„Beratung bei sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt: Ein Schulungskonzept für Hochschulen“. Das ist der Titel eines Aufsatzes von Wendy Stollberg, Referentin im Team Zentrale Frauenbeauftragte, und Brigitte Reysen-Kostudis, Psychologin in der ZE Studienberatung und Psychologische Beratung, in einem aktuellen Sammelband zu sexualisierter Diskriminierung im Wissenschaftsbetrieb.
Mitte Juni erschien der Sammelband „Sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt im Hochschulkontext. Herausforderungen, Umgangsweisen und Prävention„; 16 Texte machen die unterschiedlichsten Erscheinungsformen von SBDG zum Thema, stellen SBDG als Forschungsgegenstand vor und beleuchten kritisch universitäre Hierarchien, Abhängigkeitsverhältnisse und Verantwortungsstrukturen.
Die Textsammlung macht auf dieses vielschichtige Problem aufmerksam und möchte dafür sensibilisieren, dass sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt ein komplexes politisches Thema ist, das im Hochschulalltag und für wissenschaftliche Karrieren – vor allem von Frauen – relevant ist. Insofern verstehen die Herausgeberinnen Dr. Heike Pantelmann und Dr. Sabine Blackmore ihr Buch auch als Handreichung für Hochschulangehörige mit Personalverantwortung, aber auch für all jene, die von sexualisierten Übergriffen im Hochschulkontext betroffen sind oder sie beobachtet haben.
Schulungskonzept für Hochschulen
In ihrem Beitrag „Beratung bei sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt“ stellen Wendy Stollberg und Brigitte Reysen-Kostudis ein Schulungskonzept für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte vor, das deren Beratungskompetenz in der Begegnung mit Personen, die von SBDG betroffen sind, stärken soll.
Wendy Stollberg, Geschäftsführung der AG SBDG der Freien Universität sowie Sprecherin der bukof-Kommission SDG, und Brigitte Reysen-Kostudis, Psychologin und Frauenbeauftragte der ZE Studienberatung und Psychologische Beratung, sind ein erfahrenes Team. An der Freien Universität bieten sie bereits seit Jahren Schulungen und Weiterbildungsseminare an, um für das Thema sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt zu sensibilisieren und um die Tabuisierung aufzubrechen.
Beratung professionalisieren
Das Schulungskonzept zielt darauf ab, sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt in all ihren Erscheinungsformen zu definieren. Es bietet Raum, um Erfahrungen zu teilen und möchte vor allem Unterstützung für die Beratungspraxis von SBDG-Fällen geben. Dabei werden sowohl die Erwartungen an die Rolle der beratenden Person abgesteckt, als auch diskutiert, wie ein Beratungssetting aussehen und wie ein Beratungsgespräch aufgebaut sein könnte. Zudem werden Gesprächstechniken geübt, um dieser verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden.
Dazu ein Auszug aus dem Beitrag „Beratung bei sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt: Ein Schulungskonzept für Hochschulen“:
„An den meisten deutschen Hochschulen gibt es eine Reihe von Akteur*innen, bei denen Ratsuchende zu SBDG individuelle vertrauliche Beratung erhalten können. Einige wenige Hochschulen verfügen über Beratungsstellen für alle Hochschulmitglieder oder für einzelne Statusgruppen (wie z. B. Beschäftigte), die eigens zur Beratung bei SBDG-Fällen eingerichtet wurden und mit e einschlägig ausgebildeten Expert*innen (Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen oder Jurist*innen) besetzt sind. Der überwiegende Teil der Personen, die an Hochschulen zu SBDG vertraulich beraten, findet sich jedoch nicht in explizit dafür eingerichteten Stellen wieder. Es handelt sich bei ihnen oftmals um Personen in Ämtern oder Funktionen, die SBDG nur untergeordnet oder als eines von vielen Themen behandeln. Dazu zählen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, zentrale wie auch dezentrale für einzelne Bereiche, die ihre Tätigkeiten befristet ausüben. […]
Über eine professionelle Ausbildung für diese verantwortungsvolle Aufgabe verfügen die wenigsten Amtsinhaber*innen, sie bringen aber oftmals eine hohe Motivation mit, Betroffenen zu helfen. Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten agieren im Spannungsfeld zwischen der eigenen Eingebundenheit ins Hochschulsystem und der qua Amt gelebten Parteilichkeit für bestimmte Gruppen (Frauen, LGBTIQ* etc.). Einerseits ist Vertraulichkeit die Voraussetzung für das Zustandekommen eines Beratungsklimas, in dem über emotional aufwühlende Themen gesprochen werden kann. Andererseits fühlen sich die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten nicht selten durch ihre Position verpflichtet, die Geschehnisse an die Öffentlichkeit zu bringen – nicht nur im Interesse der Betroffenen – sondern auch, um die Diskussion über SBDG-Fälle an den Hochschulen zu fördern, Strukturen zu verbessern und präventiv wirken zu können.“
Susanne Peter, Mitarbeiterin im Team Zentrale Frauenbeauftragte für die Bereiche SBDG und Weiterbildung