open-access.network wird bis 2028 verlängert – mit Ausbau von Services, Community-Netzwerk und Werkzeugen zur nachhaltigen Verankerung von Open Access in Deutschland. Die Projektleitung liegt beim Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz. Die weiteren Projektpartner sind:
Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin mit dem Open Research Office
Am 3. Dezember 2025 gab open-access.network bekannt, dass das Projekt vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) weitere drei Jahre gefördert wird – bis 2028. Damit wird die bereits aufgebaute Infrastruktur rund um Open Access, Vernetzung und Qualifizierung langfristig gesichert und ausgebaut.
Was bisher erreicht wurde
In den ersten beiden Förderphasen hat open-access.network eine zentrale Rolle für die Open-Access-Community eingenommen:
Das Portal zählt täglich im Schnitt rund 500 Besuchende und gilt als wichtige Informations- und Austauschplattform.
Mit Formaten wie Online-Fortbildungen, Workshops und Netzwerkangeboten haben Wissenschaftler*innen, Bibliotheken und Hochschulen konkrete Unterstützungsangebote rund um Open Access gefunden.
Mit Services wie dem oa.atlas und dem oa.finder sowie dem gemeinschaftlich getragenen oa.hub wurde durch Werkzeuge eine Infrastruktur geschaffen, die offen zugängliche wissenschaftliche Inhalte und Informationen systematisch erfasst und verfügbar macht.
Die Bildung einer Community-basierten Beratungsstruktur über den oa.helpdesk gibt Nutzenden Praxis-Support bei offenen Lizenzmodellen, Finanzierung und Umsetzung von OA-Initiativen.
Fokus der kommenden Jahre: Konsolidierung, Ausbau und Nachhaltigkeit
In der dritten Projektphase liegt der Schwerpunkt auf:
der Vertiefung der Community-Arbeit und des Wissensaustauschs innerhalb der Open-Access-Landschaft,
der Weiterentwicklung bestehender Tools, Informationsangebote und Fortbildungsformate,
der strategischen Begleitung aktueller Herausforderungen der Open-Access-Transformation und
der nachhaltigen Integration der Angebote in bestehende Strukturen der Wissenschaftslandschaft.
Ziel ist es, die Transformation des Publikationswesens langfristig und stabil zu verankern – jenseits temporärer Projektphasen.
Bedeutung für Hochschulen, Bibliotheken und Forschende
Für alle Akteur*innen in Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation bietet open-access.network eine langfristig gesicherte Plattform:
Lehrende und Forschende finden weiterhin qualifizierte Fortbildungsmöglichkeiten, wenn es um Open Access, FAIR Prinzipien oder neue Publikationsformen geht.
Bibliotheken und Institutionen erhalten Werkzeuge und Informationen, um Open-Access-Strategien zu entwickeln und umzusetzen – von Beratung über Infrastruktur bis zur Vernetzung mit anderen Einrichtungen.
Die wissenschaftliche Community insgesamt profitiert von einem stabilen, bundesweit vernetzten Ökosystem für offene Wissenschaft – mit Services, Standards und Austauschformaten.
Die Verlängerung erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Open-Access-Transformation nicht mehr als optionales Projekt wirkt, sondern als struktureller Bestandteil wissenschaftlicher Infrastruktur verstanden werden muss. Angesichts wachsender Anforderungen an Transparenz, Nachnutzung und FAIR-Datenmanagement gewinnt ein verlässliches, gut vernetztes Open-Access-Ökosystem zunehmend an Bedeutung – national wie international.
open-access.network leistet dafür mit seiner dritten Förderphase einen wichtigen Beitrag: Es legt das Fundament für eine nachhaltige, institutionell verankerte Open-Access-Kultur, die Wissenschaft und Gesellschaft gleichzeitig zugänglich, transparent und kooperativ macht.
Neue Fortbildungen im Wintersemester! Die Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin lädt Forschende und Lehrende wieder dazu ein, ihre digitalen Kompetenzen gezielt auszubauen. Die neue Fortbildungsreihe rund um Künstliche Intelligenz, Open Science und Forschungsdatenmanagement vermittelt praxisorientiertes Wissen und aktuelle Entwicklungen in zentralen Bereichen wissenschaftlicher Arbeit.
Von Open Science bis Forschungsdatenmanagement: Themenvielfalt mit Praxisbezug
Unsere Workshops greifen aktuelle Themen und Trends auf, die Forschung und Lehre akut beschäftigen – von generativer KI und Prompting-Techniken über automatische Transkription bis hin zu Data Management Plans, Open Access und Open Educational Resources (OER). Teilnehmende können erfahren, wie sie diese Tools und Methoden sinnvoll in ihre Forschungs- und Lehrpraxis integrieren können.
Im Fokus steht für uns die Frage, wie digitale Technologien und offene Wissenschaft den Forschungsalltag erleichtern, die Sichtbarkeit von Ergebnissen erhöhen und den Austausch innerhalb der Wissenschaftsgemeinschaft (und der Freien Universität Berlin) fördern können.
Für alle Fachrichtungen, kostenfrei und online
Die Workshops richten sich an Forschende und Lehrende aus allen Fachbereichen. Die Veranstaltungen finden online statt und sind kostenfrei für Angehörige der Freien Universität Berlin. Zwischen November 2025 und März 2026 haben Interessierte die Möglichkeit, sich gezielt weiterzubilden, neue Werkzeuge kennenzulernen und sich mit Kolleg*innen aus anderen Disziplinen auszutauschen.
Die Fortbildungsreihe wird von der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin angeboten. Sie ist Teil des Engagements der Freien Universität Berlin, Forschende und Lehrende bei der Umsetzung von Open Science, digitaler Forschungskompetenz und verantwortungsvollem KI-Einsatz zu unterstützen.
Die Standorte der Universitätsbibliothek werden im Dezember betriebsbedingt an unterschiedlichen Tagen früher schließen oder ganztägig geschlossen haben. Alle Informationen dazu finden Sie hier im Überblick:
am Donnerstag, den 04.12. ist der zweite Stock erst ab 13:00 Uhr geöffnet
Dadurch kann es zu Verzögerungen bei der Bereitstellung bestellter Medien kommen. Bitte nutzen Sie an diesen Tagen alternative Standorte oder den Online-Zugriff auf elektronische Medien.
Vielen Dank für Ihr Verständnis!
Weiterführende Informationen erhalten Sie bei Ihren jeweiligen Fachbibliotheken.
(Hinweis: Der Beitrag wurde am 26.11.2025 aktualisiert)
Library Closures in December 2025
Due to operational reasons, the locations of the University Library of Freie Universität Berlin will close earlier on certain days or remain closed all day in the following month. You can find all the relevant information here at a glance:
Campus Library
Closed all day on Monday, December 1.
Library of Social Sciences and East European Studies
Closed on Tuesday, December 2, from 3:00 PM
Philological Library
Closed on Wednesday, December 3, from 3:00 PM
Central Library
On Thursday, December 4, the 2nd floor will be open from 1:00 PM onwards.
This may cause delays in the provision of ordered media. Please use alternative locations or online access to electronic media on these days.
Wer promoviert, weiß: Der Weg zur Doktorarbeit ist anspruchsvoll – und gleichzeitig voller Möglichkeiten. Damit Sie von Anfang an gut begleitet sind, bietet wir ab sofort ein neues Startpaket für Promovierende an. Es unterstützt Sie in allen Phasen Ihrer Promotion und bündelt die wichtigsten Services an einem Ort.
Was bietet das Startpaket?
Das Startpaket richtet sich an alle Promovierenden der Freien Universität – egal, ob Sie ganz am Anfang stehen oder bereits mitten in der Forschungsarbeit sind. Es enthält eine Auswahl an Angeboten, die Ihnen die Arbeit erleichtern:
Recherche- und Literaturservices: Lernen Sie, wie Sie gezielt nach wissenschaftlicher Literatur suchen und Ihre Quellen effizient verwalten
Forschungsservices: Nutzen Sie unsere Angebote zu Forschungsdatenmanagement, Open Access und wissenschaftlicher Sichtbarkeit
Publikationsunterstützung: Von der Wahl des richtigen Verlags bis hin zu rechtlichen Fragen – wir begleiten Sie beim Publizieren Ihrer Forschungsergebnisse
Weiterbildung: In unseren Workshops und Schulungen erhalten Sie wertvolles Wissen rund ums wissenschaftliche Arbeiten und Publizieren
Persönlich für Sie da
Neben den digitalen Angeboten und Materialien steht Ihnen auch unser Team zur Seite: In der Zentralbibliothek sowie in den Fachbibliotheken finden Sie kompetente Ansprechpersonen für Ihre individuellen Anliegen. Wir beraten Sie gerne.
Wir freuen uns darauf, Sie auf Ihrem Promotionsweg zu begleiten – mit Fachwissen, Erfahrung und einem umfassenden Serviceangebot.
Natur macht glücklich. Immer mehr Pflanzen ziehen in die Büroräume von Mitarbeitenden ein. Und auch in die Bibliotheken schaffen sie es nach und nach. Bereits seit einigen Jahren gibt es in Bibliotheken die Entwicklung eher Begegnungs- und Arbeitsräume zu schaffen, als pure Ausstellungsflächen für möglichst viele Bücher und Zeitschriften zu bieten. Fortwährend werden neue Services gesucht, um die Studierenden bestmöglich zu unterstützen. Der vermutlich einfachste Service wird dabei oft nicht als solcher angesehen: Pflanzen und Sonnenlicht. Diese stellen eine Bereicherung für die Nutzenden dar und unterstützen diese unterbewusst beim Arbeiten.
Neue Erkenntnisse
Pflanzen erzeugen durch Fotosynthese fortwährend Sauerstoff und verarbeiten dafür Kohlenstoff aus der Umgebungsluft. Allerdings tun sie dies in geringen Mengen. Eine Studie aus dem Jahr 2019 ging der Annahmen auf den Grund, dass Pflanzen die Luftqualität in einem Raum verbessern können. Man fand heraus, dass die luftreinigende Wirkung von Pflanzen tatsächlich geringer ist, als man denken könnte. „Den Berechnungen der Autoren zufolge bräuchte man zehn bis 1000 Pflanzen pro Quadratmeter, um die Raumluft ähnlich gut zu reinigen, wie einmal gut durchzulüften es auch würde.“[1] Das wäre schon ein ziemlicher Bibliotheks-Dschungel.
Die positiven Effekte
Die eigentliche Superkraft von Büropflanzen liegt jedoch in einem anderen Aspekt. Laut einer Studie aus dem Jahre 2018 trägt ein biophiles Design (gemessen an Begrünung und Sonnenlicht) zur Erhöhung der Produktivität und der Motivation der Arbeitenden bei. Es konnte eine Korrelation zwischen der Kombination aus Begrünung und Sonnenlicht und der subjektiven Wahrnehmung von Müdigkeit hergestellt werden. Pflanzen und Sonnenlicht haben also den Effekt, dass man sich weniger müde fühlt. Weiterhin zeigte die Studie bzw. das Pilotexperiment, dass die Kombination aus Grünpflanzen und Sonnenlicht sich vorteilhaft auf die Kreativität, das Wohlbefinden und die Gesundheit der Nutzenden auswirkt[2]. Des Weiteren soll sich Begrünung in Innenräumen positiv auf die Motivation auswirken.[3]
In den FU Bibliotheken
Auch die Universitätsbibliothek mit ihren diversen Standorten, macht sich den ‚grünen Unterstützungsaspekt‘ zu Nutze und möchte ihren Bibliotheksnutzenden, durch moderne und ansprechende Arbeitsplätze, beim Lernen und Arbeiten unterstützen. Ein kreatives Beispiel für Begrünung in Bibliotheken sind die grünen Raumtrenner in der Geowissenschaftlichen Bibliothek. „Das Kollegium der Geowissenschaftlichen Bibliothek am Campus Lankwitz legt großen Wert auf eine angenehme, willkommende und grüne Atmosphäre an einem engagierten Fachbereich.“[4] So hat das Team ihre Idee von fahrbaren Regalen mit Topfpflanzen bei der FUturist-Ausschreibung eingereicht und die benötigten Mittel erhalten. Seit 2024 erfreuen die grünen Raumtrenner die Bibliotheksnutzenden und tragen zusätzlich zur optischen Verschönerung und zum Lärmschutz bei. Die Regale können von der Bibliothek auch ohne die Pflanzen genutzt werden. Durch entnehmbare Böden können große Karten transportiert werden und durch Halterungen an den Seiten können auch kleine Whiteboards befestigt und an den gewünschten Ort geschoben werden. In der Bibliothek tummeln sich sogar auf den Buchregalen einige Pflanzentöpfe.
Auch in den anderen Bibliotheken der FU finden sich mittlerweile grüne Pflanzen in den Benutzungsräumen oder eine uneingeschränkte Sicht auf die Natur und, solange das Wetter es zulässt, auch auf den Sonnenschein. In neu eingerichteten Räumen, wie dem neuen Lernraum in der Fachbibliothek Nordamerikastudien, werden Pflanzen direkt mitgedacht. Teilweise haben Bibliotheken wie die Fachbibliothek Geschichts- und Kunstwissenschaften oder die Fachbibliothek Sozialwissenschaften und Osteuropastudien große Glasfronten mit einem tollen Ausblick auf die umliegende Natur.
Abschließend kann gesagt werden, dass es auch für zukünftige grüne Neuzugänge noch reichlich Platz in den Bibliotheken gibt.
[2] Sanchez, Julia Ayuso u.a.: Quantitative improvement in workplace performance through biophilic design: A pilot experiment case study. Energy and Buildings. 2018. Vol. 177, S. 316-328.https://doi.org/10.1016/j.enbuild.2018.07.065
[3] Sadick, Abdul-Manan und Kamardeen, Imriyas: Enhancing employees’ performance and well-being with nature exposure embedded office workplace design. Journal of Building Engineering. 2020. Vol. 32. https://doi.org/10.1016/j.jobe.2020.101789
Viele Jahre hat der Förderkreis Philologische Bibliothek e.V. mit seinem Bücherbasar die Philologische Bibliothek unterstützt. Der Förderkreis geht zurück auf eine studentische Initiative mit dem Ziel, Geldmittel für Neuerwerbungen der Bibliothek zu sammeln.
Mit ehrenamtlicher Unterstützung wurde der Basar an drei Tagen der Woche für fünf Stunden geöffnet. Dank einer großen Auswahl an Büchern und Schallplatten hatte der Basar für jeden Geschmack etwas zu bieten und ist so zu einem gern besuchten Ort für alle mit einer Vorliebe für Literatur und Musik geworden.
Seit einiger Zeit wird der Basar nicht mehr betrieben, die Bestände verblieben jedoch in den Räumlichkeiten. Nun soll sich auch das ändern. Mit Auflösung des Förderkreises werden die noch übrigen Medien, die sich im Bücherbasar befinden, gesichtet und für eine Verkaufsaktion vorbereitet.
Ab heute, dem 02.12.2024, werden die besagten Bestände in der Philologischen Bibliothek zum Verkauf angeboten. Für einen Euro kann jeder, der interessiert ist, Literatur zu den verschiedensten Themengebieten erwerben und so noch einmal die Bibliothek unterstützen.
Manchmal öffnet die Geschichte ihre Türen einen Spalt breit und gewährt uns einen Blick in die Vergangenheit. So erging es uns vor Kurzem bei der Entdeckung eines historisch wertvollen Buches aus der Bibliothek der ehemaligen Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums (HWJ) aus der Campusbibliothek.
Diese renommierte Institution, deren Bibliothek eine bedeutende Sammlung religiöser und wissenschaftlicher Literatur mit über 60.000 Bänden umfasste, wurde 1942 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Der Fund des Buches dokumentiert einen weiteren Fall der Enteignung aus dem Besitz der HWJ und verdeutlicht damit die Verlagerung und Nutzung jüdischer Kulturgüter durch das NS-Regime.
Bereits beim ersten Aufschlagen von Simon Bernfelds Werk Die Jüdische Literatur aus dem Jahr 1921 offenbaren sich auf dem Titelblatt drei bedeutende Hinweise zur Herkunft des Buches. Zunächst ist da der runde Stempel der Bibliothek der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, gefolgt von der Exemplarnummer 17201, die mit Bleistift unten rechts vermerkt ist. Besonders auffällig jedoch ist der rote Stempel „Ghetto-Bücherei“ des KZ Theresienstadt, der oben rechts prangt.
Titelblatt mit Provenienzen: Bibliothek der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums und Ghetto-Bücherei. Copyright: Looted Cultural Assets (LCA)
Das abgebildete Buch trägt eine künstlerische Gestaltung des jüdischen Künstlers Menachem Birnbaum (1893-1944) aus Wien, der für seine Illustrationen und Karikaturen bekannt war. Birnbaum wurde wahrscheinlich im Jahr 1944 im KZ Auschwitz ermordet.
Im Buch gibt es weitere, beinahe unsichtbare Spuren, deren Bedeutung ungeklärt ist.
Lieferant unbekannt
Wie konnte dieses besondere Buch, das aus der Bibliothek der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums stammt und Teil der NS-Raubgutbestände aus dem Ghetto Theresienstadt ist, in die Bestände der FU Berlin gelangen? Diese Frage lässt sich nur spärlich und ungenügend beantworten. Das Buch kam aus der FU-Bibliothek des Instituts für Evangelische Theologie, die es 1976 in ihren Bestand eingearbeitet hat. Das Institut existierte von 1957 bis 2009. Nach der Auflösung des Instituts wurde es in der Campusbibliothek eingearbeitet. Allerdings sind keine Zugangsbücher mehr erhalten, sodass der Lieferant unbekannt ist. Offen bleibt daher die Frage, welche Wege das Buch nach der Befreiung des KZ-Theresienstadt im Jahr 1945 nahm, bis es schließlich an die FU Berlin 1976 gelangte.
Geistige Bastion des liberalen Judentums
Die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums (HWJ), gegründet im Jahr 1872 in Berlin, war eine wegweisende akademische Einrichtung und zugleich ein geistiges Zentrum des liberalen Judentums in Europa. Sie nahm eine einzigartige Stellung ein, indem sie jüdische Traditionen mit den aufkommenden modernen wissenschaftlichen Methoden vereinte und ihren Studierenden ein breites und fundiertes Fächerspektrum anbot. Die Hochschule spiegelte nicht nur den Geist der Emanzipation wider, sondern förderte auch das liberale jüdische Denken, das auf Integration und Modernisierung des jüdischen Glaubens und Lebensstils abzielte.
Nur ein paar Häuserblocks weiter, befand sich in der Artilleriestraße 31 das orthodoxe Rabbinerseminar zu Berlin.1 Im Scherz wurde die Hochschule als „leichte Artillerie“ und das Rabbinerseminar als „schwere Artillerie“ bezeichnet.2
Die Gründung dieser Institution wurde von bedeutenden jüdischen Intellektuellen der liberal-religiösen Strömung wie dem Professor Moritz Lazarus und dem Rabbiner Abraham Geiger initiiert. Lazarus, ein engagierter Verfechter jüdischer Rechte in Deutschland, und Geiger, ein Vordenker des Reformjudentums, schufen mit anderen führenden Persönlichkeiten eine Hochschule, die sich durch ihre Unparteilichkeit, finanzielle Unabhängigkeit und die Betonung auf die Vermittlung umfassender jüdischer Bildung, auszeichnete. Dieser innovative, liberale Ansatz prägte jahrzehntlang die HWJ als akademische und geistige Heimat des modernen Judentums und bot eine Plattform, auf der u. a. jüdische Theologie, Philosophie, Geschichte, Literatur sowie Hebräisch studiert wurden. Die Hochschule zog Studierende aus ganz Europa an, insbesondere aus traditionellen jüdischen Gemeinden Mitteleuropas, die in Berlin eine der seltenen Möglichkeiten fanden, eine rein wissenschaftliche Ausbildung im jüdischen Kontext zu erhalten. Zusammen mit dem Berliner orthodoxen Rabbinerseminar zu Berlin und dem Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau bildete die HWJ ein Dreigestirn der jüdischen Wissenschaften in Deutschland.
Besonders bemerkenswert an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums war ihre integrative Bildungspolitik. Sie war eine der ersten akademischen Einrichtungen ihrer Zeit, die eine Zulassungspolitik für Frauen und Männer gleichermaßen verfolgte und sowohl Juden als auch Nichtjuden offen stand. So wurde Regina Jonas (Berlin 1902- KZ Auschwitz 1944) 1935 die erste Frau weltweit, die zur Rabbinerin ordiniert wurde (Gedenktafel in Berlin). In einem sozialen und bildungspolitischen Kontext, in dem Judaistik und rabbinische Studien an deutschen und preußischen Universitäten keinen Platz hatten, bot die HWJ eine theologische Ausbildung zu Rabbiner:innen oder Religionslehrer:innen an. Damit leistete die Hochschule nicht nur einen Beitrag zur wissenschaftlichen Emanzipation des Judentums, sondern ebnete auch den Weg für die Gleichberechtigung in der Hochschulbildung.
Zu den herausragenden Persönlichkeiten, die an der Hochschule lehrten und deren wissenschaftlichen Ruf prägten, zählte Leo Baeck, einer der bedeutendsten Rabbiner und Religionsphilosophen des 20. Jahrhunderts. Leo Baeck, der später die Leitung der Hochschule übernahm, verband jüdisches Gelehrtentum mit einem tiefen sozialen Engagement, das besonders in den dunklen Jahren des Nationalsozialismus zum Ausdruck kam.
Quelle: Leo Baeck Institute, Commencement ceremony at Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums: with faculty and students, including Leo Baeck (seated far right) and Ismar Elbogen (standing to his left). (1938): Berlin; Lehranstalt fuer die Wissenschaft des Judentums AR 730. Print. (F1959), Courtesy of the Leo Baeck Institute. Das Bild wurde uns mit freundlicher Genehmigung von Leo Baeck Institute zur Verfügung gestellt.
Auch Persönlichkeiten, die nur kurzzeitig an der HWJ studierten, leisteten einen entscheidenden Beitrag zum Ansehen und Vermächtnis dieser Institution bei. Der Prager Dichter Franz Kafka, eine der bekanntesten literarischen Stimmen des 20. Jahrhunderts, gehörte von November 1923 bis Januar 1924 zu ihren außerordentlichen Gasthörern.
In diesen wenigen Monaten fand der gesundheitlich angeschlagene Franz Kafka in der HWJ eine inspirierende Umgebung und intellektuelle Zuflucht, um seine jüdischen Studien zu vertiefen. Kafkas Werke enthalten zahlreiche Motive jüdischer Traditionen. Sie reflektieren seine Identität mit dem Judentum und machten ihn in der modernen Weltliteratur unsterblich. Seine drei Schwestern wurden Opfer des Holocaust.
„Die Hochschule für Wissenschaft ist für mich ein Friedensort in dem wilden Berlin und in den wilden Gegenden des Innern. (…) Ein ganzes Haus, schöne Hörsäle, große Bibliothek, Frieden, gut geheizt, wenig Schüler und alles umsonst.“ 3
Verfolgung und Schließung
Der Frieden währte nicht lange, und die Jahre nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten waren für die Hochschule von tiefgreifenden Veränderungen und Enteignungen geprägt. Am 24. Juni 1933 verlor die Hochschule per Verfügung ihren Status als staatlich anerkannte Institution und wurde in die „Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums“ umbenannt. Zwei Jahre später, Ende 1935, wurde das der Hochschule gehörende Erholungsheim „Villa Hausmann“ – damals noch Arendsee genannt (heute Villa Baltic in Kühlungsborn) – an die „Joseph-Goebbels-Stiftung für Bühnenschaffende“ überschrieben und damit enteignet.4
Die gewaltsamen Ereignisse der Reichspogromnacht am 9. November 1938 führten zur vorübergehenden Schließung der Institution, während mehrere Dozenten und Studierende verhaftet wurden. Der Lehrbetrieb wurde im Januar 1939 eingeschränkt wiederaufgenommen, nur ein kleiner Kreis von Studierenden und Lehrenden, darunter Leo Baeck, blieb bis zur endgültigen Schließung der Hochschule. Das geschah am 19. Juni 1942, da Jüdinnen und Juden ab da vom Unterricht ausgeschlossen wurden. Leo Baeck und die verbliebenen Studierenden wurden 1943 ins KZ Theresienstadt deportiert. Die Bibliothek sowie das Inventar der HWJ wurde vom Reichssicherheitshauptamt (RSHA) beschlagnahmt. Teilbestände wurden später nach Berlin und Prag ausgelagert.
Auszug aus dem Nachruf von Nathan Peter Levinson auf seinen Lehrer Dr. Leopold Lucas (1872 Marburg – 1942 KZ Theresienstadt)
„Zunächst möchte ich erwähnen, daß er mein Lehrer war und das in einer der dunkelsten Stunden der Geschichte. Zwischen 1940 und 1941 unterrichtete er mich und einige wenige Studenten in Berlin an der einzig verbliebenen, aber nicht als solche mehr anerkannten jüdischen Hochschule im Fach Jüdische Geschichte. Juden durften damals keine Theater mehr besuchen, keine Kinos, keine Cafés und natürlich keine Universitäten. Die Synagogen waren im November 1938 zerstört worden. So blieb die Lehranstalt fast der einzige Ort, an dem Juden sich geistig betätigen konnten. Früher Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, war ihr der Hochschulstatus aberkannt worden. Es unterrichteten dort neben dem geistigen Haupt der deutschen Judenheit, Leo Baeck, nur noch eine Handvoll Dozenten, unter ihnen Leopold Lucas. Von den damaligen Studenten überlebten nur wenige: außer mir noch drei Kommilitonen. (…) In der Tat war diese Hochschule eine Insel innerhalb eines brandenden Meeres. Draußen war die Gewalt, der Schrecken, die Einschüchterung, die Entrechtung. Innerhalb der Mauern und Lehranstalt fühlte man sich wie in einer anderen Welt, der Welt des Geistes, die nicht bezwungen werden kann.“5
Die Wege der Bibliothek der Hochschule nach dem 2. Weltkrieg sind heute nur teilweise rekonstruierbar. Nach 1945 spielte die heutige National Library of Israel eine zentrale Rolle im Erhalt jüdischer Kulturgüter aus verschiedenen Quellen und Sammelstellen. So dienten auch Bücher dem Wiederaufbau jüdischen Lebens in Israel. Auch das Leo Baeck Institute Jerusalem erhielt durch Dublettenabgaben Bücher aus der Bibliothek der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. In Berlin tauchten 1945/46 einige Bücher und Inventarteile auf, als der Berliner Magistrat „herrenlose Buchbestände“ aus der Bergungsstelle für wissenschaftliche Bibliotheken sicherte und einige Exemplare der wiederbegründeten Jüdischen Gemeinde zu Berlin übergab. In Deutschland gab es in den letzten 10 Jahren nur vereinzelt Funde. So hat in 2015 die ZLB gemeinsam mit der Bayerischen Staatsbibliothek vier Bücher an das Abraham Geiger Kolleg in Potsdam restituiert. Und auch uns gelang ein Fund im Jahr 2017, so dass wir die Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums von 1870 an das Abraham Geiger Kolleg in Potsdam zurückgeben konnten.
Weitere Werke der Hochschulbibliothek besitzt die Bibliothek der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg, die über den Nachlass des Rabbiners Emil Davidovic dorthin gelangten. Davidovic hatte nach dem Krieg Zugang zu Beständen der Ghetto-Bibliothek Theresienstadt, wohin die Bücher durch das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) verlagert worden waren.
Bis heute sind also immer noch tausende Bücher unentdeckt. Umso bemerkenswerter ist der jüngste Fund aus April 2024 von ca. 4.000 Bänden des Jüdisches Museum in Prag aus der ehemaligen HWJ Bibliothek. Dieser Fund gibt Anlass zur Hoffnung, dass das wertvolle Wissen, das in diesen Büchern verkörpert ist, zumindest virtuell an die jüdische Gemeinschaft zurückgegeben werden kann.
Neue Wege gehen – „Library of Lost Books“
Um das Erbe dieser bedeutenden Institution virtuell wiederherzustellen, hat das Leo Baeck Institute Jerusalem das internationale Projekt „Library of Lost Books“ ins Leben gerufen. Daher freuen wir uns, dass unser jüngster Fund sich als weiterer kleiner Baustein in dieses umfassende wissenschaftliche Vorhaben einfügt und eine detaillierte Aufarbeitung der Verluste jüdischen Kulturguts während der NS-Zeit auch durch die Freie Universität Berlin ermöglicht.
Vielleicht öffnet sich eines Tages eine weitere Tür und enthüllt mehr von der Geschichte dieser besonderen Bibliothek – die Suche geht auf jeden Fall weiter.
Das Buch Die Jüdische Literatur finden Sie in LCA hier.
1 Gegründet 1873 von dem Rabbiner Esriel Hildesheimer (ab 1882 Rabbinerseminar zu Berlin) war eine der wichtigsten Ausbildungsstätten für orthodoxe Rabbiner in Westeuropa (bekannt auch als Hildesheimer’sches Rabbinerseminar) 2 Irene Kaufmann, Die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin (1872–1942), Band 50, Hentrich & Hentrich Verlag, 2006, S. 29. 3 Franz Kafka an Robert Klopstock, Postkarte. Berlin-Steglitz, Stempel: 19.XII.1923, https://homepage.univie.ac.at/werner.haas/1923/br23-053.htm, Zugriff am 01.11.2024 4 Hartmut Bomhoff, „Das Ostsee-Erholungsheim der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums wird saniert“, Jüdische Allgemeine, 16. November 2010, https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/mecklenburger-mirjamsbrunnen/, Zugriff am 01.11.2024 5 „Stichwort: Hochschule für die Wissenschaft des Judentums“, haGalil, http://www.hagalil.com, Zugriff am 01.11.2024
Quellen:
Irene Kaufmann: Die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin (1872-1942), 2006, Band 50, Hentrich & Hentrich Verlag
Michael Bienert: Wie der Himmel über der Erde, Kafkas Orte in Berlin, S. 20 f., (Frankfurter Buntbücher 73), Verlag für Berlin-Brandenburg, 2024
Philipp Zschommler, „NS-Raubgut an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg: Die Provenienzen im Nachlass des Rabbiners Emil Davidovic“, in: Bibliotheksdienst 54 (2020), Nr. 10, S. 793-804 https://doi.org/10.1515/bd-2020-0093
Landesarchiv Berlin und Zentral- und Landesbibliothek Berlin (Hrsg.), Datenbank zur Bergungsstelle für Wissenschaftliche Bibliotheken, https://www.bergungsstelle.de/
Am Mittwoch, den 06. November 2024 findet von 10-16 Uhr am Campus Dahlem, Otto-von Simson-Str. 26, im Foyer der Mensa II, im Seminarzentrum und Außenbereich des Foyers der Mensa II sowie im Hörsaal-/Garderoben-Foyer unter dem Titel „Healthy Campus Day – Gesund studieren“ ein Gesundheitstag für alle Studierenden der Freien Universität Berlin statt.
Die Universitätsbibliothek ist mit einem Informationsstand vertreten. Unsere Themen: Radeln in der Bibliothek & eigenen Strom erzeugen – steigt auf unser stromerzeugendes Fahrrad, schaltet ab und ladet gleichzeitig eure mobilen Geräte auf! Darüber hinaus informieren wir euch über unterstützende Angebote im Studium und unser Bewegungsangebot „Move your brain„.
Außerdem gibt es am Campus Lankwitz um 11 & 13 Uhr in der geowissenschaftlichen Bibliothek Führungen zum Thema „Die Bibliothek als Wohlfühlort“ statt.
Es erwarten euch auch tolle Workshops, z.B. Gesund & sicher mit dem (Lasten)-Rad zur Freien Universität oder die Sustainable Campus Tour light – Ein Spaziergang über Dächer, Höfe und Wiesen auf dem Campus Dahlem. Für die Teilnahme an einem Workshop oder der Sustainable Campus Tour ist eine Anmeldung erforderlich.
Die Plattform „1914-1918-online. International Encyclopedia of the First World War” wurde vor 10 Jahren ins Leben gerufen und hat 110 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs einen umfassenden Relaunch erhalten. Sie können in über 1.600 Artikeln und mehr als 3.700 Abbildungen Zugang zur aktuellen Forschung zum Thema erhalten. Die Neugestaltung der Enzyklopädie bietet unter anderem ein komplett überarbeitetes Design und verbesserte Funktionen für Forschende.
Seit ihrem Start steht die Datenbank „1914-1918-online“ für fundiertes historisches Wissen. Sie beinhaltet über 26.000 bibliografische Einträge und kann durch die Verlaufsgeschichte von Artikeln andauernd neue Impulse einbeziehen und Veränderungen im Forschungsstand darstellen. Die Enzyklopädie ist international und offen zugänglich, fokussiert dabei den Blick auf die globalen Dimensionen des Krieges. Input liefert ein Netzwerk von über 1.000 Expert*innen aus über 50 Ländern.
Dank der Runderneuerung können neue Funktionen und Informationen in der Datenbank abgerufen werden. Alle weiterführenden Neuigkeiten rund um „1914-1918-online“ finden Sie hier.
Federführend bei diesem Projekt der Freien Universität Berlin sind Prof. Dr. Oliver Janz (Friedrich-Meinecke-Institut, FB Geschichtswissenschaften) und Dr. Dennis Mischke (Universitätsbibliothek/Ada Lovelace Center for Digital Humanities).
Die Daten des Museums für Naturkunde sind aus dem Alma-System von ExLibris/Clarivate der Freien Universität in die Open-Source-Software ‚Koha‘ migriert.
Mit der Migration nach Koha endet nun eine 15-jährige Zusammenarbeit. In dieser Zeit war die Freie Universität Leitbibliothek für das Museum für Naturkunde, insbesondere für alle Fragen der Katalogisierung, Zeitschriftenbearbeitung und im Bereich der E-Ressourcen.
Seit Dezember 2009 wurden die Daten des Museums für Naturkunde von der Freien Universität gehostet. Damals wurden die Daten vom integrierten Bibliothekssystem ALEPH der Humboldt-Universität zu Berlin in das ALEPH-System der Freie Universität Berlin migriert. 2011 wurden die bis dahin lokal gehaltenden Titel- und Bestandsdaten in den damals neuen Verbundkatalog B3Kat migriert. Im Jahr 2012 kam dann die Zusammenführung aller Normdaten (Personen, Körperschaften und Geografika) in die Gemeinsame Normdatei (GND). Die Daten aus ALEPH wurden 2017 in das cloudbasierte Bibliotheksmanagementsystem ‚Alma‘ migriert und wurden seitdem dort gehalten.
Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit und wünschen den Kolleg*innen alles Gute für die Zukunft!