Das Beratungsangebot bei sexualisierten Übergriffen an der Freien Universität soll und muss vertraulich und niedrigschwellig sein. So steht es auf den Wunschzetteln von Studierenden und Beschäftigten, die das Team geschlechter*gerecht seit November 2024 in einer Wunschbox sammelt, um zu erfahren, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Betroffene Beratung in Anspruch nehmen.
Ein Drittel aller Studierenden und Mitarbeitenden erfährt an Hochschulen sexualisierte Belästigung. Zu diesem Ergebnis kommt das EU-Forschungsprojekt UniSAFE, das an über 46 Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Europa eine Umfrage zu geschlechtsspezifischer Gewalt in der Wissenschaft – und deren Konsequenzen – durchgeführt hat.
Was wünschen sich Studierende und Mitarbeitende, die sexualisiertes und diskriminierendes Fehlverhalten an der Freien Universität erlebt oder beobachtet haben? Welche Voraussetzungen müssen für sie erfüllt sein, damit sie sich nach einem Übergriff bei einer Anlaufstelle melden? Wie soll mit Meldungen von sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt (SBDG) und anderen Diskriminierungs- und Gewaltformen an der FU umgegangen werden? Um diese Fragen zu sammeln steht für FU-Mitglieder eine digitale Wunschbox bereit. Über dieses Medium können sie – anonym und vertraulich – Wünsche und Anregungen an die zentrale Ansprechperson der FU bei sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, Wendy Stollberg, übermitteln.
„Für die Hochschule! Gegen sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt“
Motto der Anti-Gewalt-Aktionstage 2024
Die Idee zur Wunschbox entstand bei den Vorbereitungen zu den Anti-Gewalt-Aktionstagen, die das Team geschlechter*gerecht regelmäßig rund um den 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, veranstaltet. „Für die Hochschule! Gegen sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt“ lautete das diesjährige Motto. Vor den Aktionstagen wurde die Wunschbox – analog und digital – bereits beim ersten Gesundheitstag der FU für Studierende am 6.11.2024 geöffnet. Am Infostand des Teams geschlechter*gerecht zeigten sich viele Besucher*innen interessiert am Thema Beratung und Unterstützung bei sexualisierter Belästigung und nutzten – sichtlich dankbar – die Gelegenheit zum Gespräch mit Wendy Stollberg und ihren Team-Kolleginnen.
„Ich wünsche mir empathische Mitarbeitende, die mich ernst nehmen und respektieren“
anonymer Wunschzettel
Auf den Wunschzetteln von Studierenden und auch Beschäftigten stehen „vertrauensvoller Umgang und vertrauensvolle Umgebung“ und der Wunsch nach mehr Personen am Fachbereich – bzw. an der Uni insgesamt –, „denen man sich anvertrauen kann“. Wichtig finden sie ein niedrigschwelliges Beratungsangebot „auch bei der Terminvergabe“, und sie wünschen sich mehr Information und Präsenz von Ansprechpersonen, zum Beispiel bei FU- Einführungsveranstaltungen: „Ich wünsche mir, die Ansprechpersonen einmal gesehen zu haben: I need to know the faces“, schreibt eine Studentin. Auch sollte es an der FU mehr Angebote zu kritischer Männlichkeit geben, die Männer „für das Thema und die Situation von Betroffenen sensibilisieren“.
„Als Ansprechperson möchte ich meine Arbeit an den Wünschen und Bedürfnissen der Betroffenen ausrichten“
Wendy Stollberg, zentrale Ansprechperson der Freien Universität bei SBDG
Der dringendste Wunsch von Betroffenen, nämlich dem nach Vertraulichkeit und Anonymität, wird von den meisten Anlaufstellen erfüllt, ihre Mitarbeiter*innen bieten vertrauliche – und wenn gewünscht – anonyme Kontaktaufnahme und Beratung an. „Als Ansprechperson möchte ich wissen“, sagt Wendy Stollberg, „was sich Studierende und andere FU-Mitglieder im Umgang mit Meldungen von sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt wünschen, und meine Arbeit daran ausrichten.“
Die eingegangenen Wünsche der Studierenden und Mitarbeitenden sollen kurz- und langfristig erfüllt, ihre Anregungen und Kritik aufgenommen werden. Der Bedarf an Beratung und Unterstützung soll in gewünschter Form die bereits etablierte Arbeit und Beratung zu sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt (SBDG) an der FU ergänzen und unterschiedlichste Perspektiven berücksichtigen.
„Mit der Wunschbox möchten wir auch die studentische Perspektive auf das Problem SBDG einnehmen“, betont Varvara Mironova, Mitarbeiterin des Teams geschlechter*gerecht im Bereich SBDG und FU-Studentin.
„Wir wünschen uns mehr Austausch mit Studierenden“
Varvara Mironova, Mitarbeiterin im Bereich SBDG
„Wie können wir die Beratung niedrigschwelliger gestalten? Wie vermitteln wir am besten die Informationen über unsere Angebote, insbesondere an neue FU-Studierende?“ Um diese Fragen zu klären, „wünschen wir uns mehr Austausch“, sagt sie.
Mit dem Angebot der Wunschbox geht an alle FU-Mitglieder die Frage „Hast du Lust und Energie, dich einzubringen und Maßnahmen bei SBDG und gegen andere Formen von Diskriminierung und Gewalt an der FU mitzugestalten und auf den Weg zu bringen?“ Für Personen, die diese Frage bejahen und sich rückgemeldet haben, bereiten Wendy Stollberg und Anita Orkiszewska, Verantwortliche für Prävention von Diskriminierungen bei der Stabsstelle Diversity und Antidiskriminierung, ein Treffen vor, das zur Beteiligung und Vernetzung sowie zur Auswertung und Umsetzung der eingereichten Wunschzettel einlädt.
Letztendlich bieten die eingegangenen Wünsche all den Personen Orientierung, die an der Freien Universität Betroffene unterstützen und im Bereich sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt arbeiten.
„Das Thema muss auf Leitungsebene ernst genommen werden“
anonymer Wunschzettel
Für die Hochschule und ihr Engagement gegen SBDG gilt es, präventive Maßnahmen weiter auszubauen, Betroffene, die mit sexualisierten Übergriffen konfrontiert sind und diese melden, zu schützen, ihrer Stigmatisierung vorzubeugen, ein geregeltes Beschwerdeverfahren zu etablieren und Konsequenzen bei sexualisiertem und diskriminiertem Fehlverhalten deutlich zu kommunizieren.
Die digitale Wunschbox bleibt geöffnet, hier können Sie Ihre Wünsche und Anregungen übermitteln. Eine Nennung Ihres Namens ist nicht erforderlich.
Wo finden Betroffene Informationen und Hilfe?
Wenn Sie von sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt (SBDG) betroffen sind oder grenzüberschreitendes Verhalten beobachtet haben, bieten Ihnen FU-interne und externe Anlaufstellen Beratung und Unterstützung an:
- Zentrale Ansprechperson bei SBDG per E-Mail: no-means-no@fu-berlin.de; per Telefon: 030 838 54970
- Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte an den Fachbereichen, Zentralinstituten und Zentraleinrichtungen
- Weitere Anlaufstellen finden Sie auf der NEIN HEISST NEIN Webseite
Blog-Serie zu sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt
Am Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen startete das Team geschlechter*gerecht eine Blogserie zu SBDG. Über jährliche Aktionstage hinaus berichten Wissenschaftler*innen, Gleichstellungsakteur*innen und Expert*innen aus Forschung und Praxis zum Thema sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt. Bisher erschienen ist ein Interview mit Dr. Sarah Bellows-Blakely „Wir müssen das Problem benennen!“.
Wie schön, dass die Wunschbox genutzt wurde!