„Die FU als fürsorgliche Arbeitgeberin“

Im April wurde Katharina Schmidt erneut als Stellvertreterin der zentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Freien Universität gewählt. Am 1. Juli 2024 tritt die Diplom-Psychologin ihre zweite Amtszeit an. Anlass genug, ihren Werdegang als Gleichstellungsakteurin zu verfolgen, für einen Blick zurück auf ihre Erfolge – und nach vorn auf weitere Vorhaben im Team geschlechter*gerecht.

Bei der Kandidatur für ihre erste Amtszeit 2022 wurde Katharina Schmidt von dem Wahlgremium, das inzwischen die offizielle Bezeichnung zentraler Frauen- und Gleichstellungsrat trägt, nach ihrem übergeordneten Motto für das Amt gefragt. „Ich möchte die Freie Universität als fürsorgliche Arbeitgeberin und Ausbildungsinstitution mitgestalten“, sagte sie damals und ist diesem Anspruch bis heute treu geblieben. Im Laufe der vergangen zwei Jahre hat sie festgestellt, dass viele FU-Angehörige diese Idealvorstellung von einer Hochschule und im Umgang miteinander teilen. „Zu fragen, ob Maßnahmen gut für die Menschen an der FU sind, ist ein guter Kompass im Prozess der Entwicklung“, erklärt die Wiedergewählte.

Ihr Aufgabenfeld als Stellvertreterin der zentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten ist so umfassend wie abwechslungsreich: Sie berät und begleitet bei Berufungsverfahren, Einstellungsverfahren sowie Personalentwicklung und pflegt den Kontakt mit dem Gesamtpersonalrat (GPR). Zudem organisiert und unterstützt sie das Plenum der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten und bietet Einzelberatung bei Benachteiligung von Frauen und bei sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt an.

Jahrelange Erfahrung in der Gleichstellung

Als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie arbeitet Katharina Schmidt seit 2006 im Arbeitsbereich Psychologische Diagnostik, Differentielle und Persönlichkeitspsychologie der Freien Universität. Hier lehrt sie zur praktischen Anwendung psychologischer Diagnostikverfahren und hatte gleichzeitig von 2019 bis 2022 das Amt der Frauenbeauftragten am Fachbereich inne. In dieser Funktion befragte sie die Fachbereichsmitglieder im Rahmen eines Stimmungsbildes zu ihren Pandemie-Erfahrungen und leitete daraus Gleichstellungsmaßnahmen ab, auch für Kolleg*innen mit Care-Aufgaben. In der Folge initiierte sie u.a. Coachingangebote für Promovierende sowie einen Forschungsfonds für Promovierende des Fachbereichs, die nicht über ein Beschäftigungsverhältnis an der FU eingebunden waren. In dieser Zeit war sie auch Mitglied des zentralen Frauenrates und unterstützte in dieser Funktion bereits das Team Zentrale Frauenbeauftragte, das seit April 2024 unter dem Namen Team geschlechter*gerecht firmiert.

Aufgrund ihrer positiven Erfahrungen als dezentrale Frauenbeauftragte, ihres Interesses an der Gleichstellungsarbeit – und weil es ihr Spaß macht ­– entschied Katharina Schmidt, als Stellvertreterin der zentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten zu kandidieren – und dies bereits zweimal mit Erfolg.

Rückblick auf Errungenschaften

Die Institutionalisierung der SBDG-Beratungsstelle ist für Schmidt „ein wichtiger Meilenstein“. Um Wendy Stollbergs jahrelange Arbeit an der FU zu verstetigen, wurde nach ausdauernden Verhandlungen mit Kanzlerin (mdWdAb) Andrea Güttner und der Ersten Vizepräsidentin Verena Blechinger-Talcott, die Stelle der zentralen Ansprechperson bei sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt eingerichtet. Hier brauchte es einen langen Atem, auch schon von den Vorgängerinnen im Amt, um das Thema immer wieder sichtbar zu machen und gegenüber den relevanten Akteurinnen anzusprechen.

Eine gute und kollegiale Zusammenarbeit mit anderen Hochschulakteur*innen ist von hoher Relevanz für die Gleichstellungsarbeit. Auch die strategische Kooperation mit der Stabsstelle Diversity und Antidiskriminierung ist Schmidt ein wichtiges Anliegen. In einer gemeinsamen Routine des Teams geschlechter*gerecht, des Teams der Stabsstelle und der Geschäftsführung des Margherita-von-Brentano-Zentrums wird die Entwicklung von Strukturen und Maßnahmen, die Diversity und Gleichstellung betreffen, in einem regelmäßigen Rahmen diskutiert und vorangetrieben.

Katharina Schmidt, Stellvertreterin der zentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, Foto: Bernd Wannenmacher

Ein weiteres Projekt, dem sich Schmidt in den letzten zwei Jahren gewidmet hat, ist die strukturierte Unterstützung der dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, die neu im Amt sind. „Kaum haben sie das Amt angetreten, werden viele Kolleginnen ins kalte Wasser geworfen, viel Zeit für Einarbeitung gibt es nicht“, erinnert sich Katharina Schmidt an den Beginn ihrer eigenen Amtszeit am Fachbereich. Berufungsverfahren, Personalvorgänge und die Rechte als Amtsträgerin sind komplexe Sachverhalte, die viele Fragen aufwerfen und anfängliche Orientierungslosigkeit bedeuten können. Mit dem Team geschlechter*gerecht entwickelte sie ein Onboarding-Verfahren, das Unterstützungs- und Gesprächsangebote für alle neuen Kolleginnen bietet. Dieses Onboarding soll jährlich für alle Neuen stattfinden und das FU-eigene zweijährige Qualifikations- und Professionalisierungsprogramm für Gleichstellungsakteur*innen FUTURA bedarfsorientiert ergänzen. Neu sind auch – bereichsspezifisch – ein Template für die eigene Website und zukünftig ein Logo.

Mehr Beteiligung der dezentralen Kolleginnen bei der Verhandlung von finanziellen Anreizsystemen, wie der Leistungsorientierten Mittelvergabe (LOM) und den Zielvereinbarungen (ZV), war ein weiterer wichtiger Punkt auf Schmidts Agenda. Im Zuge der externen Evaluation der Gleichstellungsstrukturen im Auftrag der Hochschulleitung 2023 konnten Anliegen wie die bessere Verzahnung der verschiedenen Maßnahmen sowie eine frühere und engere Beteiligung der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in den Prozess eingebracht werden. „Die Evaluation der Gleichstellung haben wir zunächst mit Sorge betrachtet, doch wir sind gestärkt daraus hervorgegangen und haben auf vielen Ebenen positive Folgen für unsere Arbeit bewirken können“, resümiert Katharina Schmidt.

Prozesse in Arbeit

Die To-do-Liste der Stellvertreterin ist noch lang, um weiter im Sinne einer fürsorglichen Arbeits- und Studienumgebung zu agieren.

  • Berufungsverfahren genderfair gestalten: Das Talentscouting wird weiterentwickelt, um besonders geeignete Frauen als Professorinnen zu gewinnen. Berufungsgutachten sollen künftig einem Mindeststandard standhalten. Die Einführung von Listengesprächen auf zentraler Ebene, bevor das Präsidium über eine Berufung entscheidet, soll Unstimmigkeiten über die Vergabe von Listenplätzen klären helfen. Der gesamte Prozess wird im engen Kontakt zur Stabsstelle Berufungsverfahren und Berufungsstrategie vorangetrieben.
  • Standards für die Ausstattung der dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten: In einem geplanten Rundschreiben soll ein Mindeststandard der Ausstattung für dezentrale Kolleginnen, z.B. ein Raum für vertrauliche Beratungen, festgelegt werden.
  • Leistungsorientierte Mittelvergabe (LOM): Eine AG entwickelt aktuell neue Gleichstellungskriterien der hochschulinternen LOM – unter Beteiligung des Teams geschlechter*gerecht.
  • Universitätsweites Beratungskonzept: Die „Beratungslandschaft“ an der FU findet sich künftig regelmäßig zusammen, um sich auszutauschen, um Arbeitshilfen wie Dokumentationssysteme und eine übersichtliche Webseite zu entwickeln und um die Kooperation zu optimieren.
  • Machtmissbrauch: Das Thema Machtmissbrauch wurde auf Bestreben von Katharina Schmidt explizit in die Satzung zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis aufgenommen. Laut Präsidiumsbeschluss wird eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema in diesem Jahr entsprechende Maßnahmen entwickeln.
  • Fortbildung Fachkraft Sexualisierte Belästigung Diskriminierung und Gewalt: Die neunmonatige Fortbildung, die Katharina Schmidt mit zwei FU-Kolleginnen absolviert, dient der Prävention von sexualisierter Gewalt im Arbeitsleben.

Vorhaben

Für ihre zweite Amtszeit hat sich Katharina Schmidt neben den laufenden Prozessen noch weitere Aufgaben vorgenommen:

  • Gremienbonus für Frauen: Einen Nachteilsausgleich für Gremienarbeit von Frauen nach dem Vorbild anderer Hochschulen würde Schmidt gerne an der FU etablieren.
  • Geschlechtergerechte Sprache in digitalen Systemen: Als dezentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte hat Schmidt bereits 2022 in einem offenen Brief an den Präsidenten Günter M. Ziegler auf die Problematik der fehlenden geschlechtergerechten Sprache an der FU hingewiesen. Verschiedene Systeme wie Blackboard, Webex, das Berufungsportal, Anwendungen zur digitalen Personalauswahl und zum E-Recruiting sollen demnach in geschlechtergerechter Sprache angepasst werden. Dies ist und bleibt wohl auch ein Ziel, für das ein langer Atem erforderlich ist.
  • Berufswahl: Um Gleichstellungsmaßnahmen für verschiedene Zielgruppen zielgerichteter ableiten zu können, braucht es ein besseres Verständnis für die Motivation von Frauen bei der Berufswahl. Hierzu wünscht sich Schmidt eine systematische Ergänzung der regelmäßigen Absolvent*innenbefragung.

„Eiertanz im Amt“

Das Amt der stellvertretenden zentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten gleicht für Katharina Schmidt „einem Eiertanz zwischen Auseinandersetzung und konstruktiver Zusammenarbeit mit allen Beteiligten“. Unabdingbar sei für ihre Arbeit die Unterstützung und der kollegiale Austausch im Team geschlechter*gerecht. Zusätzlich biete das monatliche Plenum Raum für andere Blickwinkel und Einschätzungen durch die dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten. „Füreinander da zu sein und fürsorglich miteinander in diesem Spannungsfeld der Gleichstellungsarbeit umzugehen und dies als Team zu machen, ist eine sehr wertvolle und wichtige Erfahrung.“

Merle Büter, Referentin, Team geschlechter*gerecht


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