Nachhaltigkeit in der FaMI-Ausbildung – Workshoptag an der Berufsschule in Leipzig

Eine große Stärke von Bibliotheken ist die Vernetzung und die Weitergabe von Praxiswissen. Die Universitätsbibliothek der Freien Universität bietet in der dualen FaMI-Ausbildung (Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste) Ideenumsetzungen zum Thema Nachhaltigkeit und „grüne Bibliothek“ in Projekttagen an. Die Sächsische Landesfachstelle für Bibliotheken lud nun Ausbilderin Janet Wagner in die Berufsschule in Leipzig ein. Ein Bericht.

Machen! Wollen! Wirken!

Eine gelungene Ausbildung hängt stark davon ab, wie Theorie und Praxis ineinandergreifen. Was in der Berufsschule für den Job in der Bibliothek vermittelt wird, soll im besten Fall praktisch im Bibliotheksalltag angewandt und vertieft werden. „Umweltschutz & Nachhaltigkeit“ sind als verbindliche Inhalte seit 2021 in der Standardberufsbildposition verankert. Doch auch im Jahr 2025 fehlt Lehrkräften, Ausbilder*innen und Bibliotheken meist die genaue Vorstellung davon, wie nachhaltige Entwicklung und die Merkmale einer grünen Bibliothek gut vermittelt werden können.

Auszubildende und Ausbilder*innen einiger sächsischen Bibliotheken folgten der Einladung der Landesfachstelle, sich an der Gutenbergschule in Leipzig einem Tag lang dem Thema „Bildung für nachhaltige Entwicklung“/“Grüne Bibliothek“ zu widmen. Inputvortrag, Graffiti-Methode, Gallery-Walk und intensive Ideenfindung in Gruppen machten den Tag abwechslungsreich und sicherten viel Gelegenheit zur Inspiration.

17 Ziele im Kontext von Bibliotheken

Janet Wagner stellte die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung als „Weltvertrag der Welt für ein gutes Leben für alle“ vor. Einige Hände gingen hoch, bei der Frage, wer die 17 Ziele kennt. Doch welchen Beitrag Bibliotheken zur deren Umsetzung leisten können, zeigte sich auf den erarbeiteten Plakaten. In der Graffiti-Methode entstanden vielzählige Antworten der Auszubildenden.

Das Denken in die Zukunft, die eigene Selbstwirksamkeit entdecken und das Verstehen von Diskursen: „Was ist denn eigentlich nachhaltig in meiner Bibliothek?“ gehört dazu, wenn es um das Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung geht. Aha-Momente („Das kenne ich, das machen wir schon!“) oder auch die Erkenntnis: „Auch das gehört zu Nachhaltigkeit?!“ befördern Auszubildende Ausbilder*innen gleichermaßen in der Ausbildungszeit dem Thema mehr Raum und Ressourcen zu geben.

Im Aula-Raum der Schule lagen über 40 verschiedene Thementafeln, wurde ein langer Ideen-Tisch mit Literatur und Begleitmaterialien angeboten. Die sehr praxisnahe Info-Broschüre der Landesfachstelle „Einführung von Bildung für nachhaltige Entwicklung im öffentlichen Bibliothekswesen in Sachsen“ zeigt unzählige Beispiele, was alles möglich ist.

Projektideen und Ausblick

Ein Tag reicht nicht, um ein konkretes Projekt zu formulieren. Dennoch brachte die Gruppenarbeit viel Output: „Therapiri – gesundes und soziales Miteinander im Bibliotheksteam“, die „Radelberger – Lastenfahrrad für die Bibliothek auf Rädern“ und weitere Ideen wurden im Gallery-Walk bewertet. Die Landesfachfachstelle bietet zusammen mit dem Netzwerk Grüne Bibliothek nun eine Prämierung der Projekte, die bis Ende März 2026 auch erste Umsetzungen zeigen.

Der Tag endete mit unterschiedlichen Eindrücken und Rückmeldungen: Viele der Auszubildenden waren inspiriert und konnten die 17 Ziele gut mit den Aufgaben Ihrer Bibliothek verbinden. Mehr Vorbereitung auf das Thema an sich wünschten sich zudem die Teilnehmenden. Es war dennoch ein gelungener Tag und 2026 wird es spannend, welche Projekte in die konkrete Umsetzung kommen.

Workshop für Auszubildende: Die Grüne Bibliothek & nachhaltiges Handeln für den Berufsnachwuchs

Die duale Ausbildung zur/zum „Fachangestellte/n für Medien – und Informationsdienste“, kurz FaMI, gibt es in Deutschland seit vielen Dekaden. Berufsbilder unterliegen einem ständigen Wandel, so verändern sich vor allem die Tätigkeitsfelder in der praktischen Ausbildung hinsichtlich der Ausbildungsinhalte zur Digitalisierung, des demografischen Wandels und eben auch hinsichtlich des Themas Nachhaltigkeit. In Zeiten multipler Krisen, andauernden Kriegen und der gesellschaftlichen Spaltung ist es mehr denn je bedeutsam, jungen Menschen im ersten Abschnitt des Berufslebens Machbares aufzuzeigen, welche Lösungen es zu diesen komplexen Problemen auch in Bibliotheken gibt.

Die Universitätsbibliothek bildet seit vielen Jahren FaMIs aus, der aktuelle Jahrgang hat 2022 seine Ausbildung mit drei Auszubildenden begonnen. Bereits in den Einführungstagen gab es mit einem Kollegen einen ganzen Tag im Bibliotheksgarten der Bibliothek für Sozialwissenschaften und Osteuropastudien. Nicht allein der „grüne Lernort“ sondern naturnahes Gärtnern, die Saatgut-Bibliothek und die Zusammenarbeit mit der Nachhaltigkeitsinitiative „SUSTAIN IT!“ an der Freien Universität zeigen ein komplexes Gefüge, was ökologische Nachhaltigkeit beinhaltet.

Workshop im Co-Working-Bereich der Zentralbibliothek

Die Auszubildenden bekamen vorab unterschiedliche Aufgaben, mit denen sie auf das Thema Nachhaltigkeit eingestimmt wurden und die sie im Workshop präsentieren sollten.

Die Arbeitsaufträge spannten u.a. mit der Agenda 2030 und den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, Definitionen für Nachhaltigkeit und die Grüne Bibliothek den Bogen von der Theorie bis hin zu praktischen Anwendungsbeispielen aus Bibliotheken. Beeindruckend waren die gesammelten Beispiele aus den vertretenen Bibliotheken. Es gab einige empfundene Aha-Erlebnisse der Auszubildenden: Nicht nur der Kühlschrank zur Lebensmittelrettung oder der Verleih von Lastenrädern gehört zu nachhaltigen Angeboten einer Bibliothek. Dauerhafte Bildungsangebote zu Fake-News, die „Bibliothek der Dinge“ als Alternative zum Kauf von Dingen oder das Teamevent „Plastikfreies Picknick“ gehören zu sozialer Nachhaltigkeit.


Akteur*innen für Nachhaltigkeit zeigen Handlungsfelder

Tim Schumann (Netzwerk Grüne Bibliothek) aus der Heinrich-Böll-Bibliothek berichtete vom „grünen Pfad“ der Pankower Bibliotheken. Er schilderte u.a. das aufwändige Projekt zur Berechnung des CO2-Ausstoßes der Bibliothek und über praktische Aktivitäten wie die Aufstellung einer Social Period Box oder der Nutzung einer Wurmkiste. Dabei appellierte er an eine Neuausrichtung des Selbstverständnisses der Bibliotheken hin zu einem regionalen Player für Nachhaltigkeit und Community Building. Die Auszubildenden adressierte er dabei explizit als Multiplikator*innen dafür in ihrem jeweiligen Umfeld.

Antje Wenzel stellte die Saatgutbibliothek der Bibliothek Tiergarten-Süd und die Bibliothek der Dinge vor und entwickelte mit den Auszubildenden gemeinsam Ideen für die Öffentlichkeitsarbeit, um diese Angebote stärker zu verbreiten.

Judith Hübner von der Koordinierungsstelle für Natur-, Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung in Steglitz-Zehlendorf an der Freien Universität Berlin hob besonders den Aspekt der Kooperationspartner hervor und leitete die Auszubildenden zu einer umfangreichen Sammlung von bestehenden und möglichen weiteren Kooperationen an, um Nachhaltigkeitsprojekte voran zu bringen. Eindrucksvoll waren hier die unzähligen Beispiele, die alle Auszubildenden bereits kennen. Neue, frische Ideen zu möglichen Kooperationen zwischen Bibliothek und Partner*innen aus Kiez oder der Stadt wurden in Gruppenarbeit zusammengetragen und reflektiert.

Sabine Heckmann von der Stabsstelle Nachhaltigkeit der FU diskutierte mit der Gruppe, auf welcher Ebene Veränderungen hin zu mehr Nachhaltigkeit angestoßen werden müssen. Sie leitete die Auszubildenden an, ein Grobkonzept für eine eigene Bibliotheksveranstaltung zum Thema zu erarbeiten.


Und wie geht es weiter?

„Motivation & Inspiration“ waren unter anderem die Stimmungsbilder in der Feedbackrunde der Auszubildenden. Jetzt gilt es, während der Ausbildungszeit genügend Zeit, Raum und auch Betreuung zu erhalten, um eigene Ideen im Sinne einer „grünen Bibliothek“ umsetzen.

Die drei Auszubildenden der Universitätsbibliothek haben ihre Ideen mit den Ausbilder*innen bereits besprochen, erste Projektskizzen stehen und werden im neuen Ausbildungsjahr umgesetzt. Dann wird sich zeigen, wie „nachhaltig“ das Wissen zu dem Thema auch das eigene Handeln befördert hat. Wir sind gespannt.

Bildquelle: ©Janet Wagner