Publikationsbremse Pandemie

Hybride Podiumsdiskussion: 17. Februar 2023 | 10:15-12 Uhr Inwieweit hat Care-Arbeit während der Pandemie Wissenschaftler*innen beeinträchtigt, insbesondere in ihren Publikationsaktivitäten? Was bedeutet der Gender Publication Gap für die Karrieren von Nachwuchswissenschaftlerinnen? Wir laden ein zur Diskussion über die Publikationsbremse Pandemie mit Expertinnen und Gleichstellungsakteurinnen.

Weltweit hat die Geschlechterungleichheit aufgrund der Pandemie stark zugenommen. Dies dokumentiert der Global Gender Gap Report 2021 des World Economic Forum, der einen globalen Geschlechtergleichheits-Index anhand von vier Kategorien berechnet: Gesundheit und Überleben, Bildungsniveau, ökonomische Beteiligungsmöglichkeit sowie politische Teilhabe. Waren es vor der Pandemie noch 99,5 Jahre bis zur Schließung der Geschlechterlücke, hat sich dieser Zeitraum bis 2021 um 36,1 Jahre, also um die Länge einer Generation, auf 135,6 Jahre vergrößert. Durch die Pandemie ist Geschlechtergerechtigkeit weiter in die Ferne gerückt.

Gender Publication Gap in der Wissenschaft

Dieser Rückschritt ist auch in der Wissenschaft zu verzeichnen. Geschlossene Kitas, Schulen und Hochschulen, stattdessen Kinderbetreuung, Home-Schooling und digitale Lehre in den eigenen vier Wänden: Wissenschaftler*innen mit Familienaufgaben waren in der Pandemie mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Die zusätzlichen Care-Aufgaben schmälerten ihre Ressourcen für die eigene wissenschaftliche Weiterentwicklung. Wie internationale Studien zeigen, waren in der Pandemie insbesondere weibliche Wissenschaftlerinnen mit familiärer Sorgearbeit in ihren Publikationsaktivitäten erheblich eingeschränkt.

Am Beispiel der Erstautor*innenschaft von Covid-relevanter Forschung haben Carolin Lerchenmüller, Leo Schmallenbach, Anupam B. Jena und Marc J. Lerchenmüller in einer Längsschnittstudie nachgewiesen, dass der Gender Publication Gap 2020 größer geworden ist. Demnach vergrößerte sich die Lücke zwischen dem Anteil weiblicher und männlicher Erstautor*innen in Deutschland innerhalb eines Jahres um 18 Prozentpunkte, von 20% auf 38%. Im internationalen Vergleich verzeichneten Frankreich mit 30 Prozentpunkten, Italien mit 27 Prozentpunkten und Spanien mit 20 Prozentpunkten einen noch stärkeren Rückgang des Anteils an Erstautorinnen in dem untersuchten Forschungsfeld. Mit 6 Prozentpunkten reduzierte sich dieser Anteil in den USA und Israel deutlich weniger.

In der Forschung werden neben Gender Publication Gap auch Bezeichnungen wie Corona Gap und Productivity Gap verwendet. Sie alle weisen darauf hin, dass eine verringerte Publikationsproduktivität im Lockdown zu erheblichen Benachteiligungen von Wissenschaftlerinnen in ihren wissenschaftlichen Karrieren führt.

Wissenschaftliche Karrieren durch Care-Arbeit vor dem Aus?

Bereits im Frühjahr 2021 haben wir in der Veranstaltung Kinder, Corona, Karriereknick? die Auswirkungen des Lockdowns auf Wissenschaftlerinnen und Studentinnen mit Care-Aufgaben diskutiert. Vereinbarkeit vertagt? fragten wir ein halbes Jahr später angesichts weiterhin fehlender universitätseigener Maßnahmen, pandemiebedingte Benachteiligungen wirksam auszugleichen.

In unserer Folgeveranstaltung erörtern Hochschulakteurinnen, Gleichstellungsexpertinnen und Wissenschaftlerinnen Umfang und längerfristige Auswirkungen des Gender Publication Gap, vor allem auf Wissenschaftlerinnen in der Qualifizierungsphase. Anhand von Good Practice werden mögliche Maßnahmen zum Ausgleich pandemiebedingter Benachteiligungen beleuchtet.


Podium

  • Prof. Dr. Verena Blechinger-Talcott, Erste Vizepräsidentin, FU Berlin
  • Dr. Sarah Czerney, Dr. Lena Eckert, Netzwerk Mutterschaft und Wissenschaft
  • Prof. Dr. Barbara Fritz, Sprecherin der Kommission zur Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen, FU Berlin
  • Dr. Stine Gutjahr, Vertreterin der akademischen Mitarbeiter*innen im Akademischen Senat, FU Berlin
  • Prof. Lena Hipp, Ph.D., S-Professorin für Sozialstrukturanalyse, Universität Potsdam; Leiterin der Forschungsgruppe Arbeit und Fürsorge, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
  • Svenja Saure, Gleichstellungsreferentin, Stabsstelle Gleichstellung, Universität Hamburg
  • Prof. Kathrin Zippel, Ph.D., Professorin für Soziologie mit Schwerpunkt Gender Studies, FU Berlin

Moderation: Dr. Corinna Tomberger, Stellvertreterin der zentralen Frauenbeauftragten, FU Berlin


Rahmenprogramm 

Vor der Podiumsdiskussion eröffnen die Erste Vizepräsidentin Prof. Dr. Blechinger-Talcott und Dr. Heike Pantelmann, Geschäftsführerin des Margherita-von-Brentano-Zentrums, in der Rostlaube die Ausstellung Berlin – Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen. Die Ausstellung ist vom 17. Februar bis 7. März in der Rostlaube für die Öffentlichkeit frei zugänglich. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion laden wir ab 12:00 Uhr zu einem kleinen Get-together ein. Alle Räumlichkeiten sind barrierefrei zugänglich.


Programmübersicht

UhrzeitProgrammpunktOrt
9:30 – 10:00 UhrEröffnung der Ausstellung „Berlin – Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen“Rostlaube, Garderobenfoyer Habelschwerdter Allee 45 (barrierefrei)
10:15 – 12:00 UhrPodiumsdiskussion „Publikationsbremse Pandemie“ (Anmeldung erforderlich)Weiterbildungszentrum
Otto-von-Simson-Str. 13 Tagungsaal 1. OG (barrierefrei) und online
12:00 – 13:30 UhrGet-together mit Imbiss und Umtrunk Weiterbildungszentrum
Otto-von-Simson-Str. 13 Tagungsaal 1. OG (barrierefrei)

Anmeldung

Bitte melden Sie sich vorab für die Teilnahme an der Podiumsdiskussion an:

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an das Team Zentrale Frauenbeauftragte: frauenbeauftragte@fu-berlin.de


Bitte beachten Sie: Während der Veranstaltung werden von der Universität Fotos und Filme zu Zwecken der Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit gemacht.


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