteiligt sind: das Dekanat, die zuständige Frauenbeauftragte und deren Stellvertreterin sowie Vertreter*innen unterschiedlicher Statusgruppen.

Die Frauenförderpläne sind aber nicht nur Instrumente der Gleichstellung, sondern berücksichtigen auch zunehmend Aspekte der Diversität und Antidiskriminierung. Um die Vielfalt innerhalb und zwischen den Geschlechtern sowie intersektionale Überschneidungen von Geschlecht mit anderen Ungleichheitskategorien stärker zu berücksichtigen, wurde in mehreren Frauenförderplänen wie schon in den Jahren zuvor die Stärkung der Gender- und Diversity-Kompetenz flächendeckend und für alle Statusgruppen als Ziel formuliert. Zudem sind Weiterbildungen zu den Themen Gender und Diversity, Sexuelle Belästigung, Diskriminierung und Gewalt (SBDG) oder auch Gender Bias an mehreren Fachbereichen vorgesehen. Entsprechende Vorhaben der vorangegangenen Frauenförderpläne konnten aufgrund der Pandemie z.T. nicht wie geplant stattfinden, sollen in naher Zukunft aber nachgeholt werden. Die Fachbereiche Politik- und Sozialwissenschaften sowie Philosophie und Geisteswissenschaften beispielsweise überprüfen jeweils die Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle und möchten zukünftig Workshops und Trainings für diskriminierungsfreie Lehre bzw. zur Sensibilisierung für intersektionale Ungleichheiten anbieten. Der Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften sieht in den Bereichen, in denen Frauen bei den Professuren unterrepräsentiert sind, für alle Mitglieder von Berufungskommissionen ein obligatorisches Online-Tutorial zu Gender Bias in Berufungsverfahren vor.

Entgeltgleichheit für Hochschulsekretär*innen auf dem Prüfstand

Viele Frauenförderpläne thematisieren – wie schon in den Vorjahren – kritisch die unterschiedliche Wertigkeit in der Bezahlung wissenschaftsstützender Tätigkeiten, besonders die Eingruppierung von Verwaltungstätigkeiten in den dezentralen Bereichen. Eine Tätigkeit in Hochschulsekretariat oder ‑verwaltung setzt heute Sprachkenntnisse, ausgeprägte kommunikative und organisatorische Fähigkeiten sowie hohe Belastbarkeit voraus. Häufig verfügen Mitarbeiter*innen über einen Hochschulabschluss bzw. eine (kaufmännische) Ausbildung mit Zusatzqualifikationen, während die Eingruppierung auf Tätigkeitsmerkmalen wie Tippgeschwindigkeit beruht. Dies führt oft dazu, dass „typisch weibliche“ und „typisch männliche“ Branchen unterschiedlich bewertet werden, obwohl die Anforderungen durchaus vergleichbar sind.

Es ist nicht mit EU-Recht vereinbar, wenn oben beschriebene Tätigkeitsmerkmale sich bei Managementpositionen durchaus gehaltsrelevant auswirken, bei Sekretär*innen und Verwaltungsmitarbeiter*innen hingegen als selbstverständlich vorausgesetzt werden, in ihrer Stellenbewertung jedoch nicht berücksichtigt und somit auch finanziell nicht honoriert werden. Dieser Diskrepanz sollte entgegengewirkt werden. Im Sinne der Gleichstellung wäre es wünschenswert, in diesem Bereich FU-weit berufliche Perspektiven und Weiterentwicklungen zu fördern und die entsprechenden Qualifikationen zukünftig anzuerkennen. Das entspricht den Forderungen der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (bukof) in ihrem Positionspapier „Endlich Entgeltgerechtigkeit und faire Arbeitsbedingungen in Hochschulsekretariaten schaffen!“.

Von der Lernstation bis zum Führungstandem – Initiativen aus den Bereichen

  • Veterinärmedizin: Ausbau des Angebots an Lernstationen und Simulationsmodellen im Veterinary Skills Net, um schwangeren, stillenden oder immunsupprimierten Studierende durchgängig das Studium zu ermöglichen
  • Wirtschaftswissenschaft: Karriere-Coaching-Programm für Doktorandinnen
  • Erziehungswissenschaft und Psychologie: Infoveranstaltung zum Gender Data Gap
  • Zentraleinrichtung Hochschulsport: Plakate und QR-Codes in Sportstätten mit Anlaufstellen in Fällen sexueller Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, Entwicklung eines „Ehrenkodex“ für Kursleitende, Kinderbetreuung und -sport parallel zu Kursangeboten
  • Zentrale Universitätsverwaltung: Erprobung eines Führungstandems in Teilzeit
  • Lateinamerika-Institut: Finanzierung von Kinderbetreuung und Unterstützung durch Notfallbetreuung bei Tagungen, in Antragsphasen oder anderen zeitintensiven Phasen
  • Physik: Einrichtung eines Fonds, der sich insbesondere an weibliche Postdocs richtet, die durch Care-Aufgaben während der Pandemie in ihrer wissenschaftlichen Arbeit besonders benachteiligt waren

Grundsätzlich weisen die Frauenförderpläne darauf hin, dass Beiträge zu einer familiengerechteren Hochschule nicht nur Frauen mit Kindern, sondern auch Frauen in Pflegeverantwortung das Arbeiten und Studieren an der Universität erleichtern sollen – was in Pandemiezeiten dringender denn je ist und sein wird.

Esther Hülsewede, ehemalige Stellvertreterin der zentralen Frauenbeauftragten der Freien Universität Berlin (April 2020–März 2022)

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