Protest und Tragödie: ein Rückblick des Universitätsarchivs auf das Jahr 1967

„Er hat viel bewegt – als Opfer“, sagt der Schriftsteller Uwe Timm über Benno Ohnesorg.

Uwe Timm, Schriftsteller und Weggefährte
Foto: Titelblatt FU Spiegel Nr. 58, Sonderdruck zum 02. Juni 1967, Signatur: APO-D/55, Universitätsarchiv

Der gewaltsame Tod von Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 beeinflusste die Radikalisierung der Studentenbewegung. Als Student der Germanistik an der Freien Universität setzte sich Ohnesorg politisch vor allem gegen Unrechtsverhalten in Dritte-Welt-Staaten ein, ein bekennender Marxist, anders als viele seiner mitdemonstrierenden Kommiliton*innen, war er jedoch nicht. Ohnesorg war Mitglied der Evangelischen Studentengemeinde (ESG) und überzeugter Pazifist. Der Besuch des Schahs von Persien, Mohammed Reza Pahlavi, in der Bundesrepublik, konkret in West-Berlin am 2. Juni 1967, stieß aufgrund der gravierenden Menschenrechtsverletzungen in Persien vor allem bei den Student*innen auf Protest. Um auf die Missstände aufmerksam zu machen, organisierten sie am 2. Juni zwei Demonstrationen, vormittags vor dem Schöneberger Rathaus anlässlich des Eintrags ins das Goldene Buch der Stadt, und abends vor der Deutschen Oper, in die das Schah-Paar zur Mozartoper „Die Zauberflöte“ geladen war. Die vor der Oper versammelten Demonstrant*innen wurden von der Polizei in eine enge Absperrung gedrängt, woraufhin diese die Demonstration gewaltsam auflöste.

Die Demonstrantin*innen konnten nur in zwei Richtungen aus der Absperrung entfliehen und wurden dabei – gemäß der sogenannten „Leberwursttaktik“ – von der Polizei verfolgt und verhaftet. Dabei erschoss aus angeblicher Notwehr der Kriminalobermeister Karl-Heinz Kurras aus nächster Nähe den unbewaffneten Benno Ohnesorg. Kurras wurde später vom Verdacht der fahrlässigen Tötung freigesprochen, obwohl seine Version der Notwehr widerlegt worden war. Erst vor einigen Jahren ist bekannt geworden, dass Kurras ein Spitzel der Staatssicherheit der DDR war, die aber offenbar keinen Anteil an den Geschehnissen am 2. Juni hatte.

Der Mord an Benno Ohnesorg hatte immensen Einfluss auf die Studentenbewegung, radikalisierte sie, und dieser Weg führte letztlich einige zur Gründung der Roten Armee Fraktion (RAF).

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Freien Universität leitete einen Untersuchungsausschuss zu den Ereignissen am 2. Juni 1967 ein. Die zusammengetragenen Zeugenaussagen im Rahmen des Untersuchungsausschusses sowie Fotos, die Szenen während der Demonstration zeigen, sind im Universitätsarchiv zu finden, letztere befinden sich zurzeit in Restaurierung, da sie von Schimmel befallen sind.