Nachdem 2018 die Auszeichnung aufgrund eines Belästigungs- bzw. Korruptionsskandals ausgefallen war, hat die Schwedische Akademie in Stockholm am Donnerstag zwei Literaturnobelpreise vergeben. Geehrt wurden die Polin Olga Tokarczuk und der Österreicher Peter Handke.
Die Auszeichnung für das Jahr 2018 wurde Olga Tokarczuk zuerkannt. Die Jury lobte die polnische Schriftstellerin für ihre „erzählerische Vorstellungskraft, die mit enzyklopädischer Leidenschaft das Überschreiten von Grenzen als Lebensform“ repräsentiere. Tokarczuk, 1962 bei Zielona Góra (Grünberg im einst deutschen Schlesien) als Tochter ostpolnischer Eltern aus Lwiw (Lemberg) geboren, ist studierte Psychologin. Seit 1989 avancierte sie mit zahlreichen veröffentlichten Romanen und Erzählungen zu einer der populärsten Autorinnen der jüngeren Generation in Polen.
Ihre Werke führen laut Kritikern „in ein Reich der Fantasie zwischen Mythen, Träumen und Realität“ und sind nicht vordergründig politisch oder gar patriotisch gefärbt (vgl. Munzinger). 2017 wurde ihr Tierschutzkrimi Der Gesang der Fledermäuse von Agnieszka Holland unter dem Titel Die Spur für das Kino verfilmt und war auf der Berlinale zu sehen. 2018 erhielt Tokarczuk für die englischsprachige Übersetzung ihres umfangreichen Konstellationsromans Bieguni (dt.: Unrast, en.: Flights) den Man Booker International Prize. Momentan befindet sie sich mit ihrem neuesten Werk, dem historischen Roman Die Jakobsbücher, auf Lesereise in Deutschland.
Literatur von Olga Tokarczuk im Bibliotheksportal Primo
Der Literaturnobelpreis für das Jahr 2019 wurde Peter Handke zugesprochen. Der in ärmlichen Verhältnissen in Kärnten und zeitweise auch in Ost-Berlin aufgewachsene Österreicher mit slowenischen Wurzeln ist vor allem als Autor von Erzählliteratur bekannt geworden, darunter zahlreiche Romane und Essays. Schlagartig berühmt wurde er jedoch durch sein in Frankfurt aufgeführtes provokatives Theaterstück Publikumsbeschimpfung (1966). Seine Erzählung Die Angst des Tormanns beim Elfmeter (1970) wurde von Wim Wenders verfilmt, mit dem ihn eine jahrzehntelange Zusammenarbeit und Freundschaft (Falsche Bewegung, 1975; Der Himmel über Berlin, 1987) verbindet. In den 1990er-Jahren übernahm Claus Peymann die Regie mehrere Theaterstücke Handkes am Wiener Burgtheater. Für Kritik sorgte Handkes Haltung sich während des Balkankriegs auf die Seite der Serben zu stellen; 2004 besuchte er den wegen Völkermords angeklagten serbischen Präsidenten Slobodan Milošević im Gefängnis. Zuletzt erschien 2017 sein Roman Die Obstdiebin. Handke habe „ein einflussreiches Werk“ geschaffen, „das mit sprachlichem Einfallsreichtum Randbereiche und die Spezifität menschlicher Erfahrungen ausgelotet hat“, so die offizielle Begründung der Nobelpreis-Jury.
Literatur von Peter Handke im Bibliotheksportal Primo
Die Preisübergabe an die Nobel-Laureaten erfolgt alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels.