Der Deutsche Buchpreis geht dieses Jahr an Kathrin Schmidt, wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels heute, traditionell einen Tag vor Eröffnung der Frankfurter Buchmesse, bekannt gab. In ihrem Roman Du stirbst nicht schildert die in Berlin lebende Autorin die Krankheits- und Genesungsgeschichte der Schriftstellerin Helene. Nach zwei Wochen im Koma wacht Schmidts Protagonistin im Krankenhaus auf, ohne Kontrolle über ihren Körper, ohne Sprache und mit einem lückenhaften Gedächtnis – die Folgen eines plötzlichen Schlaganfalls. Erst nach und nach schafft es Helene sich ihre Vergangenheit wieder anzueignen, sich dem Ehemann, der Kinder, Beruf und Vergangenheit zu entsinnen.
Der Roman ist stark autobiographisch geprägt. Schmidt stammt aus dem thüringischen Gotha und ist studierte Sozialpsychologin. Politisch zur Zeit der Wende engagiert, machte sie 1994 das Schreiben zu ihrem Beruf und legte unter anderem mehrere Lyrikbände vor. 1998 wurde ihr gefeiertes Romandebüt Die Gunnar-Lennefsen-Expedition veröffentlicht, woraufhin ein weiterer Gedichtband (Go-In der Belladonnen, 2000) und zwei Romane folgten, mit denen sie jedoch nicht an den vorangegangenen Erfolg anknüpfen konnte.
2002, just zu der Zeit als Kathrin Schmidt ihren zweiten Roman Koenigs Kinder zum Druck freigab, kam es bei ihr zu einer Gehirnblutung. Mühevoll musste die Ehefrau und Mutter die Sprache neu erlernen. Bereits ein halbes Jahr später begann sie mit den Vorbereitungen zu ihrem 2005 veröffentlichten Roman Seebachs schwarze Katzen über einen allein erziehenden Vater, der von seiner DDR-Vergangenheit eingeholt wird.
Mit der Aufarbeitung ihrer Krankheit in Du stirbst nicht (2009) hat sich Schmidt erfolgreich ins Leben und die Literatur zurückgekämpft und das Lob der Kritiker erhalten – und ganz nebenbei der frisch gekürten Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller den Deutschen Buchpreis vor der Nase weggeschnappt. Oft schreibt das Leben die interessanteren Geschichten …
Buchpreis-Shortlist 2009:
– Rainer Merkel: Lichtjahre entfernt (S. Fischer, März 2009)
– Herta Müller: Atemschaukel (Hanser, August 2009)
– Norbert Scheuer: Überm Rauschen (C. H. Beck, Juni 2009)
– Kathrin Schmidt*: Du stirbst nicht (Kiepenheuer & Witsch, Februar 2009)
– Clemens J. Setz: Die Frequenzen (Residenz, Februar 2009)
– Stephan Thome: Grenzgang (Suhrkamp, August 2009)