Im Tagesspiegel-Artikel „Professoren, schreibt mehr Bücher!“ vergleicht Christopher Young, Leiter der Faculty of Modern and Medieval Languages an der Uni Cambridge und gegenwärtig FU-Gastwissenschaftler, die angloamerikanische und die deutsche Gelehrtenwelt. Sein Fazit fällt entsprechend negativ aus. Deutsche Geisteswissenschaftler bleiben international außen vor – werden aber dennoch von ihren angelsächsischen Kollegen gebraucht.
Kategorie: Ins Netz geschaut
Der Büchersommer der Politiker
Fast zeitgleich mit den WM-Helden aus Südafrika gehen die deutschen Politiker in die Sommerpause. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat dies zum Anlass genommen, Beck, Gysi, Roth, Schavan, Seehofer & Co. nach ihrer Urlaubslektüre zu befragen (und ihre Auswahl zu begründen). Von Krimis, über die neuesten Werke von John Irving und Marie N’Diaye bis hin zu Sachbüchern präsentiert sich eine bunte Liste. Für FU-Angehörige ist der Artikel „Büchersommer“ kostenfrei über das neue Frankfurter-Allgemeine-Archiv zugänglich. Zum Lesen bietet sich besser die „Ansicht als Artikel-Faksimile“ bzw. das „Ganzseiten-PDF“ an, die man unten auf der Seite auswählen kann.
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„Stolpersteine“ für FU-Campus
In der Hittorfstraße 16, unweit der Philologischen Bibliothek, lebte einst der jüdische Fabrikant Bernhard Einzig. Diese Woche wurde dort ein „Stolperstein“ verlegt, der an Einzigs Ermordung während der NS-Zeit erinnert. Die FU-eigene Online-Zeitung campus.leben nimmt dies zum Anlass, über einige Gebäude auf dem Campus zu berichten und die damit verbundenen Schicksale und Geschichten wachzurufen.
Wikipedia-Geschichtsartikel auf dem Prüfstand
Das Nachschlagen in der freien Online-Enzyklopädie ist heute so selbstverständlich wie früher der Griff zum Brockhaus. Oft wird Wikipedia auch als Einstieg zum Einlesen in ein Thema empfohlen. Dass dies gerade bei komplexeren Sachverhalten zu Schwierigkeiten führen kann, hat der Baseler Historiker Peter Haber festgestellt. Der Schweizer, selbst ein eifriger Wikipedia-Leser, hat 2010 an der Universität Wien im Rahmen eines Forschungsseminars gemeinsam mit Studierenden die Qualität von geschichtswissenschaftlichen Artikeln in der Online-Enzyklopädie untersucht.
Unter dem etwas aufmerksamkeitsheischenden Titel „Schlechter als erwartet“ hat Haber nun die ersten Ergebnisse seiner Stichprobe im Weblog histnet.ch vorgestellt. Überblicksartikel wie Frühmittelalter oder Aufklärung fallen seiner Meinung nach durch und taugen nicht für den Einstieg. Solche Beiträge würden sich nicht dafür eignen, kooperativ verfasst zu werden und entsprechendes Fachwissen sei bei der Aufbereitung von komplexen Begriffen unumgänglich. Eher eine Stärke seien zeithistorische Themen – Artikel über Personen und Ereignisse. Ebenfalls Bestandteile der Studie waren Vergleiche zwischen Artikeln in verschiedenen Wikipedia-Sprachversionen und (wenn auch nicht vorrangig) ein Blick auf die aktiven Teilnehmer.
Sämtliche Materialien und Zwischenergebnisse sind frei in einem Wiki zugänglich. Der österreichische Standard und Die Zeit (nur für FU-Angehörige zugänglich) warten mit Interviews auf.
„Bibliothek des Jahres 2010“ liegt in Baden-Württemberg
Während beim WM-Spiel heute Abend wohl noch um den Einsatz der Baden-Württemberger Cacau und Khedira gebangt werden muss, stehen die Süddeutschen aus bibliothekarischer Hinsicht mit beiden Beinen fest auf dem Boden – gestern zeichnete der Deutsche Bibliotheksverband die Bibliothek der Universität Konstanz als „Bibliothek des Jahres 2010“ aus.
Honoriert wird damit die konsequente Dienstleistungs- bzw. Kundenorientierung – als erste Bibliothek in Deutschland hat man in Konstanz seit 2001 die 24-Stunden-Öffnung eingeführt. Darüber hinaus glänzt die Universitätsbibliothek mit vielen Schulungsstunden für Studierende, systematische Freihandaufstellung des Bestandes und unterstützt aktiv Open-Access-Konzepte. Im Gegensatz zum Bibliothekssystem der FU Berlin ist das in Konstanz „einschichtig“ und besitzt keine eigenständigen Teilbibliotheken.
Die Kollegen aus Konstanz verwiesen die Universitätsbibliothek Bielefeld auf Platz zwei. Neben der Entwicklung von innovativen Benutzerangeboten setzt auch diese Bibliothek auf ausgedehnte Öffnungszeiten.
Der Preis „Bibliothek des Jahres“ wird seit dem Jahr 2000 vergeben und von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius gestiftetet. Es ist der einzige nationale Bibliothekspreis in Deutschland. In der Vergangenheit tummelten sich unter den Gewinnern sowohl öffentliche, als auch wissenschaftliche Bibliotheken und sogar eine Gefängnisbibliothek. Schon im letzten Jahr hatte sich eine Bibliothek aus Baden-Württemberg durchsetzen können – also abermals Glückwünsche nach Süddeutschland. Nach Berlin ging der Preis allerdings noch nie, aber es gibt ja immer ein erstes Mal …
Grimme Online Award 2010 verliehen
Gestern war es wieder soweit: am Rande des medienforum.nrw in Köln wurde zum zehnten Mal der Grimme Online Award vergeben. Seit 2001 prämiert das Adolf-Grimme-Institut (u. a. für die Vergabe des nach ihm benannten Fernsehpreises bekannt) herausragende deutsche Online-Angebote. In diesem Jahr bewarben sich 2000 Websites um die Auszeichnung, die in vier Kategorien vergeben wurde – 24 davon kamen in die Endrunde. Acht wurden prämiert, neu dabei auch ein eifriger Twitterer. Außerdem wurde ein Publikumspreis vergeben. Dennoch bemerkte Uwe Kammann, Leiter des Grimme-Instituts, dass „manche Netzbegeisterung kleinlauter“ geworden sei.
Kategorie Information
– FuPa (regionales Fußballportal aus Niederbayern)
– Soukmagazine (Gesellschaftsmagazin über den orientalischen Raum)
Kategorie Wissen und Bildung
– beerobi (Vorstellung von Ausbildungsberufen für Jugendliche)
– Das Wunder von Leipzig (Webspecial zur Wiedervereinigung)
– Ein Jahr auf dem Bauernhof (kindgerechte Informationen zur Landwirtschaft)
– Little Berlin – Ein Dorf deutscher Geschichte (Webspecial zum „Mauerdorf“ Mödlareuth)
Kategorie Kultur und Unterhaltung
– Frischfilm (Schweizer Kurzfilmplattform)
Kategorie Spezial
– Tiny Tales (Literatur in 140 Zeichen)
Kategorie Publikumspreis
– Fernsehkritik-TV (humorvolles Web-TV-Magazin über das Fernsehen)
Von dieser Stelle Glückwunsch an alle Gewinner! Einige kannte man, viele gibt es neu zu entdecken (interessant ist auch die Liste der Nominierten).
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Link des Monats Juli 2010: European Navigator
Der European NAvigator (ENA), der vom Centre Virtuel de la Connaissance sur l’Europe (CVCE) konzipiert und entwickelt wird, bietet eine digitale Bibliothek mit mehr als 16.000 Dokumenten zum europäischen Integrationsprozess.
Die wichtigsten historischen Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg und die europäischen Organisationen werden nach chronologischen und thematischen Gesichtspunkten dargestellt und anhand zahlreicher Archivdokumente sowie vom CVCE realisierter Interviews mit Akteuren und Zeitzeugen illustriert.
Das CVCE ist eine luxemburgische öffentliche Einrichtung, die vom Ministerium für Hochschulbildung und Forschung unterstützt wird.
Präsidenten-Lektüre
Pünktlich zur heutigen Wahl des Bundespräsidenten (erster Urnengang ab 12:15 Uhr) hat sich das Feuilleton der FAZ die Lieblingsbücher der beiden aussichtsreichen Kandidaten Christian Wulff (vorgeschlagen von der CDU/CSU und FDP) und Joachim Gauck (Kandidat der SPD und der Grünen) genauer angesehen. Getreu dem Motto „Wenn wir die Lieblingsbücher der Kandidaten kennen, dann wissen wir, mit welchen fremden Köpfen sie am liebsten denken.“, blickt Hubert Spiegel mit leichtem Schmunzeln auf Werke von Antoine de Saint-Exupéry, Hemingway und Bohumil Hrabal.
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Autorenwettstreit am Wörthersee
Es wird wieder gelesen am Wörthersee – gestern starteten in Klagenfurt zum 34. Mal die Tage der deutschsprachigen Literatur, in deren Verlauf der renommierte Ingeborg-Bachmann-Preis vergeben wird. Bis Samstag treten 14 eher unbekannte Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Wettstreit gegeneinander an. Das Besondere dabei: die bisher unveröffentlichten Prosatexte werden direkt nach der Autorenlesung (bis zu 30 min lang) von den sieben Jurymitgliedern öffentlich vor Publikum diskutiert. Ebenso erfolgt die Ermittlung des Preisträgers in einer offenen Abstimmung. Der Lesemarathon wird wie jedes Jahr live vom ORF 3sat im Fernsehen ausgestrahlt, allerdings für Berufstätige zu eher ungünstigen Zeiten (doch es gibt Alternativen!). Bereits am 27. Juni ist die Preisverleihung.
Zur diesjährigen Jury, die die Wettbewerbsteilnehmer auch vorschlägt, zählen der deutsche Journalist und Literaturkritiker Hubert Winkels, der deutsche Schriftsteller Burkhard Spinnen, der österreichische Journalist Paul Jandl und der Schweizer Autor Alain Claude Sulzer.
Autoren im Wettbewerb:
- Volker H. Altwasser (Deutschland)
- Thomas Ballhausen (Österreich)
- Dorothee Elmiger (Schweiz)
- Christian Fries (Deutschland)
- Sabrina Janesch (Deutschland)
- Josef Kleindienst (Österreich)
- Christopher Kloeble (Deutschland)
- Daniel Mezger (Schweiz)
- Verena Rossbacher (Österreich)
- Max Scharnigg (Deutschland)
- Iris Schmidt (Deutschland)
- Aleks Scholz (Deutschland)
- Peter Wawerzinek (Deutschland)
- Judith Zander (Deutschland)
Die bisher vorgetragenen Texte lassen sich zeitnah auf der offiziellen Website nachlesen. Im letzten Jahr hatte der deutsche Autor Jens Petersen mit seinem Romanauszug Bis dass der Tod die Nase vorn.
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60 Jahre und keine Ende – das Taschenbuch hat Geburtstag
Heute vor sechzig Jahren brachte Rowohlt die ersten „modernen“ Taschenbücher auf den Markt. Revolutionär waren weniger die Inhalte (der Rowohlt-Verlag konnte vor allem zurückgreifen auf Rechte aus den zwanziger und dreißiger Jahren an Romanen großer amerikanischer Autoren wie Hemingway, Faulkner u.a.), sondern eher das Format (11-18 cm) und vor allem ein neuartiges Verfahren zum Kleben der Buchrückseiten („Lumbeck“-Technik).
Nach der Abschottung der deutschen Kultur in der Zeit des Nationalsozialismus boten die Taschenbücher allerdings sehr wohl einem deutschen Massenpublikum die Chance auf preisgünstige Weise geistig wieder Anschluss an die westliche Welt und die Weltliteratur herzustellen und waren somit neben einer verlegerischen Erfolgsstory aus der Zeit des beginnenden „Wirtschaftswunders“ zugleich ein beachtliches westdeutsches Kulturphänomen.
Der erste Band in einer Reihe von zahllosen Titeln, die in der Regel nicht unter einer Erstauflage von 50.000 Exemplaren erschienen und ständig nachgedruckt wurden, war übrigens Hans Falladas‘ „Kleiner Mann was nun?“
Wer noch mehr zum Taschenbuch und dessen Geburtstag erfahren möchte, sei verwiesen auf ein hörens- bzw. lesenswertes Interview, das der Deutschlandfunk heute mit dem ehemaligen Kulturstaatsminister Michael Naumann geführt hat.